Nie allein!
Millionen nutzen Mitfahr-Portale

FORUM Nachhaltig Wirtschaften: Die Idee, Mitfahrgelegenheiten professionell im Web anzubieten, wird demnächst zehn Jahre alt. Wie sieht Ihr typischer Nutzer aus?
MFG: Ursprünglich waren es überwiegend Studenten mit einem knappen Budget. Das hat sich jetzt gewandelt. Wir haben noch die Nutzer von damals, aber auch viele Angestellte, die lange Strecken pendeln. Sogar ein paar Rentner sind dabei.
MFZ: Unser User ist definitiv nicht der Rollkragenpullover tragende arme Student, der am Bahnhof in den VW Bully steigt. Wir haben ein ziemlich ausgeglichenes Verhältnis von weiblichen (42 Prozent) und männlichen Nutzern (58 Prozent). Aber ganz klar liegt die Hauptnutzergruppe zwischen 20 bis 39 Jahren aus kleinen Haushalten. Ich denke, es ist ein repräsentativer Schnitt durch die jüngere Gesellschaft.
FNW: Was unterscheidet Ihre Portale voneinander?
MFG: Wir finanzieren uns rein durch die Vermarktung der Seite. Zudem sind wir davon überzeugt, dass unsere Nutzerfreundlichkeit höher ist. Mit wenigen Klicks zum entsprechenden Angebot zu gelangen war nicht zuletzt Motivation, unser Portal zu gründen. Außerdem sortieren wir Anbieter regelmäßiger Mitfahrgelegenheiten konsequent aus. Jeder muss sein Angebot wöchentlich aktualisieren oder er fliegt raus.
MFZ: Ich denke nicht, dass die Portale von der Grundlage her besonders verschieden sind. Allerdings haben wir mehr Communitybausteine integriert: Fahrer und Nutzer können ihre Identität und Vertrauenswürdigkeit unterstreichen, indem Sie ein Profil anlegen und sich gegenseitig bewerten. Alleine über Werbeeinnahmen kann man weder die Entwicklung von neuen Tools, noch eine umfassende Kundenbetreuung, wie wir sie bieten decken. Wir sind schließlich telefonisch erreichbar. Von Nichts kommt eben nichts: Serviceleistung kostet.

FNW: Kooperieren Sie mit Pendlernetzen?
MFZ: Viele haben bei der Mitfahrzentrale versucht, Fahrten einzugeben, die gar nicht überregional sind: die konnten die Kurzdistanzen gar nicht abbilden. Wir haben da bereits 2.000 mit Verkehrsplanern ein regionales Fahrgemeinschaftssystem entwickelt. Regionale Fahrgemeinschaften oder Berufspendler: jeder hätte etwas davon. Allerdings kann das nicht Aufgabe eines kleinen Unternehmens mit 12 Mitarbeitern sein. Wir haben also bei Städten und Kreisen angefragt, bis dann Ende 2002 die ersten Pendlernetze online gingen.
Seitdem hat sich das sehr gut entwickelt. Wir haben mit vielen deutschen Unternehmen geredet. Ford hat beispielsweis ein ähnliches Portal gestartet. Die wollen auch, dass ihre Mitarbeiter kostengünstig pendeln und gleichzeitig der Umwelt so wenig wie möglich schaden. Wir sehen uns hier weniger als Unternehmer, denn als ideeller Ideengeber.
MFG: Es steht zu hoffen, dass durch staatliche Subventionierung von Pendlerzentralen keine Marktverzerrung dergestalt stattfinden wird, dass private, marktwirtschaftlich erfolgreiche Initiativen darunter leiden müssen. Mitfahrgelegenheit bietet seine maßgeschneiderten Lösungen für alle Kommunen und Unternehmen an. Der ideale und denkbar einfache Weg, um effektiv CO2-Emmissionen einzusparen.
FNW: Sehen Sie sich als Konkurrenz zur Bahn?
MFG: Ganz klar nein. Wir kooperieren ja mit der Bahn. Wir haben eine ganz andere Zielgruppe. Bahn ist Luxus, ein teures Reisemittel, das sich unsere Nutzer nicht leisten können oder wollen.
MFZ: Ich sag's mal so: die erhöhen ja gerade wieder die Preise, während gleichzeitig die Profite steigen. Klar ist auf der einen Seite für die meisten Leute die Kostenersparnis der ausschlaggebende Faktor, viele ehemalige Bahnkunden denken dann mal über Mitfahrgelegenheiten nach.
FNW: Wie werden sich Ihre Portale weiter entwickeln?
MFG: Wir planen Ende 2007 einen Relaunch der Inter?netpräsenz. Wir werden Anbieter und Nutzer von Mitfahrgelegenheiten transparenter machen. Dies ist zwar komplizierter als bei ebay, da unsere Nutzer ja offline die Fahrt buchen, aber wir sind sicher, dass wir das lösen können. Außerdem werden wir das Angebot internationalisieren und auch Kurzfahrten anbieten.
MFZ: Meine Vision ist ganz klar, die Mobilität in Deutschland nachhaltig zu verändern. Das Umdenken findet im Bewusstsein statt: Kostensteigerung, Klimawandel. Das hat Auswirkungen auch auf die Mobilität. Eine Mitfahrgelegenheit zu nutzen oder anzubieten heißt: Ich habe erkannt, wie ich mit diesen Auswirkungen kreativ umgehen kann. Millionen von Pendlern und Individualreisenden nutzen uns noch nicht.

MFZ: Einige versuchen hier schnell Kasse zu machen und bieten regelmäßig mit Kleinbussen zu überhöhten Preisen Mitfahrgelegenheiten an. Leider sind uns da ein bisschen die Hände gebunden. Aber wir sperren die Accounts und führen Blacklists.
MFG: Unsere Erfahrung - und die blacklist - zeigen, dass solche Vorfälle im Promillbereich liegen. Ganz klar setzen wir alles daran, das zu verhindern und wenn ein Verweis vom Portal nicht nützt, also sich der Nutzer unter anderem Namen und Kennzeichen anmeldet, dann arbeiten wir auch mit den Behörden zusammen.
FNW: Und Sie selbst? Nutzen Sie immer noch die Möglichkeit der Mitfahrgelegenheit?
MFG: Klar machen wir das weniger als während des Studiums, aber was gibt es Besseres, als seine eigenen Kunden inkognito zu testen? Außerdem reisen wir nicht mehr so viel. Zum Teil haben wir Familie und auch die Arbeit bindet uns örtlich.
MFZ: Ich habe jetzt selbst eine Familie, da ist das Auto fast immer voll. Mitfahrgelegenheiten bildet man in manchen Lebensphasen mehr als später. Ich habe das auf dienstlichen wie beruflichen Fahrten häufig gemacht, so konnte ich sogar eine meiner heutigen Mitarbei?ter?innen kennenlernen.
FNW: Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Quelle: Redaktion Nachhaltig Wirtschaften
Technik | Mobilität & Transport, 16.12.2007

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