BIOFACH 2025

Marktwirtschaft ohne Kapitalismus

Werner Onkens Buch entwirft Grundlinien einer neuen Sozialutopie

In einem neuen, monumentalen Buch erläutert Werner Onken eindringlich das Dilemma des Kapitalismus und zeichnet ideengeschichtlich Lösungen nach.

© kalhh, pixabay.comSeit dem Niedergang des Sowjetimperiums 1989 triumphierte der westliche Kapitalismus als Sieger im Wettkampf der Systeme. In Wirklichkeit war er jedoch nur übriggeblieben. Lösungen der sozialökonomischen, ökologischen und weltpolitischen Probleme bot er nicht. Was weit und breit immer noch fehlt, ist eine neue große Sozialutopie, die über eine bloße Verwaltung des Status quo hinausweist.
 
Die große Hoffnung hat sich nicht erfüllt
In diesem Sinne unternimmt Werner Onken einen breit angelegten Versuch, ideengeschichtliche und politische Grundlinien einer neuen Sozialutopie zu entwerfen. Zu Beginn seines Buches erinnert er an die große Hoffnung von Humanisten, Aufklärern und klassisch-liberalen Ökonomen auf die Entwicklung einer egalitären bürgerlichen Gesellschaft mit breit gestreutem Eigentum und monopolfreien Märkten. Die seitdem realisierten Wirtschaftssysteme und sowohl die vorherrschenden wie auch die kritischen ökonomischen Theorien entwickelten sich jedoch allesamt in den Bahnen von marktbeherrschender Kapitalakkumulation und Konzentration in privaten und staatlichen Händen. Die Folgen: Krisen, soziale Ungleichheit, koloniale Expansionen, Kriege, Abstürze von Demokratien in Diktaturen sowie Wachstumszwang und Naturzerstörung.
 
 
Schlicht übersehen: Die Rolle des Geldes
Onken zeichnet dabei die Entwicklung von einflussreichen ökonomischen Theorien und Ideologien nach. Er zeigt, wie diesen zumeist ein kritischer Blick auf zwei Schlüsselprobleme fehlte. Indem sie nämlich erstens das Geld als ein neutrales Tauschmittel betrachteten, übersahen sie dessen Doppelrolle: als Tauschmittel zum einen und als Mittel zur Ausübung von struktureller wirtschaftlicher und politischer Macht zum anderen. Und sie übersahen zweitens, dass dieses Geldsystem mit seiner automatisch immer größer werdenden Akkumulation und Konzentration von Realkapital zwangsweise zur Ausbeutung unserer natürlichen Lebensgrundlagen führt.
 
Zwar finden die sozialen und ökologischen Folgen der kapitalistischen Marktwirtschaft viel Beachtung in Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Aber die Grundstruktur dieses Wirtschaftssystem, die auf der Akkumulation von Geld-, Boden- und Realkapital beruht, wird kaum in Frage gestellt. Stattdessen versucht die Politik, die einhergehenden Krisen durch Symptombehandlungen und technologische Innovationen zu bekämpfen.
 
Ansätze für eine zweite große Transformation
Dabei gibt es im Schatten der großen ökonomischen Theoriegebäude unkonventionelle Denkansätze, die eine Beschränkung des Geldes auf seine dienende Funktion und eine Behandlung der natürlichen Lebensgrundlagen als Gemeinschaftsgüter anstreben. Ihre Vordenker suchten Mittel und Wege zu einer breiten Dezentralisierung des bislang akkumulierten und konzentrierten Geld-, Boden- und Realkapitals. Ihr Ziel war eine zweite große Transformation der kapitalistischen Marktwirtschaft in eine monopolfreie, gerecht geordnete „Marktwirtschaft ohne Kapitalismus", mit einer egalitär-genossenschaftlichen anstelle einer hierarchisch-kapitalgesellschaftlichen Arbeitswelt und mit einer Einebnung der Geschlechterhierarchie.
 
Wie könnte eine solche „Marktwirtschaft ohne Kapitalismus" ohne weiteres Wirtschaftswachstum stabilisiert werden? In der Antwort auf diese Frage schließt Onken auch Überlegungen zur europäischen Integration und zu einer Überwindung des Nord-Süd-Gefälles ein. Zuletzt gibt er Hinweise auf offene Forschungsfragen (zum Beispiel Auswirkungen einer Negativzinspolitik), die zur Weiterentwicklung der Denkansätze anregen sollen.

Werner Onken: 

Marktwirtschaft ohne Kapitalismus.

Von der Akkumulation und Konzentration in der Wirtschaft zu ihrer Dezentralisierung.
oekom Verlag, 3 Bände, 2022.

 
Auf der Website des Autors werner-onken.de gibt es eine 17-seitige Zusammenfassung des Buches.
 
Alrun Vogt ist festes Mitglied der forum-Redaktion

Wirtschaft | Ethisches Wirtschaften, 16.03.2024

     
Cover des aktuellen Hefts

Der Zauber des Wandels

forum 04/2024 ist erschienen

  • Windkraft
  • Zirkuläre Produkte
  • Tax the Rich
  • Green Events
  • Petra Kelly
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
05
NOV
2024
CIRCULAZE Night & Summit 2024
2 Days home of the Circular Economy Ecosystem - Ticket-Verlosung und -Rabatt für forum-Leser*innen!
85609 München/Aschheim
08
NOV
2024
KI-KreativWerkstatt
Die neuen KI-Tools für Autor*innen, Journalist*innen, Texter*innen, Marketer und Kreative
81739 München und online
14
NOV
2024
Menschen, Organisation und Purpose verbinden
Purpose-Match Grundkurs - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
Alle Veranstaltungen...
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

"Wer die Demokratie retten will, muss den Willen zur Macht eindämmen."
Christoph Quarch analysiert die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen aus philosophischer Perspektive
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

17. Deutscher Nachhaltigkeitspreis (DNP) für Unternehmen

Pioniergeist in der Garage

Finalisten des ISC3-Awards

Nachhaltig Weihnachten feiern

17. Deutscher Nachhaltigkeitspreis (DNP) prämiert die besten Ideen für erfolgreichen Wandel.

Tanzschuhe: Dein Partner für jede Tanzfläche

Gemeinsam für unsere Demokratie - Tollwood Winterfestival 2024, 26. November bis 23. Dezember in München

Von Demokratieförderung bis zu sozialem Ausgleich?

  • Kärnten Standortmarketing
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • circulee GmbH
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Engagement Global gGmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Global Nature Fund (GNF)
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH