Mikroplastik-Verbot der EU verändert Spielregeln:

Branchen entwickeln Alternativen

Seit Herbst untersagt die EU den Verkauf von Mikroplastik und Produkten, denen es zugesetzt ist. Oder anders ausgedrückt: Mikroplastik darf als solches oder in Gemischen in einer Konzentration von 0,01 Gewichtsprozent nicht mehr in Umlauf gebracht werden. Das erwirkt in vielen Branchen ein Umdenken – auch für die Industrie hat diese Regelung Konsequenzen. 

42.000 Tonnen Mikroplastik. So viele werden in der EU jährlich freigesetzt. Ein prekäres Szenario, das die Umwelt massiv belastet. So findet sich Mikroplastik nicht nur in Meeren, Flüssen sowie an Land, sondern inzwischen auch in Lebensmitteln oder dem Trinkwasser. Und: Mikroplastik hält sich lange in der Atmosphäre – sogar länger als bisher angenommen. Der EU geht das seit kurzem zu weit – sie will die Umweltverschmutzung zumindest ein Stück weit eindämmen. Zu diesem Zweck wurde vergangenen Herbst ein entsprechendes Gesetz ins Leben gerufen, das die Veräußerung von Mikroplastik untersagt.

Zudem gibt es ein Verkaufsverbot für Produkte, denen Mikroplastik zugesetzt wurde und die dieses bei der Verwendung freisetzen. Betroffen davon ist beispielsweise das Granulat-Material auf Kunstrasenplätzen oder anderen Sportanlagen, welches laut der EU-Kommission ein erhebliches Umweltproblem darstellt. Aber auch Unternehmen, die bestimmte Kosmetika, Spielzeug oder Pflanzenmittel herstellen, müssen nun umdenken und mitunter neue Prozesse aufsetzen bzw. Innovationen vorantreiben.

Umgesetzt wird das Gesetz schrittweise: Während etwa Mikroperlen oder loses Glitter schon seit Oktober nicht mehr verkauft werden dürfen, haben Hersteller von Granulat, Flocken oder Pulvern noch eine Übergangsfrist von ein paar Jahren. Doch auch, wenn das bedeutet, dass somit noch etwas Zeit zur Verfügung steht, um sich darauf einzustellen, so verändert diese Regelung die wirtschaftlichen Spielregeln in vielen Bereichen grundlegend – so auch in der Industrie. Wir schauen uns zwei Beispiele an.   

Mikroplastik in der Glasindustrie: Alternativen für Transport gefragt

© pixabay, pexels.comMikroplastik spielt auch in der Glasindustrie, konkret beim Glastransport, eine Rolle. Der Grund: Beim Transport von Flachglasscheiben zwischen der Floatglas-Anlage und dem glasverarbeitenden Betrieb kann sich zwischen den Gläsern eine feste Brücke bilden. Verantwortlich hierfür sind Adhäsionskräfte und chemische Reaktionen. Das Problem: Diese feste Brücke kann das spätere Trennen erschweren oder sogar unmöglich machen. In der Vergangenheit griff man daher auf Zwischenlage-Papier zurück. Heute kommen vermehrt kostengünstige Zwischenlagepulver zum Einsatz, denn diese haben den Vorteil, dass so zudem das Verkratzen der Rohglasscheiben verhindert wird. 

Doch: Gängige Glastrennmittel bestehen mittlerweile weitgehend aus Mikroplastik. Und davon benötigt die Glasindustrie jede Menge – jährlich weltweit mehrere Tonnen pro Floatglas-Anlage. Aber nicht nur der Verbrauch ist alarmierend, auch das Entfernen des Glastrennpulvers stellt eine Belastung für die Umwelt dar. Das Pulver wird Großteils mit rotierenden Bürsten entfernt und zuletzt wird das Glas abgewaschen – so gelangt das Trennmittel mitunter bis ins Abwasser. Das Mikroplastik-Gesetz hat nun dazu geführt, dass sich Trennmittel-Produzenten mit plastikfreien Alternativen aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen befassen mussten. Nach einer Phase intensiver Tests sind die ersten Alternativen bereits auf dem Markt erhältlich.  

Mikroplastik in Kosmetika: Erste Erfolge bei Zahnpasta

© Anderson Guerra, pexels.comAuch in der Kosmetikbranche griff man jahrelang auf Mikroplastik zurück. So verlängerten Plastikfasern in der Wimperntusche beispielsweise die Wimpern, sorgten in Lidschatten für den nötigen Schimmer oder in Peelings dafür, dass die oberste Hautschicht abgeschliffen wurde. Ihr Vorteil: Sie ließen sich einfach verarbeiten und rasch an das jeweilige Produkt anpassen – etwa in puncto Härte, Form oder Größe. Doch Mikroplastik soll auch aus dieser Sparte weitgehend verschwinden. Deshalb wird auch hier an allen Ecken und Enden getüftelt.

Ein Rohstoff, der dabei immer mehr in den Fokus rückt, ist Zellulose. Diese wird aus verschiedenen Pflanzen gewonnen, vor allem aus Holz und Baumwolle. So haben Forscher beispielsweise bereits vor ein paar Jahren spezielle Testverfahren entwickelt, um die abschleifende Wirkung von herkömmlichen Polyethylen-Partikeln mit Zellulose-Partikeln der gleichen Größenordnung vergleichen zu können. Das Ergebnis: Zellulose ist in puncto mechanische Reinigung und Haptik mit den Mikroplastik-Partikeln vergleichbar – und eignet sich somit hervorragend als Alternative.

Die Crux an der Sache: Pflanzliche Rohstoffe sind meist nach wie vor teurer, deswegen setzten Kosmetikhersteller in den vergangenen Jahren immer noch verstärkt auf Mikroplastik, um Konsumenten nicht zu vergraulen. Doch in einer Ära, in der das Umweltbewusstsein generell steigt, könnte sich das schon bald ändern. Bei Zahnpasten ist es beispielsweise schon gelungen, mineralische Putzkörper wie Silica, Kieselsäure oder eben auch Zellulose zu etablieren. 



     
        
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