Wir wollen Leuchtturm-Projekte schaffen

Thomas Bauer im forum-Interview

Nachhaltiges Investment ist nicht nur mit den grünen Fonds der Big Player möglich. Die OEKOGENO eG ermöglicht es, das Ersparte zu vermehren und dabei soziale und ökologische Projekte zu finanzieren. forum traf Thomas Bauer, Leiter der PR-Abteilung bei OEKOGENO und ehrenamtlicher Vorstand der BUND-Ortsgruppe in Freiburg, zu einem Gespräch über Genossenschaften, gesellschaftlichen Wandel und das grüne Potenzial der Region um Freiburg.

Hallo Thomas! Was ist die OEKOGENO-Genossenschaft und wofür steht sie?
Thomas Bauer ist Leiter der PR-Abteilung bei OEKOGENO und ehrenamtlicher Vorstand der BUND Ortsgruppe in Freiburg. Nach seinem Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Anglistik und Politikwissenschaften hat er sowohl in Hochschulen als auch Agenturen gearbeitet, bevor er anfing, sich bei OOEKOGENO für eine solidarische, ökologische und soziale Welt einzusetzen. © oekogenoDie OEKOGENO besteht aus knapp 20 Mitarbeitenden in Freiburg und 15.700 Mitgliedern deutschlandweit. Wir fördern überregionale Projekte in den Bereichen erneuerbare Energien und soziales Wohnen. Das Erfolgsprinzip ist das Direktinvestment: Mitglieder leihen uns ihr Geld, wir setzen damit Projekte um und die Mitglieder werden mit einer Dividende belohnt. Bei den erneuerbaren Energien bauen wir beispielsweise Solarparks oder Windräder, die durch den produzierten Strom eine Rendite abwerfen. Für unsere sozialen Wohnprojekte werden vor Ort einzelne Genossenschaften gegründet, in die zukünftige Bewohner*innen und Fördergenoss*innen eintreten. Die Fördergenoss*innen erhalten eine jährliche Dividende. Je besser die Genossenschaft wirtschaftet, umso höher fällt diese aus. Bei allen unseren Wohnprojekten bauen wir Wohnungen für Menschen mit Behinderungen, so dass hierbei inklusive Wohngemeinschaften entstehen.

Man kann sein Geld auch bei der OEKOGENO selbst anlegen. Dort gibt es auf die Genossenschaftsanteile keine Dividende. Allerdings hat man die Möglichkeit, ein Mitgliederdarlehen zu zeichnen, das in der Regel einen jährlichen Zins zwischen zwei und vier Prozent erwirtschaftet. Diese Mitgliederdarlehen können auch bei den einzelnen Projektgenossenschaften erworben werden.
 
Soziale und ökologische Ziele verfolgen und dabei auch noch eine Rendite erhalten, klingt das nicht zu schön, um wahr zu sein?
Unsere Mitglieder investieren bei uns das Geld, da sie von den Inhalten der Projekte überzeugt sind, und wollen, dass ihr Geld sinnvolle Tätigkeiten finanziert. Die zusätzliche Aussicht auf eine Rendite macht die Investition wirtschaftlich interessant. Wenn jemand die maximale Rendite aus seinem Geld herausholen will, ist er bei uns an der falschen Adresse. Außerdem besteht immer auch ein Restrisiko für Anleger*innen, vor allem bei den Wohnprojekten. Wenn beispielsweise das Projektmanagement nicht optimal läuft oder die Baukosten steigen, kann es passieren, dass ein Projekt keine Rendite für die Förderer abwirft. Bisher ist es uns allerdings gelungen, bei allen Projekten rentabel zu wirtschaften.

Wie definiert ihr euren Erfolg?
Das kommt auf den Geschäftsbereich an. Bei den erneuerbaren Energien ist es eindeutig. Je mehr nachhaltigen Strom wir produzieren, desto besser. Bei den Wohnprojekten wiederum ist das nicht immer quantitativ messbar. Ein großer Erfolg für uns und die Menschen vor Ort ist eine funktionierende Hausgemeinschaft, in der Menschen mit Behinderungen integriert sind. Unser Konzept geht nur dann auf, wenn die Bewohner*innen unserer Wohnprojekte es annehmen. Erfolg bedeutet für uns auch, wenn örtliche Baugenossenschaften unsere Konzepte übernehmen. Wir wollen Leuchtturmprojekte schaffen und regional zeigen, wie man solche sozialen Wohnprojekte umsetzen kann – nämlich genossenschaftlich organisiert, energieeffizient gebaut und inklusiv.

Warum habt ihr euch für die Rechtsform der Genossenschaft entschieden?
Dazu muss ich ein wenig ausholen und kurz etwas über unsere Geschichte erzählen. Die OEKOGENO ist aus der Ökobank entstanden, der ersten ökologischen Bank in Deutschland. Diese wurde Anfang der 1980er Jahre in Frankfurt als Genossenschaft gegründet, mit dem Ziel, eine ökologische und transparente Bank ins Leben zu rufen. 2003 wurde das Bankengeschäft nach wirtschaftlich schwierigen Jahren an die GLS Bank verkauft. Die Genossenschaft aber blieb bestehen und ihre Mitglieder beschlossen, mit dem verbliebenen Stammkapital soziale und ökologische Projekte zu fördern. Da viele der Gründer*innen der Ökobank aus der Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung kamen, war es naheliegend, sich für eine demokratische Rechtsform wie die der Genossenschaft zu entscheiden.
 
„Der ideale Wohnbau ist genossenschaftlich organisiert, energieeffizient gebaut und inklusiv."  

Unsere Projekte, wie die Genossenschaft selbst, sind auf Prinzipien der Kooperation, Beteiligung und Transparenz ausgelegt. Wir wirtschaften für unsere Mitglieder. Diese haben ein Stimmrecht auf unserer jährlichen Hauptversammlung und die Möglichkeit, jederzeit Auskünfte über die OEKOGENO und unsere Arbeit zu erhalten.

Verfolgt ihr als Unternehmen ein bestimmtes Ziel?
Wir wollen in erster Linie gute und sinnvolle Projekte machen. Wachstum und Profit dürfen nicht an erster Stelle stehen. Natürlich müssen wir solide wirtschaften, um den Betrieb zu erhalten, aber vor allem sollte es um den Sinn der Tätigkeit und nicht die Gewinnmaximierung gehen. Ich denke, diese Philosophie wird von der gesamten Belegschaft vertreten, auch von den Vorständen.

Was sind konkrete Auswirkungen, die man durch eure Projekte in der Region sehen kann?
Unsere Auswirkungen sind häufig vor Ort durch Beispielgebung und Nachahmungen sichtbar. Überall, wo wir Wohnprojekte umsetzen, werden wir von Nachbarkommunen angesprochen, die freie Flächen zu vergeben haben und ähnliche Projekte entstehen lassen wollen. Je mehr solcher Projekte realisiert werden, desto deutlicher wird unser Einfluss sichtbar.

Ist ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen deiner Meinung nach ein Modell für die Zukunft?
Auf jeden Fall! Ob das jetzt in allen Bereichen funktionieren kann, weiß ich nicht. Ich denke, Genossenschaften können dazu beitragen, gemeinschaftlicher zu denken und Aufgaben als Gesellschaft gemeinsam anzugehen. Diese Eigenschaften halte ich für sehr wichtig in Bezug auf die Herausforderungen der Zukunft. Wir merken auch, dass bei den Bürger*innen ein enormes Interesse besteht, sich an gemeinschaftlichen Projekten zu beteiligen. Beispielsweise haben wir für unser aktuelles Wohnprojekt in Südhessen auf 30 zu vergebende Wohnungen zwischen 400 und 500 Anfragen erhalten.

Du bist Vorstand der BUND-Ortsgruppe Freiburg, daher würde ich auch gerne über die Stadtentwicklung sprechen. Die Stadt Freiburg verfolgt sehr ambitionierte Nachhaltigkeitsziele, wie beispielsweise eine Halbierung der Gesamtemissionen bis zum Jahr 2030 (im Vergleich zum Jahr 1992). Sind solche Ziele mit der aktuell vorherrschenden Wirtschaftsweise erreichbar?
Wenn man der Berichterstattung zur Stadtpolitik folgt, in Bezug auf den Flächennutzungsplan, geht es vordergründig immer darum zu wachsen – seien es steigende Einwohnerzahlen, mehr Tourismus oder mehr Gewerbegebiete. Diese Wachstumsrhetorik ist in Freiburg, trotz des grünen Images der Stadt, omnipräsent. Ich denke, man muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass mehr immer auch besser ist. Vor allem die Parameter, mit denen wir wirtschaftlichen Erfolg messen, müssten sich ändern.

Allerdings stellt sich natürlich auch die Frage, inwiefern die Stadt Freiburg überhaupt agieren und eine nachhaltige Entwicklung beeinflussen kann. Ich würde mir wünschen, dass Freiburg wieder verstärkt einen Vorbildcharakter einnimmt. Das bedeutet für mich, alles zu versuchen, was im Rahmen der Kommunalpolitik möglich ist. Den Eindruck habe ich aktuell leider überhaupt nicht.
 
Wie sieht ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell deiner Meinung nach aus?
Ich halte den Ansatz der Gemeinwohlökonomie für sehr vielversprechend. Ein Modell, in dem ökologische, soziale und wirtschaftliche Faktoren ganzheitlich erfasst und bewertet werden. Wir sind bereits Mitglied in der GWÖ-Regionalgruppe, haben es aber leider bisher noch nicht geschafft, eine GWÖ-Bilanz zu erstellen. Eigentlich würde das sehr gut zur OEKOGENO passen, hoffentlich gelingt uns das im nächsten Jahr.

Haben die Regionen Freiburg und Südbaden denn das Potenzial, eine Vorreiterrolle im Bereich des zukunftsfähigen Wirtschaftens einzunehmen?
Auf jeden Fall! Das liegt vor allem an den vielen Akteur*innen, die hier in grünen und sinnvollen Projekten tätig sind. Ich denke dabei an größere Akteure wie das Fraunhofer Institut oder auch kleinere Betriebe, die eine grüne Vision verfolgen. Deshalb hat die Stadt das Image der Green City erhalten, und weniger wegen der progressiven Stadtpolitik. Hier gibt es eine kritische Masse an nachhaltig denkenden Menschen. Von daher glaube ich, dass die Region in dem Punkt eine besondere ist und deshalb auch etwas erreichen kann.

Lifestyle | Geld & Investment, 01.06.2021
Dieser Artikel ist in In einer Zeit, in der Angst Einzug in der Gesellschaft hält, macht forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2021 Mut. - Sicher!? erschienen.
     
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