Mais - Ein ökologischer "Hidden Champion" auf dem Feld?
Maisanbau steht in der Kritik, aber die positive Wirkung des Getreides auf die Bodenqualität und seine CO2-Bilanz wird unterschätzt
Maisanbau hat ein zunehmend schlechtes Image. Ein Maisfeld, so lautet das Urteil von Klima- und Artenschützern, sei ökologisch quasi so wertvoll wie ein Parkplatz. Der schwäbische Biolandwirt Christian Matthesius sieht das anders. Er baut Biomais an. Und dieser ist, wie er deutlich machen will, in ökologischer Hinsicht eine verkannte Nutzpflanze im Hinblick auf den Schutz von Klima, Boden und Wasser.

Matthesius kennt die Kritik, in der Mais gemeinhin steht. Maisanbau zerstöre das Landschaftsbild, von einer "grünen Plage" und "Vermaisung der Landwirtschaft" ist die Rede. Und besonders dem Silomaisanbau wird eine zehrende und daher verheerende Wirkung auf den Humusgehalt im Boden nachgesagt.
Doch ausgeglichene Humusbilanzen sind auch möglich, wenn Mais in der Fruchtfolge steht. Die Humusversorgung ist bei Mais besser als bei Hackfrüchten wie Rüben oder Kartoffeln. Ein Grund dafür ist zum Beispiel, dass bei Körner- und CCM-Mais das Maisstroh auf dem Feld liegen bleibt, was zum Humusaufbau beiträgt. Auch ist der Boden meist gut durch organischen Dünger versorgt, da maisanbauende Landwirte oft Tierhaltungsbetriebe bewirtschaften - Mist und Gülle landen wieder auf dem Feld. So auch beim Biobauern Matthesius: "Ich dünge meinen Biomais ausschließlich mit organischen Substanzen, wie Mist, Gülle aus Öko-Tierhaltung oder Kompost. Auf den Boden wirkt sich außerdem positiv aus, dass Mais auswaschungsgefährdete Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoffe sowie im Boden freigesetztes Nitrat aufnehmen und anders als andere Kulturpflanzen noch bis in die späten Sommermonate binden kann."
Auch für viele nützliche Kleinlebewesen wie Blattläuse, Käfer oder Spinnen ist Mais überlebenswichtig. Vor allem in trockenen, heißen Sommermonaten, wenn Raps und Weizen bereits geerntet sind, dient er als Deckung für Wildtiere und wichtige "grüne Brücke" für Insekten. Im Herbst ist er oft der letzte Zufluchtsort für Nützlinge. "Und für Bienen ist auch Mais ein wichtiger Pollenspender", stellt Matthesius klar. "Seine Blüten wachsen allerdings erst in einer Höhe von zweieinhalb bis drei Metern und sind deshalb oft nicht zu sehen."
Im Hinblick auf die immer wertvollere Ressource Wasser ist Mais ein Sparmeister. Seine Eigenschaft, den nächtlichen Tau in seinen Blattachseln zu speichern, wirkt sich bei Mais besonders in den zunehmenden trockenen, heißen Sommermonaten vorteilhaft aus. Was viele nicht wissen: Mais ist ursprünglich eine Pflanze aus den Subtropen. Durch den besonderen C4-Stoffwechsel benötigt Mais weniger Wasser als beispielsweise Weizen, Gerste, Zuckerrüben oder Kartoffeln. Bei hohen Temperaturen kann Mais im Vergleich mehr Biomasse produzieren, liefert also mehr Ertrag.
Die hohe Anbaukonzentration in manchen Regionen, beispielsweise für die Produktion von Biogas, hat zu negativen Folgen für das Ökosystem geführt. Mittels richtiger Anbaumethoden kann Maisanbau in einer positiven Klimabilanz resultieren. Hier helfen eine vielseitige Fruchtfolge, Zwischenfruchtkulturen wie Blühstreifen sowie Untersaaten. So baut auch Matthesius seinen Mais in einer weiten Fruchtfolge mit 5-6 verschiedenen Früchten im Wechsel an und setzt auf eine konservierende Bodenbearbeitung. "Ich befürworte den Maisanbau grundsätzlich", sagt der schwäbische Landwirt, "egal, ob konventionell oder ökologisch." Er selbst hat sich für Biomais entschieden, da er seine Felder nach den Vorgaben des Bioland-Verbands bewirtschaftet und in seiner weiteren Funktion als regionaler Vertriebsmanager für Pioneer um die besonderen Qualitäten von Biomaissaatgut weiß. Lange waren Biobauern beim Anbau von Mais zurückhaltend, aber über die letzten Jahre ist der Absatz von Biomaissaatgut, das etablierte Hersteller wie Pioneer zunehmend auf den Markt bringen, gestiegen. So entdecken auch Ökolandwirte den Nutzen von Mais, nicht nur als ertragreiche Nutzpflanze und ergänzendes Futtermittel, sondern als ressourcenschonenden CO2-Speicher. Denn im Hinblick auf seine CO2-Bilanz ist Mais unabhängig von der Art des Anbaus ein "Hidden Champion". Er kann große Mengen CO2 binden - pro Hektar rund 2,5 Mal so viel wie die gleiche Fläche Wald. Theoretisch kompensiert somit ein Maisfeld dieser Größenordnung den CO2-Ausstoß einer PKW-Fahrt über 60.000 Kilometer. "Ein Maisfeld hat ökologisch definitiv einen höheren Wert als ein Parkplatz", stellt Matthesius fest. "Der Mais ist besser als sein Ruf."
Umwelt | Wasser & Boden, 12.11.2019

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