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...aber ist das genug?

Fußballvereine in Fußballvereine in Deutschland sind von einer stringenten Nachhaltigkeitsstrategie noch weit entfernt

Auch wenn in Sachen Umweltschutz schon einiges geschieht und die Deutsche Nationalmannschaft „Bereit ist wie nie" – die Fußballvereine in Deutschland sind von einer stringenten Nachhaltigkeitsstrategie noch weit entfernt. Wir werfen ­einen Blick auf das brachliegende Potenzial und den Business Case im Fußball.


© Nina Stiller Photography/VfL WolfsburgFußballvereine haben sich in den letzten Jahren zu professionell geführten Unternehmen entwickelt. In der Saison 2013/14 waren von 18 Bundesligavereinen zwölf entweder Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaften. Während in der Privatwirtschaft die Erkenntnis durchgedrungen ist, dass Nachhaltigkeitsmanagement Kernaufgabe eines jeden Unternehmens ist – 90 Prozent der am DAX notierten Unternehmen und 80 Prozent der Global Fortune Unternehmen verfassen einen Nachhaltigkeitsbericht –, steht im Profisport die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit erst am Anfang. Zwar schätzen ca. 80 Prozent der Vereine in der ersten und zweiten Bundesliga das Thema Umweltschutz als wichtig bis sehr wichtig ein und es existieren bereits zahlreiche Umweltprojekte, doch wird das Thema Nachhaltigkeit meist auf die ökologische Dimension reduziert (siehe oben).


Dabei ist Nachhaltigkeit ein Business Case, der das Engagement für Umwelt und Gesellschaft mit Profit verknüpft. Dies kann allerdings nur in einem integrierten Ansatz gelingen, in dem alle Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Gesellschaft, Ökonomie) bearbeitet werden.


Vorteile von Nachhaltigkeitsinitiativen im Fußball

Wird Nachhaltigkeit als Kernaufgabe des Managements verstanden und strategisch behandelt, so lassen sich nachfolgende Vorteile erzielen: ein verringerter Ressourcenverbrauch und damit einhergehende geringere Kosten, erhöhte Sozio-Effektivität durch Verringerung der negativen sozialen Auswirkungen und eine wasserdichte Compliance.

Gerade der Fußballsport kann aufgrund seiner großen Öffentlichkeitswirkung erfolgreiche Nachhaltigkeitsinitiativen realisieren. Diese sichern eine stärkere Unabhängigkeit von sportlichem Erfolg, binden die Fans und stärken die regionale Verankerung des Vereins. SV Werder Bremen reagierte beispielsweise auf die demografischen Veränderungen – die auch vor den Fans nicht halt machen – mit der Initiative 60plus. Sie richtet sich an Vereinsmitglieder, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, und bietet ein vielfältiges Programm aus gesellschaftlichen und sportlichen Aktivitäten an.


Doppelpass mit Unternehmen und NGOs

Gut aufgesetzte Nachhaltigkeitsprojekte erlauben die Einbindung von Sponsoren und NGOs in ein Win-Win-Win Konzept. Das Herzstück eines solchen Konzepts sind Partnerschaften von Fußballvereinen, Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen. Letztere bringen ihre Kernkompetenz im sozialen oder ökologischen Bereich ein, das Unternehmen stellt als Sponsor finanzielle Mittel und/oder Human Resources zur Verfügung und die exponierte gesellschaftliche Stellung des Fußballvereins sorgt für die öffentliche Aufmerksamkeit. Das Unternehmen und der Verein erfahren durch die Unterstützung des Projekts einen Imagegewinn, die NGO erhöht ihre Wirkung und generiert im besten Fall neue Einnahmequellen für ihre Projekte. Professionell geplant und durchgeführt lässt sich so eine fruchtbare Kombination aus Sozio- bzw. Ökosponsoring und Sportsponsoring schaffen. Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigt z.B. Hannover 96. Hauptsponsor TUI und der Fan-Dachverband „Rote Kurve" führen seit Jahren gemeinsam mit der Umweltstiftung Global Nature Fund das Projekt „Trinkbecher für Trinkwasser" durch. Das Pfand der Mehrwegbecher kann gespendet werden und die gesammelten Einnahmen werden für die Einrichtung und Reparatur von Brunnen in Afrika genutzt.


So holen Sie das Triple

Vorreiter bei der Herstellung solcher Triple-Win-Situationen im deutschen Profifußball ist der 1. FSV Mainz 05. Seit 2010 hat der Verein in Zusammenarbeit mit seinem Hauptsponsor den Wandel zum ökologischen Vorbild der Region ausgelobt. Im Projekt „Mission Klimaverteidiger" werden Fans belohnt, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß in die Coface Arena kommen. Bei Heimspielen werden Fans, die klimafreundlich angereist sind, zufällig ausgewählt (zum Beispiel an den Fahrradständern oder am Bussteig) und dürfen dann als Belohnung für ihr Engagement das Spiel vom VIP-Bereich der Arena aus ansehen oder bekommen Sachpreise wie z.B. BahnCards des Sponsoringpartners Deutsche Bahn.


Ein anderes Beispiel ist das Projekt FAIR ways. Seit der Saison 2011 / 2012 versammelt der SC Freiburg unter dem Label „FAIR ways - Wir übernehmen Verantwortung" Partner, die sich aktiv dem Thema Nachhaltigkeit stellen und gemeinsam mit dem SC Freiburg gemeinnützige Projekte in den Bereichen Bildung und Ökologie unterstützen. 2013 wurde unter anderem das Projekt „Streuobstwiese Hochburg" der Eduard-Spranger-Schule für geistig Behinderte von den FAIR Ways-Sponsoren und dem SC Freiburg unterstützt. Die Schule aus Emmendingen bewirtschaftet mit ihren Schülern die Streuobstwiesen, um die Kulturlandschaft zu erhalten und die Kinder auf den Berufsalltag vorzubereiten.


Der Hamburger Sport-Verein setzt auf seine Initiative „Der Hamburger Weg."

Hamburger Unternehmen und der HSV stellen dabei soziale Projekte aus der Region vor und unterstützen damit deren Finanzierung durch eine Crowdfunding-Plattform. Unterstützt werden beispielsweise DJ-Workshops von Deluxekidz, einem Verein zur kulturellen Förderung von Kindern und Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten. Paten des Projekts sind die Sparda-Bank Hamburg und der Schauspieler Stephan Luca sowie der Spieler Heiko Westermann.


VW und VFL – eine starke Sturmspitze

Beim Bundesligisten VfL Wolfsburg steht Volkswagen hinter der Nachhaltigkeitsinitiative des Vereins und fördert diese maßgeblich. Was liegt näher, als auf den Trikots des VfL für das Elektroauto „e-up!" zu werben.

Unternehmen legen zunehmend Wert auf die Einbettung des Sponsoring in ein schlüssiges Gesamtkonzept, denn nur so lassen sich gezielt Imageeffekte generieren und Greenwashing-Vorwürfe vermeiden. Die Kooperationsprojekte sollten deshalb nachweisbar zur Verbesserung eines gesellschaftlichen oder ökologischen Problems beitragen. Die beiden größten Schweizer Detailhandelsunternehmen Coop und Migros bestehen darauf, dass die von ihnen gesponserten Sportveranstaltungen wirksame Maßnahmen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit durchführen.


Achtung: Keine Eigentore!

Dass die enge Vernetzung von Sport und Sponsoren zu negativen Effekten führen kann, zeigte sich während der Champions League Saison 2013/14. Greenpeace machte mit Aktionen in Basel und in Madrid auf die Kampagne „Save the Arctic" aufmerksam. Im Rahmen dieser Kampagne wollten die Regenbogenkämpfer auf die Gefahren der Erdölförderung in der Arktis hinweisen und dabei insbesondere die Tätigkeiten des Hauptsponsors der Champions League – Gazprom – in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Die Fotos und Videos der Guerilla-Aktionen wurden schnell ein Hit auf Twitter, Facebook & Co. und vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise hat sich die öffentliche Kritik an Gazprom und dem Sponsoren-Deal verschärft. Ein Eigentor in Sachen Umweltbilanz haben mehrere Bundesligisten auch beim Thema Bechereinsatz im Stadion geschossen. (Lesen Sie dazu den Beitrag „Rote Karte für Einweg" auf Seite 18).


Bereit wie nie?

Nachhaltigkeit im Fußball steht am Anfang der Entwicklung. Dass Nachhaltigkeitsinitiativen unter gleichberechtigter Betrachtung aller Dimensionen (Ökologie, Soziales und Ökonomie) erfolgreich umgesetzt werden können, zeigt das Beispiel des VfL Wolfsburg. Unter dem eingängigen Namen „Gemeinsam bewegen" setzt der Verein ökologische und soziale Projekte um und hat als erster Fußballclub einen Nachhaltigkeitsbericht nach Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) veröffentlicht. Wenn sich Fußballvereine der Thematik ernsthaft widmen, und sie als Kernaufgabe des Managements verstehen, lässt sich mit der Umsetzung Gutes tun und damit auch noch Geld verdienen. Durch die Abkehr vom Gießkannenprinzip im Sportsponsoring und den zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Handlungsdruck wird das Thema Nachhaltigkeit auch auf Clubebene eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Fußballclubs, die sich der Thematik jetzt widmen, haben einen Vorsprung gegenüber den Konkurrenten und können sich für die Zukunft aufstellen. Ganz nach dem Motto der deutschen Fußballnationalmannschaft: „Bereit wie nie."


Fabian Putzing

arbeitet bei sustainable///sports

www.sustainablesports.ch


Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 01.07.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2014 - Tooooor! 3:0 für Nachhaltigkeit erschienen.
     
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