Die Kraft einer Vision

Einer der wichtigsten Gestalter des 20. Jahrhunderts war Robert Jungk.

 

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Er stritt für ein atomwaffenfreies Deutschland, die Abschaffung der Atomenergie und die Entwicklung lebenswerter Zukünfte. In seinen Zukunftswerkstätten scharte er junge Menschen um sich und ermutigte sie, aktiv die Zukunft zu formen. 

 

Aus dem neuen Buch „Zukunft gewinnen"

Robert Jungk war Sprachrohr einer Generation. Seine Bücher und Zukunftswerkstätten bewegten Menschen jeden Alters und immer wieder reihte er sich in vorderster Front ein, wenn es galt, für eine friedvolle und lebenswerte Zukunft zu kämpfen. Foto: © JBZ-ArchivIn der Umweltbewegung der 1970er-Jahre war für mich und meine Generation der Bericht des Club of Rome das Fundament für unsere Diskussionen. Auf einer begrenzten Erde kann es auf Dauer kein grenzenloses Wachstum geben: Sowohl die  Ressourcen, als auch die Aufnahmefähigkeit der Erde stoßen an ihre Grenzen. Heute ist das scheinbar jedem klar, aber damals musste ich ständig erklären, warum wir zu viel aus dem Boden holen und zu viel in die Luft pusten.

In der Umwelt- und Friedensbewegung war uns schon frühzeitig klar, dass der Kampf gegen die Atomkraft sowohl den militärischen Einsatz als auch die zivile Nutzung der Atomtechnologie in Frage stellen musste. Es sind bis heute zwei Seiten einer Medaille. Aber als wir, die junge Generation im Deutschland der 1970er-Jahre, Wachstum und Atomkraft in Frage stellten, rüttelten wir am Fundament der alten Gesellschaft. Wir wurden verlacht und verspottet. Umso wichtiger waren Vorbilder, Leitfiguren und Visionäre. Robert Jungk mit seinem Werk war das für uns: Er ermutigte uns, das Undenkbare zu denken, Schritte zu gehen in eine bessere Welt und sich nicht beirren zu lassen von der herrschenden Mehrheitsmeinung. 

Eine Generation im Aufbruch

Die meisten Menschen brauchen Schlüsselerlebnisse, damit sie die wahren Herausforderungen erkennen: Der Chemieunfall Seveso 1976, die Atomkatastrophe in Tschernobyl 1986 oder der Hurrikan Katrina 2005 sind solche, ebenso wie das Öl-Desaster um Deepwater Horizon 2010 oder Fukushima 2011. Diese schrecklichen Ereignisse rütteln wach und stoßen Prozesse an. Doch die wahre Größe von Denkern wie Robert Jungk erkennt man daran, dass sie auch ohne akute Katastrophe vor diesen warnen und Änderungsszenarien entwickeln.

Die von Robert Jungk geprägte Generation leitete den Ausstieg aus der Atomkraft ein, eine Vision, an deren Umsetzbarkeit fast niemand glaubte. Aber mit dem Ausstieg braucht man auch einen Einstieg. Nämlich in die Erneuerbaren Energien: Strom aus Sonne und Wind als Alternative zu Kohle, Öl und Atom. Mit genau diesem Rezept, dem Wechsel von der Hochrisikotechnologie Atom zu der umweltbewahrenden Energieproduktion der Erneuerbaren, entstand eine neue Bewegung. Sie bedeutet eine dezentrale Energieversorgung in Bürgerhand und damit mehr Demokratie. Sie bringt automatisch mehr Frieden auf dieser Welt, denn es gibt Kriege um Öl, aber keine um Wind oder Sonne. Und sie beinhaltet einen Lösungsansatz für die globale Bedrohung durch den Klima­wandel. Denn mit dem deutschen Erneuerbare-Energien-­Gesetz (EEG) haben wir auch für die Länder des Globalen Südens die Technologiekosten massiv gesenkt. Eine Vision ist Voraussetzung für den Veränderungsprozess. Aber dabei gibt es Gewinner und Verlierer. Bei der Energiewende haben die Verlierer ihre wirtschaftlichen Nachteile erkannt und kämpfen erbittert um ihre Interessen und Gewinne und damit gegen diejenigen, die die Gesellschaft verändern wollen. Die Gewinner hingegen gibt es am Anfang des Prozesses noch gar nicht. Bei der Energiewende sind es langfristig alle: die Bürger, die Wirtschaft, die gesamte Gesellschaft. Vor allem die Bürger und die Mittelständler gewinnen, auch wenn sie ihre Interessen weniger mächtig durchsetzen können als die großen Konzerne oder Industriegewerkschaften mit ihren machtvollen Lobbyorganisationen. Gerade sie machen es der Politik und den Klein- und Mittelbetrieben so schwer, ­Visionen umzusetzen. Aber die Sonnen-Zukunft wird kommen, wenn Bürger gemeinsam mit den fortschrittlichen Kräften der Wirtschaft dafür aktiv streiten und handeln. 

„Schritte bringen einen nicht weiter, wenn man im Kreis geht"

Robert Jungks damals undenkbare Vision einer Gesellschaft ohne Atomkraft wird gerade umgesetzt. Wir müssen dafür kämpfen, dass dies auch global möglich wird. In Japan wächst langsam eine neue Anti-Atomkraftwerk-Bewegung und bei uns ist eine überwältigende Mehrheit für einen schnellen Ausstieg. Aber ebenso wie wir in Deutschland diese Vision mehrheitsfähig gemacht haben, ist es nötig, die Vision einer ressourcenschonenden, nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft, die den Grenzen der Erde Rechnung trägt, auf den Weg zu bringen. Hierzu kann die Praxis schon einiges beisteuern: Im ersten Quartal 2014 wurden 27 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen, Windstrom ist kostengünstiger als Strom aus Kohlekraftwerken, Photo­voltaik hat eine Kostenreduktion von 66 Prozent in zehn Jahren erfahren. 1,4 Millionen Menschen erzeugen Strom heute selber.  

Unvorstellbare Schadenskosten prognostiziert

Aber solche Schritte bringen einen nicht weiter, wenn man im Kreis geht. Die fossile Lobby versucht eine „Sonnensteuer" zu erwirken und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu deckeln. Das Umsetzen einer Vision bedeutet: den Kräften des Beharrens zu trotzen und einen langen Atem zu haben.

Wir erleben schon jetzt einen katastrophalen Vorgeschmack auf den Klimawandel: Teile von Deutschland leiden bereits heute unter Wassermangel. Die asiatische Tigermücke, Überträgerin von eigentlich in Indien heimischen Krankheiten, ist bereits in den nördlichen Alpen aufgetaucht. Gleichzeitig schmelzen die Gletscher im Himalaya, das Westantarktische Eisschild kippt und die ersten Inseln müssen evakuiert werden. In den kommenden 50 Jahren werden allein für Deutschland Kosten in Höhe von 800 Milliarden Euro nur für die Schäden des Klimawandels prognostiziert. Von der Zukunft her denkend, so wie Robert Jungk es getan hat, müssen wir andere und für die Gesellschaft weniger teure Ideen dazu entwickeln, wie diese enormen Kosten fair geschultert werden können.

Wir haben in den 1970er-Jahren unsere Eltern und Lehrer konfrontativ und ehrlich gefragt: Warum habt ihr den Faschismus und die Gräuel der Nazis nicht verhindern können? Und meine drei Enkelkinder werden mich fragen, was wir gegen den Klimawandel gemacht haben. Die Wissenschaftler haben uns alle Fakten vorgelegt. Wir müssen nur den Mut haben zu handeln, bevor es zu spät ist. Am Anfang steht oft nur die Vision einer besseren Welt. Aber daraus entsteht erst die Kraft, die uns die einzelnen Schritte gehen lässt.                       

Von Bärbel Höhn

Die Langversion dieses Beitrages finden Sie hier sowie im Buch „Zukunft gewinnen!", das sie zum Preis von 24,80 EUR zzgl. 3 EUR Versandkosten bestellen können.

 

 

 
Robert Jungk

war Sprachrohr einer Generation. Seine Bücher und Zukunftswerkstätten bewegten Menschen jeden Alters und immer ­wieder reihte er sich in vorderster Front ein, wenn es galt, für eine friedvolle und lebenswerte Zukunft zu kämpfen. Auch vor Sitzblockaden und ­Demonstrationen schreckte er nicht zurück.

 

Bärbel Höhn

Die Diplom-Mathematikerin ist Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Abgeordnete des Bundestages und Mitglied des Bundesparteirats von Bündnis 90/Die Grünen.


Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 01.07.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2015 - Jahr des Bodens erschienen.
     
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