Hydrogen Dialogue 2024

Im Trend: Elektromobilität in der Hotellerie

Immer mehr Tourismusmanager und Hotelbetreiber entdecken das Erlebnispotenzial elektromobiler Anbebote

Die zahlreichen Eco- und CSR-Labels im Gastgewerbe sind ein sichtbares Zeichen für die Nachhaltigkeitsbemühungen touristischer Destinationen. Dabei kam ein Bereich, die Mobilität, bisher meist zu kurz. Nun aber weht – dank zunehmender elektromobiler Angebote – ein neuer, abgasfreier Wind durch die Branche.
 
Tesla-Supercharger des Hotel Kaiserhof in Anif b. Salzburg © Hotel Kaiserhof Stets auf der Suche nach neuen Attraktionen für ihre Gäste, entdecken immer mehr Tourismusmanager und Hotelbetreiber das Erlebnispotenzial der Elektromobilität – von E-Bikes über E-Roller und Segways bis hin zu Elektroautos. Und viele ihrer Gäste nehmen die vielfältigen Angebote gerne an: Sind sie doch in entspannter Urlaubsatmosphäre meist aufgeschlossen, Neues kennenzulernen und ganz im wörtlichen Sinne zu er-fahren.
 
Für Hersteller, die neue Produkte erproben und ihre Marktchancen austesten wollen, spielt die Hotellerie seit jeher eine gewichtige Rolle. Die spätere Erfolgsgeschichte vieler Produktneuheiten – vom neuen Saison-Drink bis zum Whirlpool - gründet sich auch auf die positiven Assoziationen von Testpersonen, die das Produkt erstmals in schöner Urlaubsstimmung kennengelernt hatten. Nun entdecken die Anbieter von Elektrofahrzeugen und Ladetechnologien die Hotel-Branche als interessanten Markt.
 
E-Bikes als Initialzünder
Noch vor wenigen Jahren vornehmlich als Rentnervehikel verschrien, sind E-Bikes inzwischen als stylisches, flottes Stadtfahrzeug ebenso gefragt wie als kraftvolles E-Mountainbike für Gipfelstürmer. Zu den Gründen für den Boom der Elektroräder zählen technische Innovationen und attraktive Designkonzepte - aber auch die Tatsache, dass viele spätere Käufer zunächst im Urlaub mit der elektromobilen „Einstiegsdroge" in Kontakt kamen und „infiziert" wurden.
 
Schlaue Touristiker und Hoteliers hatten nämlich bald erkannt, dass sich selbst Skeptiker zu einer Probefahrt animieren lassen, wenn Freunde oder Nachbarn, die einem mangelnde Fitness unterstellen könnten, in weiter Ferne sind. Viele Gäste erwarten inzwischen sogar E-Bike-Angebote im Urlaub. Daher vermieten immer mehr Hotels Elektroräder entweder in Eigenregie - oder sie kooperieren mit Verleihdiensten wie etwa Movelo. Und so gehört der Verleih der Räder, das Ausweisen spezieller Touren oder die Installation von Lade- oder Akkutauschstellen inzwischen zum Standardangebot zahlreicher touristischer Regionen und Hotels.
 
Charge-Hotels
Noch vor Jahren konnte ein findiger Hotelier, der seinen Gästen als erster Elektroräder anbot, eine lokale Sonderstellung einnehmen und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Längst aber haben die Innovatoren der Branche neue elektromobile Angebote kreiert, mit denen sie ihren Gästen einen besonderen Service bieten wollen. Die meisten beginnen zunächst damit, gut zugängliche Ladestellen für (teil-)elektrische Fahrzeuge einzurichten. Angesichts der Tatsache, dass derzeit mangels eines halbwegs flächendeckenden Netzes an öffentlichen (Schnell-)Ladestationen fast nur Tesla-Fahrer längere Anreisewege bewältigen können, mag man die Installation einer Wall Box, einer Ladesäule oder gar eines Solar-Ladecarports als ziemlich optimistisch, wenn nicht als naiv bezeichnen. Oder aber als clever und vorausschauend, denn die Zahl der Gäste, die gezielt nach Unterkünften suchen, in denen sie ihre Autos laden können, wird sich in nächster Zeit deutlich erhöhen.
 
„Schuld" daran sind die vielen teil-elektrischen Plugin-Hybride, die gerade den Markt erobern. Sowohl Mercedes als auch VW haben vor kurzem Offensiven mit E-Modellen gestartet, deren elektrische Reichweite ausreicht, zumindest die nähere Umgebung des Urlaubsorts emissionsfrei zu er-fahren. Zudem ist absehbar, dass schon in ein, zwei Jahren reine Elektroautos mit einer Reichweite von 300 Kilometern Standard sein werden. Verreisen wird dann auch mit ihnen möglich sein - gelegentliche Zwischenstopps an „Fast Chargern" oder die Übernachtung in einem Charge-Hotel eingerechnet. Schon heute ziehen erfahrene e-mobile Reisende das Laden im Hotel der Nutzung von öffentlichen Ladestellen vor – aus guten Gründen: Zum einen stellen die meisten Unterkünfte ihren Hausgästen den Strom kostenlos zur Verfügung. Zum anderen braucht der „electric rider" im Hotel keine eigene Lade-Bezahlkarte der jeweiligen Region, wenn er denn zahlen muss – sondern er erledigt das einfach zusammen mit der Hotelrechnung. Angesichts von rund 70 verschiedenen Laderegionen allein in Deutschland ein gewichtiges Argument.
 
Schon heute gibt es Hoteliers, die nicht mehr auf künftige Elektrofahrer warten müssen, sondern bereits von ihren Ladestationen profitieren. Allen voran Richard Absenger, der Betreiber des derzeit wohl beliebtesten Charge-Hotels, des „Kaiserhof" in Anif bei Salzburg. Den Gästen des Hauses, aber auch anderen E-Drivern, stehen hier ein halbes Dutzend Ladestellen unter einem solaren Carport zur Verfügung. Zusätzlich hat Tesla auf dem Hotelgelände vier seiner „Supercharger" installiert, die die Edellimousinen der US-Firma in einer halben Stunde mit Strom für fast 300 Kilometer Reichweite versorgen können. Zwar sieht der junge, engagierte Hotelchef seine elektromobilen Angebote, zu denen auch der Verleih von E-Autos an seine Gäste gehört, primär als logisches und konsequentes Element seiner Nachhaltigkeitsstrategie. Gleichzeitig dienen sie ihm aber auch als innovatives Marketingtool. Und so locken nicht mehr nur die schönen, mit Naturmaterialien ausgestatteten Zimmer und die ausgezeichnete, steirisch geprägte Küche zum Verweilen, sondern inzwischen auch die Möglichkeit, sein Elektrofahrzeug während des Essens oder über Nacht aufladen zu können.
 
Das eMobility-Konzept des Kaiserhofs (Slogan „Sleep and charge") trägt einerseits dazu bei, die Umwelt zu entlasten und das Nachhaltigkeitsprofil des Hauses zu stärken. Daneben zahlt sich das e-mobile Angebot aber auch in barer Münze aus ¬– dank vieler neu hinzu gekommener Gäste. Allerdings: Von alleine hat sich der „Kaiserhof" nicht zu einem kleinen, aber feinen Mekka für E-Autofahrer aus halb Europa entwickelt. Eines hat Absenger nämlich manchen Hotelbetreibern mit halbherzigem E-Engagement noch voraus: die Einsicht, dass es mit dem bloßen Aufstellen einer Ladesäule nicht getan ist. Erfolgreich dürften künftig vor allem solche Häuser sein, die an den Chargern auch betriebseigene Fahrzeuge laden: e-mobile Gästeshuttles etwa zum nächsten Verkehrsträger (Bahnhof, Flughafen) oder ihre EVs (Electric Vehicles) ökologisch glaubwürdig mit „grünem Strom" laden. Und vor allem solche, die ihre E-Aktivitäten kreativ und offensiv bewerben. So, wie Absenger sie über seine Website kommuniziert.
 
E-Mobility-Hotels – Katalysatoren des Markthochlaufs
Derzeit sind es hauptsächlich Privathoteliers, die - von ihrer eigenen Begeisterung für das entspannte Dahingleiten und die rasante Beschleunigung ihrer eigenen EVs angetrieben - auch ihren Gästen diese besonderen Erlebnisse vermitteln wollen. Nicht allein, um sie mit neuen Attraktionen an das Haus zu binden, sondern auch, weil sie damit eine Mission verknüpfen.
 
So wie Dr. Andreas Greither, Inhaber des oberhalb des bayrischen Tegernsees gelegenen Hotels DER WESTERHOF: Das idyllisch gelegene Haus steht beispielhaft für engagierte Vorreiter, denen diese nachhaltige Form der Mobilität auch eine persönliche Herzensangelegenheit ist. Schon heute können Gäste des Hauses Ausflüge mit einem betriebseigenen Tesla unternehmen, sich mit diesem etwa in den Ort, z.B. zum Bahnhof oder zum Westerhof-Café im Stieler-Haus chauffieren lassen. Oder aber sich hochwertige E-Mountainbikes ausleihen. Doch damit nicht genug: Bald schon sollen extra Charger für Gästefahrzeuge hinzukommen, weitere E-Autos angeschafft und ein Elektro-Shuttleservice mit einem allradangetriebenen E-Auto angeboten werden.
 
Als Abrundung seines elektromobilen Engagements versteht Andreas Greither auch seine allmonatliche Einladung zum „elektrischen" Gedankenaustausch in gemütlicher Runde im stilvollen Westerhof-Café, dem sorgsam renovierten Sommersitz des ehemaligen bayerischen Hofmalers Josef Karl Stieler. Dort können die Gäste ihr Elektromobil derweil auch gratis mit frischer Energie versorgen.
 
Natürlich spielen beim konsequenten Weg, den Westerhof zu einem E-Mobility-Hotel erster Güte zu entwickeln, auch Marketingüberlegungen eine wichtige Rolle. Das Werben für sein Konzept richtet Greither jedoch nicht allein auf neue Kundengruppen, sondern bewusst auch auf andere Hotelbetriebe der Region. Er möchte Vorbild sein, andere Betreiber animieren, es ihm gleichzutun, um am Ende, wie er sagt, „das ganze Tegernseer Tal zu e-mobilisieren".
 
Für ihn spielt die Hotellerie eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen: „Wir können E-Auto-Erlebnisse ohne Verkaufsdruck anbieten, vermitteln dabei den Gästen die Faszination emissionsfreien Fahrens und tragen letztlich dazu bei, die Akzeptanz der Elektromobilität zu erhöhen. Theoretische Diskussionen sind genug geführt, jetzt gilt es, E-Mobility er-fahrbar zu machen. Wo sollte dies besser gelingen, als dort, wo die Menschen in guter Stimmung sind und Zeit für besondere Erlebnisse haben?"
 
Elektrische Motorräder für Gäste des Hotels Post in Galtür/Tirol. © Hotel PostInzwischen hat auch die Autobranche erkannt, welche Werbe- und Vertriebschancen sich eröffnen, wenn ihre neuen EV-Modelle von vielen Hotelgästen gefahren werden. Nicht nur für wenige Minuten wie bei sporadischen Roadshows oder Messen, sondern bei längeren Ausflügen in die Umgebung. Damit möglichst viele Menschen in den Genuss des leisen Dahingleitens kommen und Vorbehalte abbauen, offerieren manche Hersteller ihren Hotel-Kunden bereits interessante Konditionen oder Schnupperangebote. Langsam scheint sich herumzusprechen, dass die „User Experience" einen Schlüsselfaktor bei der Dynamisierung des E-Mobility-Marktes darstellt.
 
Das Spektrum elektromobiler Gästeangebote umfasst aber längst nicht nur den Verleih von E-Autos. Es werden auch immer mehr Fun-Mobile, Segways oder E-Scooter vermietet. Das Hotel Post in Galtür/Tirol hat sich auf rasante Elektro-Motorräder spezialisiert, mit denen die Mieter zu günstigen Konditionen die Bergstraßen der Umgebung erobern können. Für den, der lieber seine Geschicklichkeit im steilen Gelände des hauseigenen Parcours erproben will, stehen zudem E-Trail-Maschinen zur Verfügung.
 
Hotelketten werden e-mobil
In jüngster Zeit entdecken auch große internationale Hotelgruppen die Elektromobilität - sowohl für den innerbetrieblichen Einsatz wie für attraktive Gästeangebote. Die Carlson Rezidor Group etwa offeriert inzwischen an 16 Standorten ihrer Radisson Blu und Park Inn by Radisson Hotels Ladestationen mit Ökostrom für EVs und Plug-in Hybride. Im Kölner Radisson Blu stehen den Gästen zwei vollelektrische Nissan Leaf für Fahrten in der Stadt zur Verfügung. Daneben hat die Gruppe dieses Jahr bereits zum zweiten Mal die eTourEurope gesponsert, eine Rundfahrt, bei der die teilnehmenden Teams in einer Woche über 4.000 Kilometer quer durch Europa zurücklegen. Rein elektrisch angetrieben, versteht sich.
 
Wer ein beinahe komplettes Angebot an elektromobilen Fahrzeugen und Dienstleistungen an einem Standort erleben möchte, wird auch mitten in Berlin fündig. Vom dort gelegenen 4-Sterne-Hotel NH Berlin Friedrichstrasse aus kann man die Stadt mit E-Bikes, E-Rollern, Segways und EVs erkunden oder sich mit elektrischen Tuk-Tuks kutschieren lassen. Einen besonderen Service bietet NH in Kooperation mit dem Elektrofahrdienst e-City Cab an: Auf die Hotelgäste wartet stets ein bequemes E-Auto von Nissan oder Mercedes samt Chauffeur vor der Tür, um sie zum Flughafen, Bahnhof oder zu anderen Zielen in der Stadt zu befördern. Und wenn eine größere Gesellschaft etwas Besonderes erleben möchte, kann sie in der E-Mobility Lounge des Hotels ein edles Solarboot für exklusive Fahrten und Feiern auf der nahegelegenen Spree mieten.
 
ME-Mobility Lounge im NH Berlin Friedrichstrasse. © NH Berlin it seiner Vielfalt an e-mobilen Angeboten und Serviceleistungen nimmt das NH Berlin Friedrichstrasse einen herausragenden Status unter den innerstädtischen E-Mobility-Hotels in Europa ein. Auch wenn nicht an allen Standorten vergleichbare Rahmenbedingungen gegeben sind, feilt man bei der NH Hotel Group bereits an Plänen, die jeweils passenden Angebotsformen innerhalb der Gruppe europaweit zu verbreiten. Derzeit nimmt NH wohl den Spitzenplatz als führende E-Mobility-Hotelgruppe ein, zumal schon in 37 NH-Häusern Ladestationen installiert sind.
 
Fazit
Elektromobilität in der Hotellerie bedeutet einen Gewinn für alle Seiten: Gäste kommen in den Genuss besonderer Fahrerlebnisse, Hoteliers steigern die Attraktivität ihrer Häuser, Fahrzeughersteller erreichen potentielle EV-Kunden. Nicht zuletzt profitiert auch die Umwelt - von der lokalen Reduzierung der Lärm- und Abgasemissionen. Bleibt zu hoffen, dass auch die Politik die Chance erkennt, die sich daraus ergeben kann, wenn in der Hotellerie dauerhaft die Gelegenheit installiert wird, eine positive „User Experience" im Umgang mit Elektroautos zu schaffen. Die propagierte „Markthochlaufphase" der Elektromobilität wird nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, EMobility im größeren Stil er-fahrbar zu machen. Gerade Hotels können dazu eine ideale Plattform bieten.
 
Kontakt:  eco traffic media, Peter Grett | pg@eco-traffic-media.de

Technik | Mobilität & Transport, 24.08.2015

     
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