Männer und Frauen…

…müssen eine gemeinsame Sprache finden

Karin Nordmeyer ist Vorsitzende des Deutschen Komitees für UN Women. Auf der „She Means Business", der Konferenz für Frauen in der globalen Veranstaltungs-Branche, präsentierte sie ihre Sicht der Gleichstellung von Männern und Frauen. forum Gastautorin Tanja Knecht befragte sie, welche Schritte nötig sind, um die Chancengleichheit in Wirtschaft und Gesellschaft zu realisieren. 

Frau Nordmeyer, die Umfrage „Frauen in der Event-Industrie hat ergeben, dass es noch immer zu wenige Frauen in Führungspositionen gibt, obwohl dies eine stark weiblich geprägte Branche ist. Wo sehen Sie angesichts dessen Gesprächs- und Handlungsbedarf zwischen Männern und Frauen?
© UN Women
Es muss im Denken der Männer ankommen, dass Frauen häufig andere Mittel und Wege nutzen möchten, um ihre Ziele, Visionen und Ideen durchzusetzen. Da Männern und Frauen eine unterschiedliche Wahrnehmung haben, sollten Männer erkennen, dass es nicht nur „ihren", den „männlichen Weg" gibt, das Leben und darin die Arbeit zu gestalten. Als weiblichen Appell würde ich dies so formulieren: „Männer, hört mir zu und nehmt meine Ideen und Vorstellungen wahr und bewertet sie als weitere, zusätzliche Möglichkeit. Denkt auch in anderen, in neuen Bahnen!"

Wie kommen Sie zur Auffassung, dass Männer und Frauen unterschiedlich kommunizieren und wahrnehmen?
Ich erinnere mich an Konferenzen, wo ich Ideen einbrachte, die nicht auf Gehör stießen. Einige Minuten später formulierte ein Mann in „männlicher Sprache" dieselbe Idee – und stieß auf Interesse. Das darf nicht sein! Hier müssen wir an der Wahrnehmung arbeiten. Diesen Wirkungsmechanismus zu „knacken", halte ich für sehr wichtig.

Müssen sich nicht auch die Frauen für die männlichen Sichtweisen öffnen?
Sie müssen vor allem die Denkweise, die sie von den Männern übernommen haben, ablegen. Denn unterbewusst färbt im Business bisher die männliche Denkweise auf die Frauen ab. In der Folge verhalten sich Frauen noch „tougher" als Männer, um sich Gehör zu verschaffen.

Hier möchte ich Frauen ermutigen, ihre Ideen, Vorstellungen und Visionen nicht unter den Tisch fallen zu lassen, sondern ihre Ideen voranzubringen. Liebe Frauen: Glaubt an eure Stärken und gestaltet eure Vorhaben!

Können Sie uns ein Beispiel dafür geben, inwiefern die weibliche Arbeit unterbewertet wird?
Ja. Sehr oft hören wir den im männlichen Selbstverständnis zum Familienbild verankerten Satz: „meine Frau arbeitet nicht" – der eigentlich nur aussagt: meine Frau ist nicht erwerbstätig. Diese missverständlichen Äußerungen sind strukturelle Hürden im Denken, die wir überwinden müssen.

Können Sie uns mehr zu den Women’s Empowerment Princi­ples von UN Women erzählen?
Die Women’s Empowerment Principles sind sieben Grundsätze zur Stärkung von Frauen in Unternehmen (siehe Kasten). Über 1.700 CEO’s weltweit haben diese Selbstverpflichtungserklärung bereits unterzeichnet. Diese Prinzipien sind ideale Ansatzpunkte für alle Branchen, da sie darauf abzielen, Strukturen und Wirkungsmechanismen so zu verändern, dass Frauen die Möglichkeiten bekommen, ihr „full potential" einzubringen.

Wie kann das funktionieren?
Der Weg dahin geht darüber, die Kommunikation von Frauen und Männern auf Augenhöhe, also auf einem gemeinsamen „Level" zu ermöglichen. Die bestehende Sprache in den vorhandenen Führungsebenen ist eine sehr männliche – das wollen wir ändern. Der weitere Schritt ist es dann, Frauen zu ermutigen und zu fördern, diese neuen veränderten Strukturen auch zu nutzen. Diese Abfolge ist elementar wichtig. Unsere „Women Empowerment Principles" können in jede Branche transportiert werden.

Was halten Sie von einer Frauen-Quote in Unternehmen?
Ich finde die Frauen- Quote ist ein sehr wichtiger Türöffner und ein effizientes Vehikel. Sie ist nicht á priori ein Wundermittel, sondern dient dazu, das Denken und das Handeln schneller zu verändern.

Hatten Sie in ihrer beruflichen Laufbahn eine Mentorin oder einen Mentor?
Nein. Jedoch hatte ich diese sehr wohl im gesellschaftlichen Umfeld. Ich stamme aus der Kriegsgeneration. Meine Mutter und meine Großmutter haben sich immer wie selbstverständlich für andere Menschen eingesetzt und mir damit vorgelebt, wie ein gutes, respektvolles Miteinander aussehen kann. Das waren meine Vorbilder.

Nun sind sie selbst Mentorin für Frauen, speziell auch von jüngeren Frauen.
Ja, ich selbst fördere junge Frauen und auch junge Männer, wo ich kann, und bin gerne Ratgeberin. Gerade weil ich selbst keine(n) Mentor(in) hatte, möchte ich meine Erfahrungen und Ideen weitergeben. Ich sehe, in welch großen Zwängen junge Frauen und junge Männer heute sind. Gerade die Orientierung, das Finden des eigenen beruflichen Weges, empfinde ich für Frauen heute als besonders große Herausforderung. Hatten wir früher einen Mangel an Möglichkeiten, so herrscht heute ein „Multioptions-Dilemma".

Verändert sich bei Frauen auch das Verständnis von Führung?
Wenn es um Führung geht, muss uns klar werden, dass sich dieser Begriff sehr stark verändern wird. Führung wird sich nicht mehr nur in hierarchischen Systemen darstellen. Angesichts der Globalisierung und Digitalisierung sehe ich ganz neue Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit für uns Frauen. Wir bekommen immer mehr Gelegenheiten, zeit- und ortsunabhängig bezahlt zu arbeiten. Dies ist eine riesige Chance!

Die Women’s Empowerment Principles
Unternehmerische Verantwortung für Gleichstellung von Frauen
Die Staats- und Regierungschef*in­nen der G7 haben in Elmau im Juni 2015 Unternehmen weltweit dazu aufgerufen, die Women’s Empowerment Principles (WEPs ) in ihre Geschäftstätigkeit zu integrieren.

Die WEPs sind eine gemeinsame Initiative von UN Women und UN Global Compact. Es ist die erste weltweite Initiative, die gezielt das Thema Förderung und Stärkung von Frauen in Unternehmen aufgreift. Sie richtet sich an Unternehmen und umfasst 7 Grundsätze zur Stärkung von Frauen in Unternehmen.
Was möchten Sie gerne weitergeben – sei es beruflich, im sozialen Umfeld und auch als Vorsitzende des Deutschen Komitees für UN Women?
Meine Bitte, an (junge) Frauen ist: Unterzieht euch der großen Mühe, genau und sorgfältig zu überlegen: Was möchte ich bewirken. Und fragt euch: was kann ich? Und: wo und wie kann ich meine Kenntnisse am effektivsten und sinnerfülltesten einsetzen? Daraus entwickelt sich dann eine Idee, die es umzusetzen gilt. Ich bin mir wohl bewusst: es ist ein durchaus schwieriger und manchmal auch schmerzhafter Prozess, das eigene Potenzial zu erkennen und herauszuarbeiten. Doch ich rate allen Frauen: „Macht euch diesen Stress! Recherchiert, schaut nach, verwerft Ideen, sucht euch Vorbilder!" Es kommen auf diesem Weg viele Stolpersteine. Man kann sie übersteigen, wenn man sich über seine Fähigkeiten und Zielvorstellungen klar wird, wenn man sich einen „roten Faden" erdenkt. Nicht für alle sind Führungspositionen erstrebenswert, auch andere berufliche Positionen sind wertvoll! Vielleicht sind es ja die unbezahlten Ehrenamtsfunktionen im sozialen Feld, die einem Erfüllung geben, oder man kommt zum Schluss, ein klassisches Rollenmodell leben zu wollen. Oder aber es entwickelt sich ein ganz neues Modell – mit oder auch ohne Kinder.

Frau Nordmeyer, wir danken für das Gespräch


Karin Nordmeyer ist Vorsitzende des Deutschen Komitees für UN Women und Beraterin zum Thema Frauenrechte/ Menschenrechte in verschiedenen nationalen und internationalen Gremien.


Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 01.12.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2018 - Frauen bewegen die Welt erschienen.
     
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