Die Elektromobilität in der Anreizfalle
Wie grüne Produkte auf den Markt kommen können
Um die Förderung von E-Fahrzeugen „werde man nicht herumkommen" hat
Kanzlerin Merkel auf der Nationalen Konferenz der Bundesregierung zur
Elektromobilität in Berlin vorsichtig formuliert. Statt das erwartete
Förderprogramm für Elektrofahrzeuge vorzustellen, kündigte sie lediglich weitere
Prüfungen an: „Wir werden alle Instrumente studieren und in diesem Jahr
entscheiden." Welche Anreize die Bundesregierung setzen möchte, um E-Autos zur
von der Kanzlerin als nötig bezeichneten „Hipness" zu verhelfen, bleibt vorläufig
offen. Welche finanziellen vor allem aber, welche psychologischen Faktoren für das
Marketing von E-Fahrzeugen von Bedeutung sind, diskutieren internationale
Experten bei green2market in Stuttgart.
Warum kauft man ein Elektroauto? Oder für Deutschland passender gefragt – warum
nicht? Experten sind sich einig, dass eine Kombination von Anreizprogrammen und
psychologischen Faktoren den Markterfolg von Elektrofahrzeugen signifikant steigern
würde. Wie schon in Norwegen und in den Niederlanden, den europäischen Ländern
mit den höchsten Zulassungszahlen für E-Fahrzeuge. Die Anreizprogramme dienen
dem Ausgleich der Mehrkosten von umweltfreundlichen Elektrofahrzeugen und
können von Regierungsseite her beschlossen werden. Die psychologischen Faktoren
sind schwerer steuerbar – aber ebenso entscheidend wenn nicht gar entscheidender.
Denn alle Erfahrung zeigt, dass Subventionen alleine nicht reichen, ein Produkt am
Markt zu platzieren.
„In Norwegen sind wir zunächst mit Hilfe finanzieller Anreize über die Schwelle von
„early adopters" zur „early majority" gesprungen" erläutert Prof. Dr. Christian A.
Klöckner von der Norwegischen Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität NTNU
in Trondheim. Klöckner ist Umweltpsychologe und hat die Markteinführung der EFahrzeuge
in Norwegen begleitet und in zahlreichen Studien dokumentiert.
Entscheidender noch als die finanziellen Anreize, so Klöckner, seien die
psychologischen Faktoren gewesen. „Für viele Norweger waren die Privilegien, die
der Kauf eines E-Autos mit sich brachte, die wirklich entscheidenden Faktoren für
den Umstieg." Dazu zählten reservierte Gratis-Parkplätze in den Innenstädten, das
Recht, auf Busspuren überholen zu dürfen ebenso wie das Gratis-Laden der Stromer
an öffentlichen Ladesäulen. Klöckner: „Diese Sonderrechte sprechen das
Statusdenken als zentrales Motiv an." Ebenso wichtig war die Befreiung von der City-
Maut, auf den ersten Blick ein finanzieller Anreiz. „Viele Norweger empfinden die
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Maut als Wegelagerei und freuen sich, durch den Umstieg auf ein E-Auto dieser zu
entkommen und der Regierung ein Schnippchen zu schlagen."
Sein Fazit: Bei der Einführung von Pioniertechnologien sind Anreizsysteme wichtig,
schnell aber greifen andere Marktmechanismen. In Norwegen kann man heute
beobachten, dass Käufer es honorieren, wenn sich ein E-Auto optisch nicht mehr von
einem Verbrennerfahrzeug unterscheidet. „Der Golf und der Nissan Leaf, die
Verkaufsschlager unter den E-Autos in Norwegen, unterscheiden sich optisch
überhaupt nicht mehr von ihren Verbrenner-Kollegen. Für die breite Masse ist genau
das wichtig. Die Erkenntnis die dahinter liegt ist einfach: Auf lange Sicht soll das EAuto
auch nur ein Auto sein und keinesfalls Ausdruck von Lebensstil! Das
psychologische Profil eines E-Auto-Käufers unterscheidet sich also nur sehr wenig
vom Profil des Käufers konventioneller Fahrzeuge."
Ob diese These von einem der größten Automobilbauer der Welt Toyota geteilt wird,
erwartet man auf der Konferenz green2market mit Spannung. Hier werden
umweltpsychologische Thesen vor dem Hintergrund gelebter Konzernstrategien
diskutiert. Andy Fuchs, Toyota Motor Europe (Berlin), analysiert das Ziel der
Bundesregierung, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, aus
der Perspektive des E-Pkw Pioniers. Die globale Erfahrung des Konzerns in der
Einführung neuer Technologien dient als Fundus praxisrelevanter Bespiele – sei es als
subventionierte Plug-in-Hybride und Carsharing-Modelle wie in den Niederlanden
oder als echte Pionierfahrzeuge wie der Brennstoffzellen-Pkw Mirai, der 2015 in
Deutschland, Dänemark und England auf den Markt kommt.
Aber vielleicht ist bereits die Ausgangfrage falsch? Schon mit konventionellen Autos
macht man kein wohlabgewogenes Investment, man kauft unter anderem einen
Wertekosmos ein: Freiheit, Unabhängigkeit, Freude am Fahren, Status. Vielleicht ist
das E-Auto die Freude am vernetzten Leben, der Mobilität 4.0? Auch dieser Frage
geht das Dialogforum in Stuttgart nach.
green2market 2015
green2market findet im Rahmen der WORLD OF ENERGY SOLUTIONS am 12.10.2015
in Stuttgart statt.
Ansprechpartnerin ist Frau Julia Krägeloh, Peter Sauber Agentur Messen und
Kongresse GmbH, Tel. +49 711 656960-56, julia.kraegeloh@messe-sauber.de
Technik | Mobilität & Transport, 01.07.2015
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