Jeder Schritt zählt!
forum präsentiert den Weitwanderweg "Grande Traversata delle Alpi"
Wandertourismus kann die ausgeprägte Entsiedlung von strukturschwachen Gegenden bremsen, indem er lokale und regionale Ressourcen aufwertet und der Bevölkerung neue Einkunftsmöglichkeiten beschert. forum präsentiert den Weitwanderweg "Grande Traversata delle Alpi", ein vorbildliches Projekt für umwelt- und sozialverträglichen Tourismus und vielleicht auch Ihr nächstes Urlaubsziel.
Im gesamten Raum der Südwestalpen brechen seit Mitte des 19. Jahrhunderts Wirtschaft und Kultur zusammen und große Gebiete sind aufgrund der Abwanderung der Bergbewohner fast menschenleer geworden. Als Gegenmaßnahme zur flächenhaften Entsiedlung entstand daher Anfang der 1970er-Jahre in Frankreich die "Grande Traversée des Alpes", ein Weitwanderweg vom Genfer See nach Nizza. Erfolge wurden bald sichtbar: Die Bergbauern errichteten einfache Unterkunftsmöglichkeiten und kleine Läden, in denen die Wanderer essen, schlafen und Lebensmittel kaufen konnten.
Nach diesem Vorbild wurde in den späten 1970er-Jahren die Grande Traversata delle Alpi (GTA) in Italien eingerichtet. Von engagierten Visionären realisiert, verläuft dieser faszinierende Weitwanderweg auf 60 Tagesetappen vom Griespass an der Schweizer Grenze durch einsame und spektakuläre Alpenlandschaften des Piemont, um dann in Ligurien bei Ventimiglia das Mittelmeer zu erreichen.
Wanderer lindern die Not
Dabei griffen die Initiatoren bewusst die französische Idee von Etappenunterkünften in Bergbauerndörfern auf, damit die Einkünfte aus der GTA vor Ort verbleiben. Bei fehlenden Strukturen wurden leerstehende Schulen oder Gemeindehäuser als Etappenunterkunft zu so genannten Posti Tappa, hergerichtet. So konnte auf die Schaffung neuer touristischer Infrastruktur mit all ihren ökologischen und ökonomischen Problemen sowie auf Hilfe auswärtiger Kapitalgesellschaften verzichtet werden. Die Betreuung einer GTA-Unterkunft stellt somit meist die Erweiterung einer bestehenden Aktivität (Restaurant, Hotel, Lebensmittelgeschäft, Bauernhof) und somit nicht die Haupt-, sondern eine Zusatz-Erwerbsquelle dar. Dies hilft einzelnen Personen oder Familien, ihre Wirtschaftspotenziale zu stärken und mindert den Abwanderungsdruck. Gleichzeitig fördert ein GTA-Betrieb lokale Wirtschaftsvernetzungen, beispielsweise durch Verwendung lokaler Agrarprodukte in der GTA-Gastronomie oder wenn ein Sherpa-Bus als Personen- und Gepäcktransport fungiert.
Auch die Wegführung unterstützt dies aktiv: Die GTA verläuft beinahe ausschließlich durch strukturschwache Alpengebiete - darunter auch zahlreiche Naturparks - und vermeidet Gebiete mit Massentourismus. Gleichzeitig verzichtete man auf die Anlage neuer Wege und verwendete die bereits bestehenden Saum- und Militärstraßen oder Dorf- und Almwege. Diese wurden gesäubert, markiert und provinzüberschreitend zum beinahe 1.000 Kilometer langen Fernwanderweg vernetzt. Die GTA ist in die politischen Strukturen der Regional- und Berggebietspolitik eingebunden, weshalb sie auch Gelder aus Fonds zur Regionalförderung erhalten kann. Die Instandhaltung der einzelnen Etappen liegt in lokalen Händen, was eine Fremdbestimmung von außen erschwert. Diese Gesamtkonzeption macht die GTA zu einem sozial- und umweltverträglichen Projekt, das die Idee einer "sanften" und nachhaltigen Entwicklung durch Wandertourismus umsetzt.
Authentische Kultur kennenlernen
Der Weg führt durch mehrere Provinzen der Region Piemont und durch unterschiedliche Sprach- und Kulturkreise, wie zum Beispiel der Walser, Waldenser, Okzitanier und Brigasker - Minderheiten im Alpenraum, die im deutschsprachigen Raum nahezu unbekannt sind. Die Begegnung mit diesen Kulturen, die sich in ihren Sprachen, ihren Festen, ihren Traditionen, ihrem Handwerk, ihrer Architektur, ihrer Küche und ihrer Lebensart ausdrücken, wird auf der GTA ermöglicht und gefördert.
Ebenso nimmt der Wanderer die unterschiedlichen Höhenstufen dieser alpinen Region mit seinen verschiedenen Landschaften bewusst wahr. In den Kulturlandschaften sind dabei die Überreste der traditionellen bergbäuerlichen Lebensweise und Landnutzung zu sehen: Ortsbilder mit Steindächern, Backöfen und Dorfbrunnen genauso wie Almen und ehemalige Ackerterrassen. Am Abend kann sich der GTA-Wanderer auf die Gastfreundschaft in den Posti Tappa sowie die außergewöhnlich gute und reichhaltige Bewirtung mit regionalen Spezialitäten direkt vom Erzeuger freuen.
Großartige Naturerlebnisse genießen
Auch wer sich für stille, unberührte und hochalpine Naturlandschaften begeistert, ist auf einer GTA-Wanderung bestens aufgehoben. Geboten werden neben einer hohen Artenvielfalt bei Flora und Fauna auch die unterschiedlichsten, oft spektakulären Alpenlandschaften: Grandiose Aussichten auf vereiste Gebirgsmassive, senkrechte Kalksteinwände, schroffe und zerklüftete Gipfelketten, einsame Bergseen ...
Ich bin dann mal weg
Die GTA ist ein Ökotourismusprojekt, das Ihnen Einblicke in vergangene Zeiten und großartige Naturerlebnisse bietet. Auf einsamen Wegen erleben Sie interessante Begegnungen, nicht zuletzt mit sich selbst. Vielleicht machen Sie sich ja noch in diesem Jahr "auf die Socken" unter Hape Kerkelings Motto "Ich bin dann mal weg".
Foto: © Grischa Jäger |
Nach diesem Vorbild wurde in den späten 1970er-Jahren die Grande Traversata delle Alpi (GTA) in Italien eingerichtet. Von engagierten Visionären realisiert, verläuft dieser faszinierende Weitwanderweg auf 60 Tagesetappen vom Griespass an der Schweizer Grenze durch einsame und spektakuläre Alpenlandschaften des Piemont, um dann in Ligurien bei Ventimiglia das Mittelmeer zu erreichen.
Wanderer lindern die Not
Dabei griffen die Initiatoren bewusst die französische Idee von Etappenunterkünften in Bergbauerndörfern auf, damit die Einkünfte aus der GTA vor Ort verbleiben. Bei fehlenden Strukturen wurden leerstehende Schulen oder Gemeindehäuser als Etappenunterkunft zu so genannten Posti Tappa, hergerichtet. So konnte auf die Schaffung neuer touristischer Infrastruktur mit all ihren ökologischen und ökonomischen Problemen sowie auf Hilfe auswärtiger Kapitalgesellschaften verzichtet werden. Die Betreuung einer GTA-Unterkunft stellt somit meist die Erweiterung einer bestehenden Aktivität (Restaurant, Hotel, Lebensmittelgeschäft, Bauernhof) und somit nicht die Haupt-, sondern eine Zusatz-Erwerbsquelle dar. Dies hilft einzelnen Personen oder Familien, ihre Wirtschaftspotenziale zu stärken und mindert den Abwanderungsdruck. Gleichzeitig fördert ein GTA-Betrieb lokale Wirtschaftsvernetzungen, beispielsweise durch Verwendung lokaler Agrarprodukte in der GTA-Gastronomie oder wenn ein Sherpa-Bus als Personen- und Gepäcktransport fungiert.
Auch die Wegführung unterstützt dies aktiv: Die GTA verläuft beinahe ausschließlich durch strukturschwache Alpengebiete - darunter auch zahlreiche Naturparks - und vermeidet Gebiete mit Massentourismus. Gleichzeitig verzichtete man auf die Anlage neuer Wege und verwendete die bereits bestehenden Saum- und Militärstraßen oder Dorf- und Almwege. Diese wurden gesäubert, markiert und provinzüberschreitend zum beinahe 1.000 Kilometer langen Fernwanderweg vernetzt. Die GTA ist in die politischen Strukturen der Regional- und Berggebietspolitik eingebunden, weshalb sie auch Gelder aus Fonds zur Regionalförderung erhalten kann. Die Instandhaltung der einzelnen Etappen liegt in lokalen Händen, was eine Fremdbestimmung von außen erschwert. Diese Gesamtkonzeption macht die GTA zu einem sozial- und umweltverträglichen Projekt, das die Idee einer "sanften" und nachhaltigen Entwicklung durch Wandertourismus umsetzt.
Das Betreiben eines Posto Tappa (Berghütte) und der Verkauf von Käse aus Eigenproduktion stellen oft eine zusätzliche Erwerbsquelle dar. |
Der Weg führt durch mehrere Provinzen der Region Piemont und durch unterschiedliche Sprach- und Kulturkreise, wie zum Beispiel der Walser, Waldenser, Okzitanier und Brigasker - Minderheiten im Alpenraum, die im deutschsprachigen Raum nahezu unbekannt sind. Die Begegnung mit diesen Kulturen, die sich in ihren Sprachen, ihren Festen, ihren Traditionen, ihrem Handwerk, ihrer Architektur, ihrer Küche und ihrer Lebensart ausdrücken, wird auf der GTA ermöglicht und gefördert.
Ebenso nimmt der Wanderer die unterschiedlichen Höhenstufen dieser alpinen Region mit seinen verschiedenen Landschaften bewusst wahr. In den Kulturlandschaften sind dabei die Überreste der traditionellen bergbäuerlichen Lebensweise und Landnutzung zu sehen: Ortsbilder mit Steindächern, Backöfen und Dorfbrunnen genauso wie Almen und ehemalige Ackerterrassen. Am Abend kann sich der GTA-Wanderer auf die Gastfreundschaft in den Posti Tappa sowie die außergewöhnlich gute und reichhaltige Bewirtung mit regionalen Spezialitäten direkt vom Erzeuger freuen.
Großartige Naturerlebnisse genießen
Auch wer sich für stille, unberührte und hochalpine Naturlandschaften begeistert, ist auf einer GTA-Wanderung bestens aufgehoben. Geboten werden neben einer hohen Artenvielfalt bei Flora und Fauna auch die unterschiedlichsten, oft spektakulären Alpenlandschaften: Grandiose Aussichten auf vereiste Gebirgsmassive, senkrechte Kalksteinwände, schroffe und zerklüftete Gipfelketten, einsame Bergseen ...
Ich bin dann mal weg
Die GTA ist ein Ökotourismusprojekt, das Ihnen Einblicke in vergangene Zeiten und großartige Naturerlebnisse bietet. Auf einsamen Wegen erleben Sie interessante Begegnungen, nicht zuletzt mit sich selbst. Vielleicht machen Sie sich ja noch in diesem Jahr "auf die Socken" unter Hape Kerkelings Motto "Ich bin dann mal weg".
Wissenswertes über die GTA Die Wege der GTA weisen keine technischen Schwierigkeiten wie Gletscherüberquerungen und Kletterstellen auf. Gelegentlich trifft man auf kurze, etwas ausgesetzte Stellen, die erfahrenen Wanderern jedoch keine Probleme bereiten dürften. Die Länge der einzelnen Etappen beträgt zwischen drei und achteinhalb Stunden. Dabei müssen oft 1.000 Höhenmeter und mehr überwunden werden, was eine gute Kondition erfordert. Da man sich in den Südwestalpen bereits in einer mediterran beeinflussten Klimaregion befindet, ist der gesamte Sommer relativ trocken und daher die beste Reisezeit. Die Pässe, die alle im 2.000er-Bereich liegen, sind ab etwa Ende Juni schneefrei und problemlos zu begehen. Hintergrundwissen und Informationen zur Region bieten die beiden GTA-Wanderführer: Werner Bätzing: Grande Traversata Delle Alpi. Rotpunktverlag, Zürich 2011 sowie folgende Internet-Adressen:
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Von Michael Kleider
Im Profil Michael Kleider ist Geograph (M.A.) und beschäftigt sich seit 2002 beruflich mit den strukturschwachen und entvölkerten Piemontesischen und Ligurischen Alpen. Sein Hauptaugenmerk gilt den hier vorhandenen Weitwanderwegen (GTA, Via Alpina, AsF, AVML), die eine dezentrale Entwicklung ermöglichen. Sein Ziel ist es, Menschen für einen sanften Wandertourismus in touristisch unerschlossenen Alpengebieten zu begeistern, um dadurch zum Erhalt von großartigen Natur- und Kulturlandschaften beizutragen. www.michael-kleider.de |
Quelle:
Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 04.07.2011
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2011 - Schöne Aussichten erschienen.
Pioniere der Hoffnung
forum 01/2025 ist erschienen
- Trotz der aktuellen Wahl- und Politikdesaster, die wenig Hoffnung machen, setzt das Entscheider-Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften ein klares Zeichen und zeigt umso deutlicher, dass positiver Wandel möglich ist – auf ökologischer, ökonomischer, sozialer und politischer Ebene.
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