Hydrogen Dialogue 2024

Cool gekoppelt

Der Stoffhersteller Gessner gehört zu den Pionieren des Cradle to Cradle Design-Konzepts.

Möbel- und Dekostoffe folgen den individuellen Geschmäckern der Kunden. Sie sollen zum Einrichtungsstil passen und dabei modern, pflegeleicht und langlebig sein. Zur Glaubensfrage avanciert dabei die Entscheidung, ob Natur- oder Kunstfasern verwoben werden sollen. Natürlich gewachsene Gewebe-Rohstoffe wie Wolle, Baumwolle oder Leinen gelten als umweltfreundlich und angenehm. Für die Chemiefaser spricht erst einmal nicht viel. Kunststoff hat hier ein gutes Image und bietet wenig Klimakomfort. Er birgt Umwelt- und Gesundheitsbelastungen bei der Gewinnung und Synthese, hat einen hohen CO2-Ausstoß, unerwünschte Nebeneffekte und problematische Additive. doch der eresteEindruck trügt, denn vom natürlichen ursprung bleibt auch bei Naturfasern am fertigen Stoff oft wenig übrig. Dünger und Pestizide, verseuchtes Wasser, Kargböden, falsch kultivierte Agrarflächen und eine chemische Ausrüstung relativieren "Natürlichkeit" von Naturfasern. Dieser unbefriedigenden Situation stellte sich das Schweizer Unternehmen Gessner mit einer klaren Entscheidung für das Cradle to Cradle Design Konzept. Das Ziel: Die hergestellten Stoffe sollten kreislauffähig werden.
  
 Das Neueste aus der Mode: Kreislauffähige Stoffe. © Gessner
Kompostierbare Stoffe
Intensive Entwicklungen gemenisam mit dem Hamburger Unternehmen EPEA führten zur Überprüfung sämtlicher Fertigungsschritte und Materialzusammensetzungen. Erstmalig zur Jahrtausenwende wurden zwei Programme der jungen Marke Climate® in den Markt eingführt. Die Sitzmöbelbezüge Lifecycle und Lifeguard stehen seither für den Beginn einer neuen Ära für kreislauffähige Stoffe. Fasermaterialien natürlicher Herkunft, zertifizierte Farmwolle und Zellulose aus eurpäischer Weißbuche bilden die Grundlage für diese Textilien ohne schädliche Additive. Entwickelt und gebaut nach dem Prinzip „Abfall ist Nährstoff", sind sie frei von toxischen Inhaltsstoffen, die unter Umständen das Erbgut schädigen oder Krebs auslösen können. Darüber hinaus enthalten sie keine flüchtigen Ingredienzien, ein wichtiger Beitrag für gute Luftqualität im Innenraum. Nach der Nutzungsphase können sie bedenkenlos auf Kompostoder Reststoffdeponien abgeladen werden. Sie verwandeln sich im Laufe der Zeit durch die im Boden enthaltenen Bakterienstämme zu Kompost und Dünger und werden damit Grundlage für neues Wachstum.
 
Kunstfasern im Kreislauf
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VERSTEHEN, UMDENKEN, GESTALTEN
Cradle to Cradle - eine Lösung für Wirtschaft und Gesellschaft
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Mit dem neuen Naturprodukt für das Interieur gaben sich die Schweizer nicht zufrieden. Denn Kunstfasern bieten der Textilindustrie bemerkenswerte Eigenschaften und bergen in ihrer polymeren Struktur wahre Schätze. Sie sind unglaublich stark und lassen sich ohne Verlust an Qualität durch Deund RePolymerisation vollständig regenerieren. Deshalb entschied sich Gessner, auch auf dem Gebiet der Kunstfasern intensiv zu forschen, um die positiven Eigenschaften der Naturfaser mit denen der Chemiefaser zu kombinieren. In jahrelanger Entwicklungsarbeit suchte man nach neuen Produkten, um die steigenden techni schen Anforderungen an Abriebfestigkeit, Lichtechtheit, Dimensionsstabilität, Flammhemmung, Schmutzabweisung und mehr erfüllen zu können. Die Lösung bestand in der Beimischung von Polymerzu Naturfasern. Mit den erreichten Vorzügen ging jedoch wieder ein gravierender Nachteil einher: Textile Hybride waren nicht kreislauffähig. Die innige, sortenübergreifende Mischung verschiedener Materialien verhinderte die fortdauernde Erneuerung im Kreislauf.
 
Die Lösung: Innovative Technologie
Weitere intensive Forschungsund Entwicklungsbemühungen brachten schließlich den Durchbruch: Die Erfindung der „Textilen Schraube" war der Schlüssel zur neuen Climatex® Technologie. Sie verbindet Naturund Kunststoffgarne durch eine spezielle Webtechnik und kann sie auf einfache Weise wieder trennen. Die so getrennten Bestandteile sind sortenrein vollständig reund upcycelbar. Dabei nimmt der Polymeranteil, sogenanntes Cradura, geboren aus Cradle to Cradle und Durability, an einem Kreislauf teil, in dem bereits heute jährlich 20.000 Tonnen neue Fasern aus Produktionsresten, den Weltmeeren geborgenen Fischernetzen und recycelten Teppichbestandteilen hergestellt werden.
 
Andreas Heydasch © Gessner Neben seiner Eigenschaft als C2C Stoff glänzt Climatex® auch durch Produkteigenschaften, die in der Industrie häufig Voraussetzung sind: Sie gleichen Temperaturen aus, lassen Feuchtigkeit verschwinden, sind resistent gegen Feuer und Schmutz und äußerst haltbar. Und nach der Nutzungsphase werden sie zum Rohstoff für neue Produkte. Damit vermitteln sie ein gutes Gefühl für Hersteller und Käufer und zeigen den Weg zu intelligenten Produkten.
 
Andreas Heydasch
ist Geschäftsführer der Gessner AG mit Sitz in der Schweiz. Ihre Marke Climatex® bietet Stoffe unter anderem für die Einrichtungsund TransportIndustrie.


Lifestyle | Mode & Kosmetik, 15.11.2014
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