Campaigning kann man lernen:
Ein Interview mit Markus Gohr von 'Protect the Planet'
Gesellschaftliche Veränderungen braucht das Land – gute Kampagnen können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Doch wie wird man eigentlich Campaigner oder Campaignerin? Diesen hochspezialisierten Beruf, in dem Menschen soziale Bewegungen formen und diese für fortschrittliche Politik mobilisieren, kann man nicht lernen – bis jetzt.
In der einjährigen, berufsbegleitenden Ausbildung „Campaigning und strategische Kommunikation" will die Campaigning School Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von NGOs, Vereinen, Stiftungen, politischen Initiativen, Kirchen und Gewerkschaften befähigen, durch wirkungsvolle Kampagnen einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen und somit Politik, Gesellschaft sowie Wirtschaft im Sinne einer ökologisch und sozial nachhaltigen Zukunft zu verändern.
Filantro Fundraising-Echo sprach mit Markus Gohr, Geschäftsführer und Mitgründer von Protect the Planet, über die erste Ausbildung für progressive Politikgestalter und Gestalterinnen.
Herr Gohr, was sind für Sie die gravierendsten Probleme unserer Zeit?

Wie ist die Idee zur Gründung der Campaigning School entstanden? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Das gab es in der Tat. Dorothea Sick-Thies, die Gründerin von Protect the Planet, engagiert sich seit vielen Jahren für die Umwelt, bei der Firma Sick und privat. Als sie im Jahre 2014 vom Global Climate March hörte, kontaktierte sie verschiedene Umweltorganisationen, um sich gegenseitig zu verstärken und mit vereinten Kräften für den Klimaschutz einzutreten. Die Reaktionen waren jedoch sehr verhalten, deutlich spürte sie einen Wettbewerb der einzelnen NGOs. Das ließ ihr keine Ruhe. Im März 2016 lud Protect the Planet dann zu einem NGO-Workshop ein. Unter dem Motto „Handy aus, Kopf auf" sprachen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen an einem runden Tisch über ihre Herausforderungen und Bedürfnisse. Schnell wurde deutlich: Eine umfassende und strukturierte Campaigner- und Campaignerinnen-Ausbildung fehlte. Nach wie vor passiert in diesem Bereich viel durch Learning by Doing, Sommercamps oder interne Praktika. Daraufhin wurde eine Studie in Auftrag gegeben, um den genauen Bedarf zu ermitteln. Aus den Ergebnissen dieser Studie entstand ein Ausbildungskonzept mit Lehrplan und die Campaigning School wurde ins Leben gerufen. Sie ist also im wahrsten Sinne des Wortes aus der Praxis heraus geboren. Das große Interesse aus unterschiedlichen Organisationen, wie auch aus der Fridays-for-Future-Bewegung, zeigt, dass wir damit eine gute Entscheidung getroffen haben.
Was erhoffen Sie sich für unsere Gesellschaft durch dieses neue Berufsbild?
Für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit brauchen wir einen Paradigmenwechsel mit progressiven politischen Vorgaben. Dafür hoffe ich auf ein größeres Netzwerk von Botschaftern, Botschafterinnen und Multiplikatoren mit vielen kreativen Menschen, die Impulse für Veränderungen setzen und mit den richtigen Strategien und Ideen die Zivilgesellschaft mobilisieren. Ich wünsche mir weniger „Ich" und mehr „Wir" und dass NGOs auch als Partner gesehen werden. Dazu gibt es ein schönes Beispiel: Die NGO urgewald ermöglichte einem Amerikaner, der in einem Gebiet mit Mountaintop Removal Mining lebt, wo ganze Bergspitzen für den Kohleabbau weggesprengt werden, Rederecht auf der Hauptversammlung der Allianz AG. Diese hatte in solche Minenfirmen investiert. Als der Mann vor allen Anwesenden vom vergifteten Trinkwasser in seiner Heimat berichtete, konnte man buchstäblich eine Stecknadel fallen hören. In der Folge entstand ein konstruktiver Austausch zwischen urgewald und der Allianz AG, der mitverantwortlich war für einen Kohleausstiegsplan des Versicherers.
Was sollten zukünftige Campaigner und Campaignerinnen mitbringen?
Ein gewisses ehrenamtliches Engagement sollte vorhanden sein. Dazu die Freude, durch kreative Lösungen Veränderung mitzugestalten und andere Menschen dafür zu begeistern, ein Interesse an strategischer Arbeit, sowie die Bereitschaft, sich weiter zu entwickeln. Teamfähigkeit ist eine weitere wesentliche Voraussetzung. Ein Campaigner oder eine Campaignerin sollte sich als politisch denkender Mensch verstehen.
Wie ist die Ausbildung aufgebaut?
Die Campaigner- und Campaignerin-Ausbildung ist eine einjährige berufsbegleitende und praxisorientierte Ausbildung. Sie setzt sich aus Präsenzmodulen zusammen, in denen unter der Anleitung von Trainern die Grundlagen vermittelt werden. Ergänzend bieten wir Webinare mit Experten und Expertinnen, Best-Practice-Talks, einen Praxisaustausch in Regionalgruppen und Exkursionen in ein Kampagnenarbeitsfeld. Zum Abschluss gibt es eine umfangreiche Kampagnenwerkstatt als Praxistest, wo die Teilnehmer und Teilnehmerinnen das Gelernte anwenden können. Selbstverständlich können die Auszubildenden auch Fragen aus ihrer eigenen Berufspraxis mitbringen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, daher ist das Programm sektorenübergreifend angelegt. Das ist das ganz Besondere an der Campaigner- und Campaignerin-Ausbildung: Am Ende haben die Absolventen als Campaigner oder Campaignerin ein tolles Rüstzeug, das vielseitig einsetzbar ist.
Wie sehen die Zukunftschancen für diesen neuen Beruf aus?
Campaigner und Campaignerinnen haben sehr gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Gelungenes Projektmanagement, strategisches Denken und Teamarbeit sind in allen Bereichen gefragte Fähigkeiten. Die Bedeutung des Berufsbildes wird immer größer und die Fähigkeiten, die während der Ausbildung vermittelt werden, sind vielseitig einsetzbar. Außerdem entstehen während der Ausbildung tolle Netzwerke, die durch einen Alumni-Verbund abgerundet werden. Und über allem steht, da spreche ich aus eigener Erfahrung, das großartige Gefühl, etwas Sinnstiftendes zu tun.
Das Filantro Fundraising Echo bedankt sich ganz herzlich für das Gespräch. Das Interview führte Mareike Behrens.
forum Nachhaltig Wirtschaften bedankt sich bei Filantro Fundraising Echo für die Bereitstellung des Interviews.

Weitere Infos: www.campaigningschool.de
Markus Gohr ist Mitbegründer und Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Protect the Planet. Er sieht die Politik in der Klimakrise: „Man muss schon klagen oder sich an Bäume ketten, um auf das wichtigste Problem unserer Zeit aufmerksam zu machen. Die regierende Politik hat die Nähe zu den Menschen verloren und kreist um sich selbst."
Kontakt: Protect the Planet, Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH, Markus Gohr
markus.gohr@protect-the-planet.de | www.protect-the-planet.de
markus.gohr@protect-the-planet.de | www.protect-the-planet.de
Gesellschaft | Stiftungen, 27.04.2020

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