Der Boden: katastrophal vernachlässigt

Bernward Geier im Gespräch mit Klaus Töpfer

Weitere Einblicke in unser Schwerpunktthema "Boden" finden Sie in forum Nachhaltig Wirtschaften 1/2021. Am besten gleich bestellen.
Klaus Töpfer war Deutschlands bekanntester Umweltminister, Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Gründer und Direktor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Der Grand Seigneur der deutschen und internationalen Umweltpolitik spricht Tacheles zum Thema Boden und bekennt sich mehr denn je zum biologischen Landbau. 

Abholzung ist nur ein Problem, welchem sich unsere Böden jeden Tag aufs Neue stellen müssen. © pixel2013, pixabay.comWie kam es, dass Sie sich als Umweltminister der CDU schon in den 80er Jahren so klar für den biologischen Landbau aussprachen?
Es wurde mir bereits damals sehr deutlich, dass sich eine leistungsfähige Alternative zur konventionellen Landwirtschaft entwickeln sollte. Die Inanspruchnahme der Natur etwa in der Intensität der Bodenbewirtschaftung und der Einsatz der vielen Pflanzenschutzmittel haben zu dieser Überlegung beigetragen. Insbesondere haben mir die Landschaft und Vielfalt zerstörenden Auswirkungen der Flurbereinigungen dafür die Augen geöffnet.

Warum haben sie unter den vielen globalen Krisen einen Fokus auf den Boden?
Die Auswirkungen der Bodenkrise sind leider in der Gesellschaft und vor allem in der Politik und Wirtschaft deutlich unterschätzt – der Boden wird in seiner ökonomischen und ökologischen Bedeutung vernachlässigt. Dies zu ändern, gilt mein Engagement. Wenn wir sehen, wie viele Milliarden Tonnen fruchtbarer Böden wir jährlich durch Erosion weltweit verlieren, muss man von einer Katastrophe reden. Dazu kommen ja noch gravierende Probleme der Kontamination durch Schwermetalle, (Agrar)-Chemikalien und Kunstdünger, was auch schwerwiegendste Auswirkungen auf den Wasserhaushalt hat.

Reicht die Gesetzgebung zum Bodenschutz in Deutschland aus?
Es ist sehr gut, dass wir überhaupt ein Bodenschutzgesetz haben, was leider weltweit nicht der Fall ist. Allerdings müssen wir unsere Gesetze weiter entwickeln und etwa den Landverbrauch rigoros einschränken sowie weitere Kontaminationen vermeiden. Noch wichtiger ist, dass man die Gesetze viel konsequenter umsetzt.

Und wie sieht es international aus?
Das Thema ist natürlich ein globales. Leider ist in der EU mit dem Scheitern des vorgeschlagenen Bodenschutzgesetzes das Thema Boden weitgehend von der Tagesordnung verschwunden. Allein in Deutschland importieren wir Lebensmittel und Rohstoffe für die Ernährung in einer Flächendimension von bis zu 60 Millionen Hektar.

Was ist daran so schlimm?
Ein konkretes Beispiel sind die Futtermittelimporte aus Südamerika. Dafür werden dort große Flächen benötigt mit zum Teil erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt. Auch die unsägliche Entwicklung des Landgrabbing muss erwähnt werden. Diese friedensgefährdenden Entwicklungen kann man nicht allein durch Verändern des Konsumverhaltens lösen, sondern hier braucht es gesetzliche Rahmenbedingungen, die einen ökologisch sinnvollen Umgang mit den Böden fördern.
 
Inwiefern ist biologischer Landbau Teil der Lösung der Bodenkatastrophe?
Ohne konsequente Ausweitung des biologischen Landbaus werden wir in Sachen Bodenschutz nicht wirklich vorankommen. Eine industrialisierte Landwirtschaft hat in den sogenannten Entwicklungsländern erhebliche negative Auswirkungen auf Sozialstruktur und Arbeitsplätze. Eine zentrale Rolle hat die biologische Landwirtschaft schon allein deshalb, weil sie zeigt bzw. beweist, dass man den Boden nachhaltig nutzen kann, ohne ihn auszunutzen oder gar zu zerstören. Mit den verschiedenen Maßnahmen, allen voran die vielfältigen Fruchtfolgen und der organischen Düngung mit Kompost, kann die Bodenfruchtbarkeit sogar gesteigert werden. Im Übrigen kommt dem biologischen Landbau auch für die Erhaltung der Biodiversität und der Bewältigung der Klimakatastrophe eine entscheidende Rolle zu.

KlausTöpfer ist sich sicher: Ruhestand ist keine Lebensperspektive. Er ist ein früher Förderer des biologischen Landbaus und hat sich dabei vor allem mit seinen internationalen Aktivitäten große Verdienste erworben. Dafür erhielt er zahlreiche internationale Auszeichnungen. Darunter auch den B.A.U.M.-Umweltpreis, den deutschen Nachhaltigkeitspreis sowie den One World „VIP" (Very Impacting Persons) Award der weltweiten Biobewegung und des Bio-Pioniers Rapunzel.

Umwelt | Umweltschutz, 08.03.2021

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Save the Ocean

forum 02/2025 ist erschienen

  • Regenerativ
  • Coworkation
  • Klimadiesel
  • Kreislaufwirtschaft
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
30
APR
2025
Franz Alt: Die Solare Weltrevolution - Aufbruch in eine neue Menschheitsepoche
In der Reihe "Mein Klima… in München"
80331 München und online
07
MAI
2025
MakerCamp Genossenschaften 2025
Genossenschaftliche Lösungen in Wirtschaft, Kommunen und Gesellschaft
65189 Wiesbaden
14
MAI
2025
Klimaschutz im peruanischen Regenwald
Delegierte der Asháninka teilen ihre Perspektiven
80802 München, Seidlvilla
29
JUN
2025
Constellations Week 2025 in Südtirol
Inspiration, Klarheit und Empowerment
I-39010 Tisens-Prissian, Südtirol
Alle Veranstaltungen...

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Sind wir alle viel zu geldfixiert geworden?
Mit Blick auf auf das Börsenchaos überlegt Christoph Quarch, was ein gutes Leben ausmacht
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

BNW begrüßt CDU-Vorschlag

Nachhaltige Mobilität im Personen- und Güterverkehr - Quo Vadis?

Der Einfluss von Digitalisierung auf nachhaltige Geschäftsmodelle

Wie man die perfekte Wohnung für den Start ins Berufsleben findet

Franziskus - er ruhe in Frieden

Aufruf an alle Bildungsinnovator:innen!

Inspiration, Klarheit und Empowerment

CSRD Monitor 2025

Sustainable Finance, forum-Sonderveröffentlichung, Download kostenlos
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • NOW Partners Foundation
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • toom Baumarkt GmbH
  • circulee GmbH
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Engagement Global gGmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Kärnten Standortmarketing
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH