Die zweite Sparkasse

Österreichs Lösung für Unterprivilegierte und Arme ohne Konto

Traurig, aber wahr - auch hierzulande geraten immer mehr Bürger in die Schuldenfalle. Der Verein Creditreform zählte 2007 allein 139.000 Fälle an Privatinsolvenzen, also Schuldnern, die ihre Verbindlichkeiten nicht mehr fristgerecht bedienen konnten. Dabei handelt es sich nicht nur um Hartz-IV-Empfänger, Arbeitslose und Alleinerziehende, die das Gros der Betroffenen bilden, sondern es geht querbeet durch die Gesellschaft. Bricht der Hauptauftraggeber weg, ist schnell das Konto beim Freiberufler oder Handwerksbetrieb überzogen. Die schlechte Zahlungsmoral vieler Kunden gibt etlichen dann den Rest. Liquide Reserven oder Sicherheiten haben die wenigsten parat und so beginnt der Teufelskreislauf.

Seit Einführung des Basel-II-Akkords hat gerade der Mittelstand die Kreditbremse der Banken zu spüren bekommen. Die Bank kürzt die Linie oder kündigt gar gleich den Kredit, wodurch schnell die Basis für den Geschäftbetrieb wegbrechen kann. Bei Privatleuten hingegen sind Banken spendabel und gewähren großzügig Kredit für Urlaubsreisen, Autos oder Einrichtungen. Heutzutage bekommt man schon beim Kaffeeröster Tchibo großzügig Konsumentenkredit. Direktbanken umschmeicheln ihre Kunden mit Slogans wie: Lebe jetzt - bezahle morgen.

Privatinsolvenz als Notbremse

Das böse Erwachen kommt, wenn Leute, die unreflektiert auf Pump leben, plötzlich den Job verlieren, in Scheidung geraten oder krank werden. Häufig lösen Banken das Problem mit revolvierenden Krediten, Beleihungen von Bausparverträgen oder Lebensversicherungen. Wenn aber die Kreditblase platzt, weil der Kunde nicht wieder auf die Füße kommt, bleibt außer dem Hemd am Leib wenig übrig. Bei Privatinsolvenz einigt man sich mit den Gläubigern auf einen Schuldenplan, der während einer siebenjährigen Wohlverhaltensphase akribisch eingehalten werden muss. Kunden mit derartig schlechter Bonität sind vielen Banken lästig, denn mit der Kontoführung allein lässt sich kein Geld verdienen. In Deutschland sind nur Sparkassen durch die Satzung verpflichtet, jeden Kunden auf Guthabenbasis anzunehmen.

Kreativität am richtigen Platz

In Österreich fehlte bis 2006 eine Lösung. Zum Glück sprang die ERSTE Stiftung ein, die knapp 31 Prozent an der ERSTEN Bank AG, Österreichs Zentralsparkasse, hält und gab 2006 die Mittel zur Gründung der ZWEITEN Sparkasse. Sie stellte zugleich die Liquiditätsreserve bis 2009. Die Kunden - derzeit zirka 1.000 mit steigender Tendenz - werden von der Dachorganisation der österreichischen
Schuldnerberatungsstelle ABS in Linz sowie der Caritas und Diakonie vermittelt. Die etwa 200 Mitarbeiter beraten auf ehrenamtlicher Basis ihre mittellose Klientel bei der Kontoeröffnung und Nutzung der S-Card in der Mittagspause oder abends. Die Konten werden auf Guthabenbasis geführt und kosten eine monatliche Gebühr von 3 Euro. Nach drei Jahren wird die Kontobeziehung einer Prüfung unterzogen, bei der festgestellt wird, ob der Kunde noch die Unterstützung seitens der Bank braucht, oder ob sich seine Lebenssituation bereits stabilisiert und normalisiert hat. Zugleich sind Kunden der ZWEITEN Sparkasse durch die WIENER STÄDTISCHE basisversichert. Eine Haushaltsversicherung mit Haftpflicht für 3 Euro gibt es fakultativ. Wie bei der Bank sponsert der Hauptaktionär der Versicherung die Initiative. Kurzum, das Angebot ebnet vielen den Weg zurück zu geordneten materiellen und sozialen Verhältnissen, da die Jobsuche und Wiedereingliederung erleichtert wird. Zudem ist es ein Beispiel für die Kreativität der Zivilgesellschaft und ihrer Stakeholder, die ihre Stärken bündeln und so vielen Verschuldeten in Österreich wieder auf die Beine helfen.

Erik Ammann

Quelle:



     
        
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