Wirtschaft | Lieferkette & Produktion, 17.08.2022
Vertriebene können ihre Rechte gegen Hamburger Kaffeekonzern Neumann nicht durchsetzen
Neue Studie weist auf Schlupflöcher im Lieferkettengesetz hin
Anlässlich des 21. Jahrestags der gewaltsamen Vertreibung von rund 4.000 Menschen in Uganda für die Kaweri Kaffeeplantage der Neumann Kaffee Gruppe (NKG) weisen die Hamburger Initiative Lieferkettengesetz und die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland auf die Schwächen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) hin. Beide Organisationen fordern zudem eine deutliche Verbesserung des Entwurfs der Europäischen Kommission (EU) für eine entsprechende Verordnung. Die dazu veröffentlichte Studie der Hamburger Menschenrechtsorganisation Goliathwatch belegt die Schwächen beider Gesetzestexte.
Vom 17. - 21. August 2001 hat die ugandische Armee die Bewohner*innen von vier Dörfern gewaltsam vertrieben, damit das ugandische Tochterunternehmen der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe dort eine Kaffeeplantage anlegen konnte. Die Vertriebenen wurden bis heute nicht entschädigt. Ihr Gerichtsverfahren gegen den ugandischen Staat und die Kaweri Coffee Plantation Ltd. dauert bereits 20 Jahre an. "Es liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers, einen effektiven Rechtsweg zu schaffen, über den die Opfer ihren wirtschaftlichen Schaden ersetzt bekommen", erklärt Dr. Thomas Dürmeier, Volkswirt bei Goliathwatch. Gertrud Falk von FIAN Deutschland, die die Vertriebenen seit Jahren unterstützt, ergänzt: "Es ist völlig inakzeptabel, dass die Betroffenen in Uganda 21 Jahre nach der Vertreibung immer noch nicht entschädigt worden sind und die Neumann Kaffee Gruppe so tun kann, als trüge sie hierfür keine Verantwortung. Zur Vorbeugung solcher Menschenrechtsverletzungen und für den Schutz der Opfer brauchen wir ein wirksames Gesetz mit effektiven Klagemöglichkeiten." In einem gerichtlich angeordneten Mediationsverfahren in Uganda hat die Kaweri Coffee Plantation Ltd. kein Angebot zur Entschädigung gemacht.
Die heute erschiene Studie "Mit einem starken Lieferkettengesetz wäre das so nicht passiert" von Goliathwatch analysiert das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sowie den Entwurf der EU. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein starkes Lieferkettengesetz die Vertreibung wahrscheinlich verhindert hätte. Dr. Thomas Dürmeier kommentiert die aktuelle Gesetzeslage: "Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz kann nur ein Startpunkt sein, weil es durch zu viele menschenrechtliche Lücken unzählige Opfer allein lässt. Selbst der stärkere Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission springt zu kurz, denn Klagemöglichkeiten ohne Beweiserleichterung für die Opfer machen den Rechtsschutz aussichtslos. Opfer von Menschenrechtsverletzungen brauchen einen Rechtsrahmen, der faire Bedingungen schafft."
"Opfer von Menschenrechtsverletzungen brauchen Soforthilfe und ein zeitnahes rechtskräftiges Urteil. Ein Gerichtsverfahren über 20 Jahre macht effektiven Rechtsschutz unmöglich," so Dr. Thomas Dürmeier abschließend.
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