Goldener Brennstab des Monats August 2010
Umwelt- und Frauenorganisation WECF verleiht Preis zum Thema Kernenergie
Mit Regierungsübernahme der schwarz-gelben Koalition ist die Kernkraftnutzung wieder verstärkt Streitpunkt der öffentlichen Debatte. Ob Klimaretter oder Ökoenergie genannt, die Kernenergie wird von zahlreichen Politiker(inne)n und Industriellen als geeignete Energiequelle der Zukunft angepriesen. Für Verbraucher(innen) ist es schwierig, diese Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.
Die Verleihung des Goldenen Brennstabes soll darauf aufmerksam machen, mit welchen Argumenten derzeit für Laufzeitverlängerungen und um Akzeptanz bei der Bevölkerung geworben wird und wie atomare Risiken ignoriert werden. Der "Goldene Brennstab" ist eine Kerze. Er wird postalisch an die/den Preisträger(in) gesendet.
Im August 2010 geht der "Goldene Brennstab des Monats" an
Preisträger(in), August2010
Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU Bundestagsfraktion
sowie an
Dr. Michael Paul und Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU, zuständige Berichterstatter
Zitat:
"Kernenergie kann also gemeinsam mit Erneuerbaren Energien ein System für eine weitgehend CO2-freie Stromversorgung bilden. Denn Kernkraftwerke sind technisch so regelbar, dass sie in Zeiten hoher Einspeisung von Strom aus Wind- und Solarenergie heruntergefahren werden können."
Quelle: Pressemitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 07.07.2010
Fachliche Begründung
Der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages hat sich zum Thema Laufzeitverlängerungen und Ausbau der erneuerbaren Energien beraten lassen. Daraufhin kommen die Vertreter der Fraktion CDU/CSU am 7. Juli zu dem Ergebnis, dass Kernenergie den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht behindert.
Auch wenn der Einsatz für die Kernenergie von umweltpolitischen Sprechern unerwartet ist, kommt die Aussage, dass Kernenergie und erneuerbare Energien harmonieren, immer häufiger vor. Die Fakten und die Praxis sprechen allerdings dagegen.
In einer von E.on bezahlten Studie des Institutes für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart hat Matthias Hundt dargelegt, dass Kernkraftwerke regelbar sind, Druckwasserreaktoren mehr als Siedewasserreaktoren. Würden alle deutschen Kernkraftwerke mit voller Kraft laufen - was sie wegen Mängeln nicht tun - haben sie im gesamten 9,6 GW regelbare Leistung. Dies entspricht im Schnitt etwa 50% ihrer möglichen Gesamtleistung. Der französische Atomkonzern Areva beruft sich auf die DENA-Netzstudie aus dem Jahr 2007 und stellt fest, dass für Windenergie laut dieser Studie für das Jahr 2015 eine Regel- und Reserveleistung von 7 GW benötigen wird. Areva behauptet damit, dass die deutschen Kernkraftwerke die Schwankungen im deutschen Stromnetz ausgleichen können und somit für die erneuerbaren Energien keine Einschränkung bedeuten.
Die Realität sieht anders aus. Zunehmend werden Windkraftwerke heruntergeregelt, um die Stromnetze zu schonen, auch bei größeren Photovoltaikanlagen müssen mittlerweile steuerbare Vorrichtungen installiert werden, damit sie vom Netz genommen werden können. Werden sie vom Netz genommen, zahlt der/die allgemeine Stromkund(in)e trotzdem dafür. Denn die Ausgleichszahlungen werden in die Netzkosten integriert und so auf die Stromrechnung umgelegt.
Immer häufiger ist zu viel Strom in den deutschen Stromnetzen. Das bedeutet eine Gefährdung für die Netze. Deshalb muss der Strom schnell zum Verbraucher und wird wegen des Überangebotes zu Minuspreisen verkauft. Die Kraftwerksbetreiber zahlen also für die Abnahme ihres Stroms. Das kommt allerdings nicht den Stromkund(inn)en zu gute, wie man meinen könnte. Die Stromkund(inn)en zahlen sogar die Einbußen der Konzerne. Die bezahlte Regelenergie taucht über die EEG-Vergütung in der Stromrechnung wieder auf.
Es stellt sich die rein praktische Frage, warum Minuspreise auf der Strombörse entstehen können, wenn Kernkraftwerke im Lastfolgebetrieb ausreichend sind und die Regelleistung der Kernkraftwerke in Deutschland laut dem französischen Staatskonzern Areva ausreicht.
Entweder stoßen die Kernkraftwerke bereits jetzt technisch an ihre Grenzen. Das würde bedeuten dass sie die Netze blockieren, weil ihre Regelbarkeit nicht ausreicht. Oder es ist den Kernkraftwerksbetreibern egal, wenn die Kunden(innen) doppelt bezahlen. Beides sind keine vertrauenserweckenden Möglichkeiten und beides lädt eigentlich nicht zu einer Zusammenarbeit ein.
WECF, Women in Europe for A Common Future, ist ein Netzwerk aus 100 Frauen- und Umweltorganisationen in 40 Ländern Europas, Zentralasiens und des Kaukasus und setzt sich in den Bereichen Chemikalien, Wasser und Sanitation, Landwirtschaft und Energie für eine Gesunde Umwelt für alle ein. WECF nutzt das Potential von Frauen, um Umwelt, Gesundheit und Ökonomie in Balance zu bringen. WECF unterstützt mit Partnerorganisationen konkrete Bedürfnisse der Menschen vor Ort, setzt lokal praktische Lösungen um und engagiert sich politisch auf internationaler Ebene. WECF hat UN-Status und ist offizieller Partner des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP.
Die Kernkraftnutzung im Streitpunkt der öffentlichen Debatte |
Im August 2010 geht der "Goldene Brennstab des Monats" an
Preisträger(in), August2010
Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU Bundestagsfraktion
sowie an
Dr. Michael Paul und Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU, zuständige Berichterstatter
Zitat:
"Kernenergie kann also gemeinsam mit Erneuerbaren Energien ein System für eine weitgehend CO2-freie Stromversorgung bilden. Denn Kernkraftwerke sind technisch so regelbar, dass sie in Zeiten hoher Einspeisung von Strom aus Wind- und Solarenergie heruntergefahren werden können."
Quelle: Pressemitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 07.07.2010
Fachliche Begründung
Der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages hat sich zum Thema Laufzeitverlängerungen und Ausbau der erneuerbaren Energien beraten lassen. Daraufhin kommen die Vertreter der Fraktion CDU/CSU am 7. Juli zu dem Ergebnis, dass Kernenergie den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht behindert.
Auch wenn der Einsatz für die Kernenergie von umweltpolitischen Sprechern unerwartet ist, kommt die Aussage, dass Kernenergie und erneuerbare Energien harmonieren, immer häufiger vor. Die Fakten und die Praxis sprechen allerdings dagegen.
In einer von E.on bezahlten Studie des Institutes für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart hat Matthias Hundt dargelegt, dass Kernkraftwerke regelbar sind, Druckwasserreaktoren mehr als Siedewasserreaktoren. Würden alle deutschen Kernkraftwerke mit voller Kraft laufen - was sie wegen Mängeln nicht tun - haben sie im gesamten 9,6 GW regelbare Leistung. Dies entspricht im Schnitt etwa 50% ihrer möglichen Gesamtleistung. Der französische Atomkonzern Areva beruft sich auf die DENA-Netzstudie aus dem Jahr 2007 und stellt fest, dass für Windenergie laut dieser Studie für das Jahr 2015 eine Regel- und Reserveleistung von 7 GW benötigen wird. Areva behauptet damit, dass die deutschen Kernkraftwerke die Schwankungen im deutschen Stromnetz ausgleichen können und somit für die erneuerbaren Energien keine Einschränkung bedeuten.
Die Realität sieht anders aus. Zunehmend werden Windkraftwerke heruntergeregelt, um die Stromnetze zu schonen, auch bei größeren Photovoltaikanlagen müssen mittlerweile steuerbare Vorrichtungen installiert werden, damit sie vom Netz genommen werden können. Werden sie vom Netz genommen, zahlt der/die allgemeine Stromkund(in)e trotzdem dafür. Denn die Ausgleichszahlungen werden in die Netzkosten integriert und so auf die Stromrechnung umgelegt.
Immer häufiger ist zu viel Strom in den deutschen Stromnetzen. Das bedeutet eine Gefährdung für die Netze. Deshalb muss der Strom schnell zum Verbraucher und wird wegen des Überangebotes zu Minuspreisen verkauft. Die Kraftwerksbetreiber zahlen also für die Abnahme ihres Stroms. Das kommt allerdings nicht den Stromkund(inn)en zu gute, wie man meinen könnte. Die Stromkund(inn)en zahlen sogar die Einbußen der Konzerne. Die bezahlte Regelenergie taucht über die EEG-Vergütung in der Stromrechnung wieder auf.
Es stellt sich die rein praktische Frage, warum Minuspreise auf der Strombörse entstehen können, wenn Kernkraftwerke im Lastfolgebetrieb ausreichend sind und die Regelleistung der Kernkraftwerke in Deutschland laut dem französischen Staatskonzern Areva ausreicht.
Entweder stoßen die Kernkraftwerke bereits jetzt technisch an ihre Grenzen. Das würde bedeuten dass sie die Netze blockieren, weil ihre Regelbarkeit nicht ausreicht. Oder es ist den Kernkraftwerksbetreibern egal, wenn die Kunden(innen) doppelt bezahlen. Beides sind keine vertrauenserweckenden Möglichkeiten und beides lädt eigentlich nicht zu einer Zusammenarbeit ein.
WECF, Women in Europe for A Common Future, ist ein Netzwerk aus 100 Frauen- und Umweltorganisationen in 40 Ländern Europas, Zentralasiens und des Kaukasus und setzt sich in den Bereichen Chemikalien, Wasser und Sanitation, Landwirtschaft und Energie für eine Gesunde Umwelt für alle ein. WECF nutzt das Potential von Frauen, um Umwelt, Gesundheit und Ökonomie in Balance zu bringen. WECF unterstützt mit Partnerorganisationen konkrete Bedürfnisse der Menschen vor Ort, setzt lokal praktische Lösungen um und engagiert sich politisch auf internationaler Ebene. WECF hat UN-Status und ist offizieller Partner des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP.
Quelle:
Gesellschaft | Politik, 16.08.2010
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