Energieverbrauch und Wohlfühlfaktoren
als Gradmesser moderner Baukultur
Energieforum Berlin |
Die Klimadiskussionen und Forderungen zur CO2 Reduktion wird der nachhaltigen und energieeffizienten Bauweise endgültig den Durchbruch verschaffen. In der öffentlichen Debatte liegt der Fokus derzeit auf dem Thema Energieverbrauch und Energieeinsparung. Schon lange wird jedoch im Bereich des energieoptimierten Bauens nach Gebäudekonzepten für die Zukunft geforscht. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) den Förderschwerpunkt EnOB (Energieoptimiertes Bauen) eingerichtet. Bei Neubauten wie beim Gebäudebestand will man ein primärenergetisches Ziel von 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr erreichen. Die Messlatte ist ambitioniert. Schließlich sollen die "magischen 100" zu üblichen Baukosten realisiert und im Betrieb nachgewiesen werden. Verglichen mit konventionellen Neubauten lassen sich so 50 bis 65 Prozent der Energiekosten einsparen. In den Demonstrationsprojekten werden Gebäudehülle und Gebäudetechnik ganzheitlich betrachtet, um die Energieeffizienz und den Nutzerkomfort zu steigern.
Durch die Gebäudeausweispflicht ist der Energieeffizienzgedanke in den Köpfen vieler Bauherren, Architekten und Fachplaner zwischenzeitlich fix verankert. Aktuelle Gebäude- und Energiekonzepte sind facetten- und variantenreich und zeigen ein breites Spektrum an Bauwerken als Antwort auf die gestellten Anforderungen. Entsprechend bunt sind die Publikationen in Fachzeitschriften und Magazinen über "innovative", "ökologische" oder "intelligente" Gebäude. Doch reißt die Dokumentation in den aller- meisten Fällen mit der Fertigstellung und Übergabe der Gebäude ab. Aus- sagekräftige Daten zur Performance von Energie und Komfort moderner Gebäude im realen Betrieb sind spärlich. Daneben wird die Diskus- sion über die Glasarchitektur und das "Leben im Schwitzkasten" von Vorurteilen behaftet geführt, ohne belastbare Zahlen aus dem Nutzungsalltag zu zitieren. Seit 2002 wird am Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) der TU Braunschweig in verschiedenen Forschungsprojekten die Energieeffizienz und der Nutzerkomfort in Bürogebäuden im Betrieb evaluiert. Die Ergebnisse aus rund 40 Gebäuden sind äußerst vielfältig. Im Mittel beträgt der Primärenergieeinsatz rund 285 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr (inklusive der Arbeitsmittel), wobei eine große Spanne der Energiekennwerte vorliegt. Ein hoher Verglasungsanteil in der Fassade muss nicht zwangsläufig zu einem extrem hohen Energieverbrauch oder schlechtem Raumklima (Überhitzungsstunden) führen.
EnBop - Prinzip Optimierung und Bewertung
Bürogebäude sind in den letzten Jahren effizienter geworden. Objekte mit ganzheitlichen Energiekonzepten können ein hochwertiges Raumklima mit geringem Energieaufwand gewährleisten. Sie stellen jedoch auch höhere Anforderungen an Planung, Errichtung und vor allem den Betrieb. An dieser Stelle setzt die Forschung mit "EnBop" an: Mit der energetischen Betriebsoptimierung lassen sich die Betriebskosten von Gebäuden merklich reduzieren. Für die meisten Gebäudenutzer und Investoren stehen ein behagliches Raumklima und hoher Nutzerkomfort im Zentrum des Interesses.
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Bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung von Gebäuden sollten neben dem Immobilienwert die Energie- und Betriebskosten, die Personalaufwendungen und die durch die Angestellten erwirtschaftete Leistung bewertet werden. Die Produktivität der Mitarbeiter hängt unter anderem entscheidend von den Arbeitsplatzbedingungen, der thermischen, visuellen und akustischen Raumqualität ab. Zu hohe Raumtemperaturen (Überhitzungsprobleme im Sommer) führen zu Leistungsverlust und geringerer Personaleffizienz. Untersuchungen des Dänen Bjarne W. Olesen zeigen, dass schon Temperaturen größer 26 Grad Celsius an mehr als zehn Prozent der Arbeitszeit zu erheblichen Mehrkosten durch Produktivitätsverlust führen. Nach Schätzungen wird mit zusätzlichen Personalkosten von bis zu 1.300 Euro je Mitarbeiter und Jahr gerechnet. Wertsteigerung beziehungsweise Wertschöpfung lässt sich auch durch ein besseres Image des Gebäudes erzielen. Verstärkt gelangen ganzheitliche Bewertungsmethoden, die Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit in die Betrachtung mit einbeziehen, in den Fokus der Immobilienbetreiber. International gibt es bereits Bewertungsmethoden wie etwa LEED in den USA oder CASBEE in Japan. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat in Kooperation mit dem BMVBS (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) ein Deutsches Zertifikat für Nachhaltigkeit in Vorbereitung, das Anfang 2009 eingeführt werden soll und mit dem Gebäude künftig ausgezeichnet werden. Zwei Aspekte rücken dabei in den Mittelpunkt des Interesses von Gebäudebetreibern und Gebäudenutzern:
- Wohlbefinden und ein optimierter Arbeitsplatzkomfort
- Wertsteigerung der Immobilie durch ganzheitliche Bewertung
Durch die Evaluierung beider Ziele in einem Zertifikat wird die Suche nach neuen Lösungen für Neubauten wie für Bestandsgebäude beschleunigt. Die deutsche Bauwirtschaft kann ihre Umweltkompetenz dokumentieren, die hohe Gebäudequalität detailliert und nachvollziehbar ausweisen und damit ihre Exportchancen verbessern.
Fazit: Ganzheitliche Gebäudeperformance schafft Mehrwert.
Quelle:
Technik | Green Building, 25.09.2008
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