Holala hidi
Wie tagt es sich umrahmt von Bergen?
Grüne Wiesen, rot glühende Alpen, frische Luft, Sonnenschein: Eine optimale Umgebung für Manager-Meetings im ganzheitlichen Sinne. Pionier war das Tiroler Bergdorf Alpbach, das seit Jahren konsequent an der Entwicklung zur nachhaltigen Tagungsdestination arbeitet. forum sprach mit dem Geschäftsführer des ersten Green Globe-zertifizierten Unternehmens Österreichs, des Congress Centrums Alpbach (CCA).
Herr Hechenblaikner, Haupterwerb der heimischen Bevölkerung ist seit jeher der Tourismus. Schon in der frühen Nachkriegszeit sah man großes Potenzial in der Ausrichtung zum Tagungsort. Hatte dies spezielle Gründe?
Alpbach war bereits Veranstaltungsort, lange bevor eine entsprechende Infrastruktur geschaffen wurde. Das Europäische Forum Alpbach fand im August 1945 erstmalig unter der Bezeichnung "Internationale Hochschulwochen" statt. Die Wahl des Austragungsortes kann in Anbetracht der Notsituation nach Kriegsende als Glücksfall bezeichnet werden. Dennoch erkannte man schnell, welch große Bedeutung dieser Kongress und auch die gesamte Tagungsbranche für Alpbach hatten.
1999 haben Sie einen mutigen Neuanfang gewagt. Das CCA wurde nach "grünen Standards" gebaut. Welche architektonischen Besonderheiten weist das Gebäude auf?
Gemäß der Alpbacher Bauordnung aus dem Jahre 1953, welche einen örtlichen Stil mit holzverschalten Häusern verlangt, wurde auch der unumgängliche Neubau des CCA konzipiert. Da die enorme Kubatur des Gebäudes das Dorfzentrum von Alpbach massiv beeinflusst hätte, entschied man sich, das Gebäude sehr harmonisch in einen Hang zu betten und komplett zu begrünen. Ein spiralförmiger Lichtkegel im Plenarsaal sorgt für viel Tageslicht im Gebäude. Bei der Beleuchtung und technischen Ausstattung wurde sehr stark auf eine hohe Energieeffizienz geachtet. Insgesamt erreichte man durch die Bauweise hervorragende Dämmwerte, die zu sehr niedrigen Heizkosten führen.
"Das grüne Bergdorf" bedient die Nische
Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 haben Sie den Fokus noch stärker auf das Thema "Green Meeting" gesetzt und ein integratives Konzept entwickelt. Welche Handlungsfelder werden berücksichtigt?
Das Thema Green Meetings beschäftigte uns schon länger. Zuerst wollten wir uns jedoch ein Bild davon machen, wie interessant so ein Projekt für unsere Kunden sein könnte. Wir fanden schnell heraus, dass unser Nischenangebot "Tagen im Bergdorf" und die Voraussetzungen vor Ort ideal wären, um das Angebot entsprechend weiter zu entwickeln. Zusammengefasst wurden vier Handlungsfelder definiert, in denen wir besondere Maßnahmen setzen: Transport und Logistik (z.B. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln), Optimierung der Energieeffizienz des Gebäudes, Beschaffung (z.B. Papier, Green IT) und Entsorgung sowie Green Catering (Bevorzugung saisonal und regional verfügbarer Lebensmittel, Fair Trade-Produkte). Zusätzlich ist bei der Ausrichtung von Tagungen nach Green Meeting-Kriterien auch die enge Kooperation mit dem Veranstalter von größter Wichtigkeit.
Wie werden weitere Stakeholder, bspw. einheimische Dienstleister, für die nachhaltige Ausrichtung des kompletten Tagungsorts mit ins Boot geholt?
Die Einbindung der lokalen Partner in das Projekt war Grundvoraussetzung für den Erfolg. Zuerst überzeugten wir die Eigentümer unseres Unternehmens (Bergbahn, Tourismusverband, Gemeinde), dann unsere Catering-Partner und wichtige Gastronomiebetriebe. Mit den Vermietern befinden wir uns noch in einem Prozess, den wir intern als "Produktveredelung" bezeichnen. Hier geht es darum, dass wir auch in diesem Segment möglichst einheitliche Standards und eine breite Basis für unsere Green Meeting- Initiative erhalten.
Ist die Kombination "Natur & Erholung" ein weiterer USP?
Unser Mehrfachnutzen ist die produktspezifische Ausrichtung. Für die Tagungskunden besteht ein wichtiger Zusatznutzen darin, dass Sie neben der Arbeit auch etwas für ihre Gesundheit tun können. "Tagen im Bergdorf" steht deshalb auch für frische Luft, klares Wasser, Bewegung und sportlichen Ausgleich. So heben wir uns von der breiten Masse ab. Die Einheimischen sind in diesem Zusammenhang sehr wertvolle Multiplikatoren.
Die ersten werden die besten sein
Spiegelt sich der "First Mover-Advantage" auch im wirtschaftlichen Erfolg?
Alpbach wird heute oft als Best Practice-Beispiel angeführt, wenn es um das Thema Green Meeting geht. Dadurch bekommt man in der Kommunikation mehr Möglichkeiten und eine größere Aufmerksamkeit. Mund-zu-Mund-Propaganda spielt eine große Rolle. Sehr häufig kommen die Veranstalter aufgrund persönlicher Empfehlungen auf uns zu. All diese Auswirkungen führen zu einer verstärkten Nachfrage und damit einhergehend zu wirtschaftlichem Erfolg.
Kunden wollen Nachhaltigkeitsfakten meist "schwarz auf weiß". Was macht Sie vertrauenswürdig?
Wir mussten sehr schnell feststellen, dass sowohl Kunden als auch Veranstaltungsteilnehmer sehr kritisch sind, wenn man auf eigene Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit hinweist. Viele Bereiche können nicht direkt kontrolliert werden, da die Prozesse meist im Hintergrund ablaufen, z.B. das Thema Energieeffizienz, Beschaffung und Entsorgung. So fanden wir es hilfreich, die Kontrolle und Qualitätssicherung unabhängigen Zertifizierungsstellen zu übertragen. Wir strebten aus diesen Gründen eine Green Globe-Zertifizierung an und die Lizenz für das Österreichische Umweltzeichen für Green Meetings. In beiden Fällen waren wir in Österreich Pionier.
Ein "grünes Feigenblatt" kann sofort zum "Schuss ins eigene Knie" werden! Als zertifizierter Green Meeting-Anbieter werden Sie von Öffentlichkeit und Medien stärker unter die Lupe genommen als konventionelle Tagungshäuser. Auf welche Erfahrungswerte können Sie heute zurückschauen?
Für mich persönlich habe ich festgestellt, dass es relativ einfach ist, technische Veränderungen vorzunehmen oder Systeme zu tauschen. Der Erfolg hängt aber entscheidend von den Menschen ab, mit denen man den Weg gemeinsam beschreitet. Sie stellen den größten Wert dar. Eine der schwierigsten Herausforderungen ist es dabei, die externen Partner durch Motivation und Überzeugungskraft so eng wie möglich in das Projekt einzubinden. Zusätzlich muss auch versucht werden, im eigenen Team die positive Spannung aufrecht zu erhalten, sonst läuft man Gefahr, dass man sich mit dem bisher Erreichten zufrieden gibt. Der laufende Austausch mit Experten ermöglicht es, dass man selbst keine Entwicklungen versäumt.
Green Globe zertifiziert: das Kongresszentrum in Alpbach in Tirol - bewusst gestaltet, bewusst im Umgang mit Stakeholdern und Dienstleistern |
Alpbach war bereits Veranstaltungsort, lange bevor eine entsprechende Infrastruktur geschaffen wurde. Das Europäische Forum Alpbach fand im August 1945 erstmalig unter der Bezeichnung "Internationale Hochschulwochen" statt. Die Wahl des Austragungsortes kann in Anbetracht der Notsituation nach Kriegsende als Glücksfall bezeichnet werden. Dennoch erkannte man schnell, welch große Bedeutung dieser Kongress und auch die gesamte Tagungsbranche für Alpbach hatten.
1999 haben Sie einen mutigen Neuanfang gewagt. Das CCA wurde nach "grünen Standards" gebaut. Welche architektonischen Besonderheiten weist das Gebäude auf?
Gemäß der Alpbacher Bauordnung aus dem Jahre 1953, welche einen örtlichen Stil mit holzverschalten Häusern verlangt, wurde auch der unumgängliche Neubau des CCA konzipiert. Da die enorme Kubatur des Gebäudes das Dorfzentrum von Alpbach massiv beeinflusst hätte, entschied man sich, das Gebäude sehr harmonisch in einen Hang zu betten und komplett zu begrünen. Ein spiralförmiger Lichtkegel im Plenarsaal sorgt für viel Tageslicht im Gebäude. Bei der Beleuchtung und technischen Ausstattung wurde sehr stark auf eine hohe Energieeffizienz geachtet. Insgesamt erreichte man durch die Bauweise hervorragende Dämmwerte, die zu sehr niedrigen Heizkosten führen.
"Das grüne Bergdorf" bedient die Nische
Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 haben Sie den Fokus noch stärker auf das Thema "Green Meeting" gesetzt und ein integratives Konzept entwickelt. Welche Handlungsfelder werden berücksichtigt?
Das Thema Green Meetings beschäftigte uns schon länger. Zuerst wollten wir uns jedoch ein Bild davon machen, wie interessant so ein Projekt für unsere Kunden sein könnte. Wir fanden schnell heraus, dass unser Nischenangebot "Tagen im Bergdorf" und die Voraussetzungen vor Ort ideal wären, um das Angebot entsprechend weiter zu entwickeln. Zusammengefasst wurden vier Handlungsfelder definiert, in denen wir besondere Maßnahmen setzen: Transport und Logistik (z.B. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln), Optimierung der Energieeffizienz des Gebäudes, Beschaffung (z.B. Papier, Green IT) und Entsorgung sowie Green Catering (Bevorzugung saisonal und regional verfügbarer Lebensmittel, Fair Trade-Produkte). Zusätzlich ist bei der Ausrichtung von Tagungen nach Green Meeting-Kriterien auch die enge Kooperation mit dem Veranstalter von größter Wichtigkeit.
Wie werden weitere Stakeholder, bspw. einheimische Dienstleister, für die nachhaltige Ausrichtung des kompletten Tagungsorts mit ins Boot geholt?
Die Einbindung der lokalen Partner in das Projekt war Grundvoraussetzung für den Erfolg. Zuerst überzeugten wir die Eigentümer unseres Unternehmens (Bergbahn, Tourismusverband, Gemeinde), dann unsere Catering-Partner und wichtige Gastronomiebetriebe. Mit den Vermietern befinden wir uns noch in einem Prozess, den wir intern als "Produktveredelung" bezeichnen. Hier geht es darum, dass wir auch in diesem Segment möglichst einheitliche Standards und eine breite Basis für unsere Green Meeting- Initiative erhalten.
Ist die Kombination "Natur & Erholung" ein weiterer USP?
Unser Mehrfachnutzen ist die produktspezifische Ausrichtung. Für die Tagungskunden besteht ein wichtiger Zusatznutzen darin, dass Sie neben der Arbeit auch etwas für ihre Gesundheit tun können. "Tagen im Bergdorf" steht deshalb auch für frische Luft, klares Wasser, Bewegung und sportlichen Ausgleich. So heben wir uns von der breiten Masse ab. Die Einheimischen sind in diesem Zusammenhang sehr wertvolle Multiplikatoren.
Die ersten werden die besten sein
Spiegelt sich der "First Mover-Advantage" auch im wirtschaftlichen Erfolg?
Alpbach wird heute oft als Best Practice-Beispiel angeführt, wenn es um das Thema Green Meeting geht. Dadurch bekommt man in der Kommunikation mehr Möglichkeiten und eine größere Aufmerksamkeit. Mund-zu-Mund-Propaganda spielt eine große Rolle. Sehr häufig kommen die Veranstalter aufgrund persönlicher Empfehlungen auf uns zu. All diese Auswirkungen führen zu einer verstärkten Nachfrage und damit einhergehend zu wirtschaftlichem Erfolg.
Georg Hechenblaikner ist seit 2003 Geschäftsführer des Congress Centrum Alpbach (CCA), Alpbach Tourismus GmbH. |
Wir mussten sehr schnell feststellen, dass sowohl Kunden als auch Veranstaltungsteilnehmer sehr kritisch sind, wenn man auf eigene Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit hinweist. Viele Bereiche können nicht direkt kontrolliert werden, da die Prozesse meist im Hintergrund ablaufen, z.B. das Thema Energieeffizienz, Beschaffung und Entsorgung. So fanden wir es hilfreich, die Kontrolle und Qualitätssicherung unabhängigen Zertifizierungsstellen zu übertragen. Wir strebten aus diesen Gründen eine Green Globe-Zertifizierung an und die Lizenz für das Österreichische Umweltzeichen für Green Meetings. In beiden Fällen waren wir in Österreich Pionier.
Ein "grünes Feigenblatt" kann sofort zum "Schuss ins eigene Knie" werden! Als zertifizierter Green Meeting-Anbieter werden Sie von Öffentlichkeit und Medien stärker unter die Lupe genommen als konventionelle Tagungshäuser. Auf welche Erfahrungswerte können Sie heute zurückschauen?
Für mich persönlich habe ich festgestellt, dass es relativ einfach ist, technische Veränderungen vorzunehmen oder Systeme zu tauschen. Der Erfolg hängt aber entscheidend von den Menschen ab, mit denen man den Weg gemeinsam beschreitet. Sie stellen den größten Wert dar. Eine der schwierigsten Herausforderungen ist es dabei, die externen Partner durch Motivation und Überzeugungskraft so eng wie möglich in das Projekt einzubinden. Zusätzlich muss auch versucht werden, im eigenen Team die positive Spannung aufrecht zu erhalten, sonst läuft man Gefahr, dass man sich mit dem bisher Erreichten zufrieden gibt. Der laufende Austausch mit Experten ermöglicht es, dass man selbst keine Entwicklungen versäumt.
Weitere Informationen über dieses Best Practice Beispiel finden Sie unter www.congressalpbach.com.
Ein Interview von Katharina Wußler
Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 17.09.2011
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2011 - Stadt der Zukunft erschienen.
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