Kohlefasern aus Treibhausgas

Wie man mit Algen die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre nachhaltig senken könnte

Zusammen mit Forscherkollegen haben Münchner Chemiker einen Prozess entwickelt, der nach ersten Berechnungen eine wirtschaftliche Entfernung des Treibhausgases Kohlendioxid aus der Atmosphäre ermöglichen könnte. Der aktuellste Weltklimareport (IPCC Special Report on Global Warming of 1.5 °C) hält das Verfahren für global relevant.

Die Armierung mit Kohlefasern verleiht der Platte aus Granit eine extrem hohe Festigkeit und ermöglicht damit völlig neue, effiziente Konstruktionen. Im hintergrund Algen-Kulturen im Labor von Prof. Thomas Brück. © Andreas Battenberg / TUMUm die Erderwärmung wenigstens noch halbwegs eindämmen zu können, besteht akuter Handlungsbedarf. In diesem Zusammenhang weist der aktuelle Weltklimabericht auf eine Technologie von Chemikern der TU München hin, die als Möglichkeit einer Netto-Kohlenstoffsenke das Problem der Aufheizung der Atmosphäre quasi an der Wurzel packt. 

Algen verwandeln dabei Kohlendioxid aus der Atmosphäre, aus Kraftwerken oder Abgasen der Stahlindustrie in Algenöl. In einem zweiten Schritt werden daraus wertvolle Carbonfasern erzeugt – und das auch noch wirtschaftlich, wie erste Analysen zeigen. 

Ein klimaneutrales Verfahren
Wichtige technologische Grundlagen legten Professor Thomas Brück und sein Team am Algentechnikum der TU München. Die dort untersuchten Algen erzeugen nicht nur Biosprit, sondern aus ihnen lassen sich auch sehr effizient Polyacrylnitrilfasern (PAN) herstellen. Die Energie von Parabol-Sonnenspiegeln verkohlt anschließend die PAN-Fasern CO2-neutral zu Kohlefasern.

Mit diesen lassen sich leichte und hochfeste Werkstoffe herstellen. Am Ende des Lebenszyklus der Carbonfasern könnte man diese in leere Kohleflöze einlagern und entzöge damit die entsprechenden Kohlendioxid-Äquivalente dauerhaft der Atmosphäre. 

Ein klimafreundliches Wirtschaftsmodell
Ein Träger aus beidseitig mit Kohlefasern verstärktem Granit ist tragfähig wie Stahl, leicht wie Aluminium und extrem haltbar. © Kolja Kuse / TechnoCarbonTechnologies GbRBrücks Kollegen Prof. Dr.-Ing. Uwe Arnold und Dipl.-Ing. Kolja Kuse prüften auch die wirtschaftliche Seite, die technischen Anwendungsmöglichkeiten und die Umweltbilanz des gesamten Prozesses. „Das ist ein neues, klimafreundliches Wirtschaftsmodell, bei dem wir gängige Verfahren sinnvoll mit Innovationen kombinieren", sagt Arnold.

„Stellt man aus Kohlendioxid Kunststoffe her, so ist es über die Müllverbrennungsanlage nach wenigen Jahren Nutzung schnell wieder in der Atmosphäre", sagt Kolja Kuse. „Mit der sicheren Einlagerung am Ende entziehen wir der Atmosphäre das Kohlendioxid auf Jahrtausende. Damit sind wir auch der Abtrennung und Speicherung von CO2 in der Erde (Carbon Capture and Storage, CCS) eindeutig überlegen."

Die Kohlefasern aus Algen unterscheiden sich nicht von herkömmlichen Fasern und können daher in allen bereits bestehenden Prozessen eingesetzt werden. Ein weiteres wichtiges Einsatzfeld ist die Bauindustrie, die für einen erheblichen Teil des weltweiten Kohlendioxidausstoßes verantwortlich ist. 

In Baustoffen können Kohlefasern Baustahl ersetzen. Dank ihrer Festigkeit sparen sie Zement, und aus mit Kohlefasern verstärktem Granit lassen sich sogar Träger herstellen, die bei gleicher Tragfähigkeit wie Stahl so leicht wie Aluminium sind.

Algenfarmen von der Größe Algeriens
Brück will nun die Algentechnologie weiterentwickeln. Großanlagen seien in Südeuropa und Nordafrika denkbar. „Das System ist leicht auf große Flächen skalierbar", sagt Brück. „Weltweit ließen sich Anlagen von in Summe der Größe Algeriens bauen und so CO2-Emissionen aus Industrie und Landwirtschaft ausgleichen." 

Vorwürfe, man würde wie beim Biogas mit landwirtschaftlichen Flächen konkurrieren, weist Brück zurück. „Die Salzwasser-Algen gedeihen idealerweise in sonnenreichen Gegenden. Beispielsweise in Nordafrika gibt es genügend Flächen, auf denen Landwirtschaft nicht sinnvoll ist."

Kontakt: Prof. Dr. Thomas Brück, Technische Universität München

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 12.11.2018

     
Cover des aktuellen Hefts

Jede Menge gute Nachrichten

forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2024 mit dem Schwerpunkt "Der Weg zum Mehrweg – Transport und Logistik"

  • Circular Cities
  • Kllimagerecht bauen
  • Kreislaufwirtschaft für Batterien
  • ToGo-Mehrwegverpackungen
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
13
MAI
2024
IFAT Munich 2024
Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft
81823 München
10
JUN
2024
ACHEMA 2024 - Freitickets für forum-Leser!
Weltforum und Internationale Leitmesse der Prozessindustrie
60327 Frankfurt am Main
24
SEP
2024
Climate-Neutral Strategies and Resource Management 2024
Sharing Corporate Climate-Neutral Best Practices for a Sustainable Future
60598 Frankfurt
Alle Veranstaltungen...
Fritz Lietsch, CEO ALTOP-Verlag: Meet me at DIGISUSTAIN

Politik

Rückwärtsgewandte Alte-Weiße-Männer-Politik
Christoph Quarch wünscht sich von der FDP eine zeitgemäße und zukunftsfähige Version des Liberalismus
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Rückwärtsgewandte Alte-Weiße-Männer-Politik

Strategisches Diversity Management

Mikrowechselrichter für kleine Solaranlagen mit 4 Solarmodulen für eine einfachere Installation via Bluetooth-Unterstützung

Ziel übertroffen: Klima-Initiative „Morgen kann kommen“ stiftet 1,1 Millionen Bäume für den deutschen Wald

RIGK auf der IFAT 2024:

Nachhaltig beleuchten: 5 Gründe für LED statt Halogen

Recruiting: weibliche Talente für männerdominierte Branchen

Ein Gruß zum Tag der Erde

  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Kärnten Standortmarketing
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • toom Baumarkt GmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • circulee GmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Global Nature Fund (GNF)