Mission Wertvoll
Wirtschaftliche Transformation und die Rolle des Female Leadership
Prof. Dr. Maja Göpel ist seit 25 Jahren Transformationsforscherin, Mitgründerin der Scientists for Future, Ratsmitglied des World Future Councils und die bekannteste Wortführerin eines wissenschaftlich fundierten Wandels in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Nun hat sie die Global Eco Transition gGmbH gegründet, um mit dem Netzwerk „Mission Wertvoll" den gesellschaftlichen Wandel aktiv zu gestalten. forum sprach mit der Powerfrau über den Wandel und Female Leadership.
Frau Göpel, warum haben Sie "Mission Wertvoll" gegründet?
Meine ganze berufliche Laufbahn zeichnete sich durch ein Wechseln zwischen Wissenschaft und Praxis aus, mal intensiv lesen und nachdenken und mal die Erkenntnisse in die Gesellschaft tragen und zuhören. Die letzten fünf Jahre habe ich mich dann dauerhaft im Sinne der Wissenschaftskommunikation auf diese Schnittstellenarbeit fokussiert. Mit dem Science-Society-Netzwerk "Mission Wertvoll" wollen wir das noch interaktiver und anschaulicher machen, indem wir wissenschaftliche Erkenntnisse mit Geschichten des Gelingens und neuen Allianzen für den sozial-ökologischen Wandel zusammenbringen. Denn tatsächlich ist es nicht nur entscheidend, was gesagt wird, sondern auch wann, wie und von wem.
Was sind die Ziele von "Mission Wertvoll"?
Unser Fokus liegt darauf, die Chancen und Möglichkeiten gesellschaftlichen Wandels für Nachhaltigkeit hochzuhalten und in dem weit verbreiteten Lamentieren eine Perspektive anzubieten, die wieder Lust auf Zukunftsgestaltung macht.
Denn nur, wer eine positive Zukunft sieht, kann sie auch ansteuern und gestalten. Deswegen haben wir verschiedene Kommunikationsformate für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt. Ziel unserer kommunikativen Arbeit ist es, aktuelle Debatten und Argumente wissenschaftlich fundiert einzuordnen und aufzuzeigen, wie die benutzten Zahlen und Erzählungen unsere Sicht auf die Wirklichkeit prägen. Mit unseren Geschichten des Gelingens zeigen wir, dass viele Akteure längst an einer nachhaltigen Zukunft arbeiten, es also nicht stimmt, dass "die Leute” nicht mitmachen wollen. Die Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam anpacken, deswegen legen wir auch einen so großen Wert auf das Schmieden neuer, "wirrer Allianzen".
Wer sind die Kooperationspartner?
"Mission Wertvoll" ist eingebettet in ein wachsendes Netzwerk ausgewählter Persönlichkeiten. Wir entwickeln unsere Initiativen strategisch. Manche setzen wir selbst um, andere werden von Partnern übernommen, die unsere Werte teilen. Ein Schwerpunkt liegt natürlich in der Kooperation mit professionellen Geschichtenerzählern, sowohl im Journalismus, im Marketing als auch in fiktionalen Stoffen. Die Initiative "Planet Narratives" zum Beispiel unterstützt die Film- und Fernsehschaffenden dabei, die Zukunft des Planeten in ihren Geschichten unterzubringen. Momentan passiert das eher selten, wodurch uns in Filmen eine falsche Realität vorgegaukelt wird - es schneit fröhlich weiter an Weihnachten, der Harz ist grün retuschiert und auch die porträtierten Lebensstile bleiben unhinterfragt.
Mit der Initiative "Wertvolles Unternehmertum" vernetzen wir wiederum die Veränderungswilligen aus der Wirtschaft untereinander und laden gezielt auch neue Akteure und Netzwerke in das Thema Nachhaltigkeit ein. Wir fördern einen vertrauensvollen Austausch mit Experten, um der Frage nachzugehen, welche politischen Spielregeln es braucht, um Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zügig bereitzustellen, die angesichts der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu den planetaren Grenzen ein neues Wohlstandsmodell tragen könnten.
Und dann gibt es noch verschiedene Briefings: Wir haben zum einen den Newsletter der Superredaktion, der für Menschen mit Reichweite in lockerem Ton und mit einer Prise Humor Aufklärung und anschauliche Geschichten und Grafiken bereitstellt, damit diese sich in der Öffentlichkeit informiert positionieren können.
Außerdem haben wir den "Debattenkompass Wert & Wirkung", der sich an Personen richtet, die sich konsequent für die sozial-ökologische Transformation interessieren und immer wieder wissenschaftlich fundierte Einordnungen der aktuellen politischen Debatte wünschen, inklusive vieler Quellen und Verweise darauf, wo bereits Beispiele für gute Politik und Ergebnisse zu finden sind – oft auch im Ausland.
Wie wichtig ist Female Leadership, um den Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen?
Ich glaube, dass Female Leadership eine ganz entscheidende Rolle für den Wandel spielt. Frauen in Führungspositionen, das zeigen diverse Studien, bringen oft neue Perspektiven und ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit mit, was natürlich insbesondere jetzt mit Blick auf die Prioritätensetzung in extremen Krisenzeiten wichtig ist. Ein großartiges Beispiel ist für mich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Sie hat mit einer wünschenswerten Vision, nämlich der 15-Minuten-Stadt für kurze Alltagswege, die ganze Logik der Raumplanung neu orientiert. Das ist ein neuer Zugang, der den Kampf um "Auto: ja-nein" schlicht in ein größeres Bild der Mobilität und städtischen Lebensqualität eingeordnet hat. Und sie hat Gegenwind ausgehalten, weil sie davon überzeugt war, dass das die richtige Entscheidung für die Zukunft ist – selbst wenn das bedeuten würde, dass sie nicht wiedergewählt wird. Und heute sehen wir: Viele Pariser Bürgerinnen und Bürger nehmen die neuen Infrastrukturen begeistert an, das Fahrrad hat das Auto als Verkehrsmittel innerhalb weniger Jahre überholt. Und genau diese Art von Leadership treibt innovative und inklusive Lösungen voran, die sowohl der Gemeinschaft, als auch der Umwelt zugutekommen.
Danke für das Gespräch!
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