Verantwortung hat Knopfaugen

Ein Teddybär sorgt für Furore


© Peter Stumpf
Einzelne Menschen können Berge versetzen - so wie Dr. Alexandra Hildebrandt, Leiterin Gesellschaftspolitik der Arcandor AG. Sie rief das Projekt "Verantwortung tragen" ins Leben und löste damit eine wahre "Verantwortungswelle" aus.

Hildebrandt wollte von Vertretern der Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik wissen, was Verantwortung konkret bedeutet. Die Idee wurde begeistert aufgenommen: Prominente wie Graf Faber-Castell, Günther Beckstein, Eva Luise Köhler und Oliver Kahn, aber auch viele "Helden des Alltags" haben sich bislang an dem Projekt beteiligt und für sich definiert, was sie unter "Verantwortung tragen" verstehen.

Dr. Alexandra Hildebrandt,
die Initiatorin von
"Verantwortung tragen",
© Peter Stumpf

Das reicht von der elterlichen Verantwortung für die Familie und der unternehmerischen Verantwortung für die Mitarbeiter bis hin zur Verantwortung eines Jeden für die Umwelt. Die Teilnehmer erhielten im Gegenzug für ihr Engagement das Symbol der Initiative, einen Miniaturteddy. Der Bär gibt Verantwortung ein Gesicht. Somit wird das abstrakte Konzept greifbar und anschaulich. Denn: "Verantwortung ist immer konkret. Sie hat einen Namen, eine Adresse und eine Hausnummer", zitiert Alexandra Hildebrandt den Philosophen Karl Jaspers. Das 13 Zentimeter kleine Bärchen erinnert aber auch daran, wie schutzbedürftig unsere Welt ist.

Das Projekt war so erfolgreich, dass die in einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren in Handarbeit hergestellten Sammlerteddys inzwischen zur heiß begehrten Mangelware geworden sind. Da es mittlerweile mehr Statements als Teddys gibt, müssen sie vom jeweiligen Besitzer weitergegeben werden. "Damit ist auch der Endlichkeitsaspekt angedeutet - indem wir uns unserer Begrenzung bewusst sind, gehen wir anders mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen um", erklärt Alexandra Hildebrandt.


© John R. Braun
Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung: "Verantwortung und Engagement schaffen eine gesunde Zivilgesellschaft."
Der Bär knüpft ein Band zwischen den Menschen, er soll das Thema Verantwortung in die Gesellschaft tragen und steht für Inhalte statt für die Werbekampagne eines Unternehmens. Deshalb wurde auch seitens Arcandor darauf verzichtet, ihn mit einem Logo auszustatten. Lediglich ein lindgrüner Schal mit dem Motto "Verantwortung tragen" ziert den Hals des Teddys. Auch Vertreter der Medien haben das Projekt engagiert unterstützt: Die Nürnberger Wochenzeitung Der MarktSpiegel berichtet regelmäßig über Verantwortungsträger, das Glocalist Magazine veröffentlichte sogar eine Mini-Sonderausgabe über das Projekt.


© privat
Bärbel Dieckmann, Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn und Vorsitzende der Welthungerhilfe:
"Als Oberbürgermeisterin von Bonn habe ich Verantwortung für die Zukunftssicherung unserer Stadt übernommen. Ob es um Arbeitsplätze geht, um Kinderbetreuungsangebote oder um den Schutz unserer Umwelt - ich habe den Bonnerinnen und Bonnern mein Wort gegeben, auch in schwierigen Lagen das Beste für sie und ihre Stadt zu erreichen. Und weil Bonn die deutsche UNO-Stadt für nachhaltige Entwicklung ist, unterstütze ich die Anliegen der hier vertretenen Organisationen nach besten Kräften - zum Beispiel den Klimaschutz."



Eine zusätzliche Dynamik erhielt die Aktion durch einen größeren "Wanderbär". Er ist nicht wie alle anderen Bären von der Hermann Teddy GmbH, sondern von einer engagierten Privatperson, Marion Koeppe, gefertigt, die ihn gestiftet hat.

Der "Wanderbär" hat noch keinen Namen. Jetzt sind Sie gefordert, liebe forum-Leser: Wie soll der "Oscar der Verantwortung" heißen? Senden Sie uns Ihren Vorschlag per Mail an: redaktion@forum-csr.net. Der beste Einfall wird mit einem der letzten Miniteddys belohnt!
Die Teddymacherin
Marion Koeppe mit dem
noch namenlosen "Wanderbären",
© Peter Stumpf
"Mit diesem Unikat werden wir einmal im Jahr eine Person des öffentlichen Lebens auszeichnen, die in besonderer Weise Verantwortung übernommen hat", berichtet Alexandra Hildebrandt. "Wir wollen damit eine Art 'Oscar der Verantwortung' verleihen." Selbstverständlich werden die Einnahmen dieser Veranstaltung wie auch der Erlös eines geplanten Buches über die Teddy-Kampagne nachhaltigen Mikroförderprojekten zu Gute kommen. Meister Petz wird also auch in Zukunft sicherstellen, dass "Verantwortung tragen" gelebt und gewürdigt wird.


Stefan W. Herzberg, Vorsitzender der Geschäftsführung der Karstadt Warenhaus GmbH und Arcandor-Vorstandsmitglied:
"Verantwortung in einem Unternehmen bedeutet, mit geliehener Macht auf der Basis von Wertschätzung zu arbeiten. Wertschöpfung ist ohne Wertschätzung nicht möglich. Mir sind ein offener und vertrauensvoller Umgang und eine transparente Kommunikation sehr wichtig. Das ist nachhaltiges Kapital, denn Verantwortung zahlt sich aus. Unternehmen, die sich dessen bewusst sind, fördern also nicht nur Werte, sondern auch ihre Wertschöpfung.

Stefan W. Herzberg,
© Peter Stumpf

Wenn ich zum Beispiel in unsere Karstadt-Filialen fahre, dann kündige ich meine Besuche nie vorher an. Ich möchte ein authentisches Bild bekommen und kein Bohei erleben. Ich nehme mir Zeit für Gespräche mit Mitarbeitern, Betriebsräten, Filialgeschäftsführerin und Kunden. Am wichtigsten ist, dass sich die Mitarbeiter ernst genommen fühlen und dass ein barrierefreies Klima geschaffen wird, so dass zum Beispiel operative Verbesserungsvorschläge benannt und umgesetzt werden können. Gerade in diesen turbulenten Zeiten heißt Verantwortung zu tragen auch Mut, Zuversicht zu geben und Krisen als Chance zu nutzen! Dabei kommt es auch auf die richtige Zusammensetzung der Führungsspitze an. Wenn sich ein Team versteht, dann ist das schon die halbe Miete. Ich kann versichern, dass wir ein sehr gutes Team sind, eng zusammenarbeiten und an die Zukunft des Warenhauses glauben. Wir sehen diese herausfordernden Zeiten als eine mögliche Chance für Karstadt.
Mit dem Projekt "Verantwortung tragen" zeigen wir, dass wir aktiv Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Es geht ums Mitmachen, Mitgestalten und Mithelfen, damit uns die Menschen auch morgen als aktive Wirtschafts- und Konsumbürger gewogen bleiben. Diese Haltung setzt ein vielfältiges Engagement aller voraus. Günter Verheugen betonte in seiner Rede vom 10. Februar 2009 vor dem CSR-Forum der EU, dass es ein tieferes Verständnis der Aufgabe von Wirtschaft in der Gesellschaft braucht. Er betonte, dass uns die Unternehmen aus der Rezession führen werden, welche nachhaltiges Wirtschaften als einen Teil ihrer Business-Strategie betrachten. Aus Kundensicht wird es künftig nicht mehr nur darum gehen, ein Produkt zu kaufen, sondern es von "jemandem" zu kaufen, der für etwas steht.
Das vom Bereich Gesellschaftspolitik der Arcandor AG initiierte Projekt, das ich als Pate aktiv unterstütze, macht sichtbar, wie lokale und globale Aktivitäten miteinander zusammenhängen, und dass Initiative etwas ist, das alle Menschen gleichermaßen erfasst. Die internationale und überwältigende Resonanz auf dieses Projekt zeigt aber auch, dass wir eine offene Unternehmenskultur haben, die die Entwicklung und die intensive gesellschaftspolitische Kommunikation relevanter Themen zulässt und fördert."



© Peter Stumpf
Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand Schweisfurth-Stiftung:
"Verantwortlich verhalten sich Menschen, die 'Sorge für etwas tragen', das sich verändern, entwickeln, sterben kann. Im Zentrum des Denkens gemäß dem 'Prinzip Verantwortung' steht dabei nicht der Mensch allein, sondern die Menschheit und deren langfristige Existenz auf einem sich wandelnden Planeten. Damit ist die Existenzgrundlage, die Natur, angesprochen. Das Verantwortungsprinzip besagt im wesentlichen, dass jeder die mit seinem Tun verbundenen Risiken tragen muss, dass also der Verursachende für Schäden aufzukommen hat, die durch sein Handeln entstanden sind."




© Peter Stumpf
Gerhard Meir, Friseur ("Le Coup", München):
"Politik ist keine Isolierstation. Wir sind keine Zaungäste, wir sind keine Randgruppe, wir sind stark genug, um Verantwortung zu tragen!"




© John R. Braun
Gerhard Hauptmannl, Polizeipräsident Mittelfranken:
"Verantwortung tragen heißt, dass man in dem Umfeld, für das man zuständig ist, sich überlegt, was die Ziele sein müssen, um seine Funktion im Interesse der Betroffenen, bei der Polizei im Sinne des Bürgers, auszufüllen. Das heißt, man muss Ziele bilden und muss dann sagen: "Ich gestalte den Weg zum Erreichen des Ziels, und ich stehe dann auch ein für das Ergebnis, also hinsichtlich der eingesetzten Mittel, Geld, Personal, und hinsichtlich des Vergleiches, war es vorher besser oder ist es hinterher besser."




© John R. Braun
Erich Schuster, Geschäftsführender Gesellschafter der defacto marketing GmbH und Vorsitzender der defacto.stiftung:
"Meine Verantwortung heißt, junge Menschen ausbildungsreif für ihren künftigen Job zu machen. Man muss nicht nur Verantwortung tragen oder etwas ins Leben rufen, wie zum Beispiel mein Förderprogramm für die Schüler, sondern man muss den Mut haben, jungen Menschen Verantwortung zu übertragen. Ihnen etwas zutrauen! Die Hauptschüler haben gezeigt, dass sie viel besser sind als ihr Ruf, wenn man ihnen Verantwortung überträgt."




© John R. Braun
Anaïs Fabinger, Ulrike Sophia Trommer, Angela Börger, Dorothea End (Stakeholder Reporting GmbH):
"Verantwortung tragen heißt in allen Lebenslagen - ob Profession oder Passion -, die Balance zwischen den eigenen Wünschen und Zielen und den Interessen und Anforderungen unseres Umfeldes zu finden. Dabei ist es unerlässlich, das eigene Handeln ganzheitlich mit allen positiven wie negativen Konsequenzen zu begreifen und ein Maß zwischen gesundem Egoismus und ehrlichem Altruismus zu finden. Uns ist dabei gegeben, intuitiv entscheiden zu können, was wir als falsch und was wir als richtig und erstrebenswert erachten. Bis zuletzt auch hinter dieser Entscheidung stehen zu können - vor anderen aber auch vor uns selbst - zeichnet verantwortliches Handeln aus."




© John R. Braun
Henriette Schmidt-Burkhardt, Unternehmerin (Lebkuchen Schmidt):
"Verantwortung trage ich vor allem für meine Mitarbeiter, die zum Teil schon jahrzehntelang in der Firma sind. Ich fühle mich verpflichtet, Neueinstellungen von Mitarbeitern nicht von Alter oder Geschlecht abhängig zu machen. Ganz wichtig ist mir, dass die Arbeitsplätze gesichert sind und bleiben. Dies ist auch nach meinem Tod durch eine Stiftung garantiert. Verantwortung tragen heißt natürlich auch, bei der Qualität der Produkte auf beste Rohstoffe zu achten."




© John R. Braun
Oliver Kahn, Ex-Bayern-Torhüter:
"Verantwortung tragen heißt für mich, sportlich Individualität zu fördern und sich optimal in die Mannschaft, auch in einer tragenden Rolle, einzufügen. Es heißt für mich auch, Aufgaben mit Kompetenz zu erfüllen und gegebenenfalls die Folgen, egal wie sie ausfallen, zu tragen, aber auch Menschen zu führen und ihnen in der Not Halt zu geben."

 
 
Von Sarah Häuser

Quelle:
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 27.03.2009
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2009 - Unternehmen im Gesundheitscheck erschienen.
     
        
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