Herausforderung Staatsfonds

Neue Player im Finanzmarkt

Zur Zeit erlebt die Welt eine dramatische Verlagerung des Kapitals. Waren es bisher überwiegend die industrialisierten Nationen westlicher Prägung, die den Kapitalmarkt nach Belieben bestimmen konnten, so werden jetzt zunehmend Staatsfonds aus Schwellenländern zu Global Playern. Insbesondere die Rohstoffhausse und der wirtschaftliche Aufschwung haben enorme Geldmengen in die Schwellenländer gelenkt, die angelegt sein wollen. Die Idee hinter den Staatsfonds ist ebenso einfach wie einleuchtend. Grundlage der Fonds sind die im Zuge der Globalisierung überreichlich sprudelnden Einnahmen aus Rohstoffverkäufen oder Exporterlöse. Die Rohstoffe sind endlich, und auch die Exporte steigen nicht ewig, also liegt es nahe, die Einnahmen so anzulegen, dass sie zukünftigen Generationen zu Gute kommen.

Eine Anlage in den eigenen Volkswirtschaften ist für die Staatsfonds schon aufgrund der ungeheuren Summen nicht sinnvoll möglich. Nach Schätzungen von Morgan Stanley sind die Staatsfonds schon heute mit über 2.600 Milliarden USDollar kapitalisiert. In den kommen den zehn Jahren soll diese Summe auf 17.500 Milliarden US-Dollar ansteigen. Mit der Aufnahme dieses Vermögens wären die jeweiligen Volkswirtschaften überfordert.

Staatsfonds steigen bei den Banken ein

Bereits 1990 wurde der Petroleum Fund (heute: The Government Pension Fund) in Norwegen gegründet. Seit 1998 kann dieser Fonds bis zu 50 Prozent seines Kapitals im internationalen Kapitalmarkt investieren. Da es zur Investitionspolitik des Fonds gehört, keine beherrschenden Beteiligungen anzustreben, ist sein Wirken auf den Kapitalmärkten nur wenig beachtet worden. Ein Paukenschlag war hingegen der Einstieg des chinesischen Staatsfonds bei der Beteiligungsgesellschaft Blackstone 2007. Drei Milliarden Dollar ließ sich der Fonds den Einstieg bei einer der ersten Adressen am Beteiligungsmarkt kosten. Ein Investment, das den Eigentümern bisher im Übrigen wenig Freude bescherte. Die Aktie erwischte zwar einen Traumstart, hat sich von ihren Anfangskursen von zirka 35 US-Dollar mittlerweile aber auf knapp 16 US-Dollar reduziert (Stand Ende Februar 2008). Im Zuge der Subprimekrise ging es dann Schlag auf Schlag. Mit wenigen Ausnahmen wie der Deutschen Bank oder Goldman Sachs haben sich nahezu alle großen Investmentbanken verspekuliert und viel Geld im amerikanischen Häusermarkt versenkt. Staatsfonds stiegen weltweit massiv bei den großen Banken ein. Ob Citigroup, UBS oder Merill Lynch, sie alle bekamen in den letzten Monaten neue Großaktionäre in Form von Staatsfonds.

Politische Vorbehalte

Der Einstieg der Fonds hat mit ziemlicher Sicherheit den Kollaps des Bankensystems in der "Subprime"-Krise verhindert. Mit ihren Milliardenspritzen verhalfen sie den Banken zum dringend benötigten frischen Kapital. Während die Finanzbranche also dankbar die helfende Hand ergreift, übt sich die Politik zunehmend in Abwehrbemühungen. In Finanzkreisen gelten Staatsfonds zwar als renditebewusste Marktteilnehmer, die nicht in das operative Geschäft eingreifen und stabilisierend wirken. In den USA, aber auch in der EU und in Deutschland wächst das Unbehagen über die neuen Marktteilnehmer. Unterstellt wird, dass Staatsfonds anders handeln könnten als reine Renditefonds - ein staatlich gelenkter Fonds könnte neben wirtschaftlichen auch politische Interessen verfolgen. Diese Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Die Investitionen beispielsweise Chinas in den Rohstoffsektor zeigen deutlich, dass Staatsfonds auch der strategischen Zukunftssicherung dienen. Im Extremfall könnte so ein Investor auch die Herrschaft über ein Industrieunternehmen übernehmen, den Standort und das Know-how verlagern und für sich nutzen. Das Unbehagen hat aber noch eine heiklere Dimension. Abgesehen vom norwegischen Fonds sind alle neuen großen Staatsfonds in dynamischen Diktaturen wie China und Russland oder der arabischen Halbinsel beheimatet. Für die westlichen Demokratien ist es eine schmerzliche Erfahrung, auf das Geld von despotischen Regimes angewiesen zu sein. Während Norwegens Pensionsfonds nach klar definierten und offen gelegten Regeln investiert, werden die anderen Fonds wie geheime Logen geführt.

Abschottung ist der falsche Weg

Die Akkumulierung von Kapital wird sich in den Schwellen- und Rohstoffländern voraussichtlich auf absehbare Zeit fortsetzen. Staatsfonds werden also in Zukunft nicht mehr wegzudenkende Teilnehmer des Kapitalmarktes sein. Es ist wenig sinnvoll, gegen die neuen Player machtvolle protektionistische Wälle aufzubauen. Diesem Kapital müssen Wege der Wiederanlage eröffnet werden. Gerade in Zeiten politischer Instabilität kann eine globale Verflechtung der Kapitalmärkte durchaus stabilisierend wirken. Wie die aktuelle Bankenkrise zeigt, können die Fonds durchaus segensreich am Markt wirken - weltweit. Das heißt aber nicht, dass sich die Rolle der Fonds nicht zum Negativen ändern kann. Politik, Unternehmen und Fonds sind zu einem konstruktiven Dialog aufgerufen. So ist die Forderung nach Transparenz der Investitionsrichtlinien, wie sie die EU erhebt, berechtigt. Transparenzrichtlinien müssen allerdings noch erarbeitet werden. In demokratischen Ländern stoßen die klaren wirtschaftlichen und ethischen Richtlinien des norwegischen Pensionsfonds, die für jeden einsehbar sind, auf breite Zustimmung bei Regierungen und Bevölkerung, jedoch werden sie für andere Fonds kaum akzeptabel sein. Die EU-Kommission setzt erst einmal auf das Prinzip Freiwilligkeit: Sie möchte Staatsfonds zu einem freiwilligen Verhaltenskodex bewegen. Die Bundesregierung plant demgegenüber, künftig sämtliche Investitionen aus Nicht-EU-Ländern zu überprüfen, wenn diese 25 Prozent an Konzernen übersteigen. Das amerikanische Finanzministerium versucht, Staatsfonds zu einem Versprechen zu drängen, dass sie mittels ihrer Beteiligungen keinen politischen Einfluss ausüben. Zu Angst besteht kein Anlass, aber Vorsicht ist angebracht. Der Dialog muss jetzt schnellstmöglich beginnen, denn sonst drohen extreme und einseitige protektionistische Reaktionen, die der Weltwirtschaft hohen Schaden zufügen würden.

Mathias Prange

Quelle:
Lifestyle | Geld & Investment, 09.07.2008

     
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