Nachhaltiges Wirtschaften bei KMU

Wissenstransfer zwischen Hochschule und Betrieben

Der Transfer von Wissen aus Hochschulen über Aspekte des nachhaltigen Wirtschaftens und dessen Umsetzung in KMU ist keine Selbstverständlichkeit. Im Rahmen des zweijährigen Berliner Praxisprojekts an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) konnten signifikante Erkenntnisse zum interorganisationalen Wissenstransfer über nachhaltiges Wirtschaften zwischen Hochschule und Unternehmen gewonnen werden.

Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kann sich der Wissenstransfer über Möglichkeiten des nachhaltigen Wirtschaftens als äußerst schwierig, zu theoretisch und allzu komplex erweisen. Der Grund hierfür liegt u.a. in den personell und zeitlich knapp bemessenen Kapazitäten der Geschäftsführung und der Mitarbeiter, sowie an einer oftmals nicht an Stakeholdern orientierten strategischen Marktausrichtung des engeren Firmenprofils. Meistens nimmt der Eigentümer eines KMU auch den Posten des Geschäftsführers ein und regelt alle strategischen Ziele seiner Firma selbstständig. Große Unternehmenskonzerne können hingegen Wissen über nachhaltiges Wirtschaften in extra dafür eingerichteten Stabsstellen der Unternehmensleitung aufnehmen, verwerten und an die einzelnen Abteilungen weitergeben. Die inhaltlichen Aspekte dieses Themenbereichs haben so die Chance in die jeweilige Konzernstrategie einzufließen, so dass eine normative, strategische als auch operative Verankerung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise entstehen kann. Hinzu kommt die oftmals aktive Stakeholderperspektive größerer Konzerne. Wie gelangt aber Wissen über nachhaltiges Wirtschaften in kleine und mittlere Unternehmen? Die Beantwortung dieser Forschungsfrage wird vor dem Hintergrund der hohen Wirksamkeit nachhaltigen Wirtschaftens und der hohen wirtschaftlichen Relevanz dieser Unternehmensgrößen immer bedeutsamer.

Nachhaltiges Wirtschaften, worunter man sowohl managementbasierte als auch umwelttechnische Vorgehensweisen versteht, ist notwendig für die KMU um in Bezug auf Material- und Ressourceneffizienz, Innovation und Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung im Kerngeschäft zukunftsfähig zu sein. Die strategischen Ausrichtungsformen von kleinen und mittleren Unternehmen beruhen überwiegend auf langfristig angelegte Denk- und Handlungsmuster, die im Gegensatz zu Großkonzernen nicht an den Quartalszahlen sowie den divergierenden Interessen der Aktionäre als Anteilseigner unterworfen sind und oftmals nur eine kurzfristige Handlungsstrategie zulassen. Der langfristige Blick, als wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung nachhaltigen Wirtschaftens, wird in KMU aufgrund des eigenen Haftungsrisikos der obersten Leitung stärker berücksichtigt.

Dennoch zeigt die Praxis häufig, dass in den kleinen und mittleren Unternehmen Vorbehalte gegenüber dem Themenbereich des nachhaltigen Wirtschaftens zu erkennen sind. Woran liegt das? Denn die Skepsis und die daraus resultierende zögerliche Haltung der Betriebe zum nachhaltigen Wirtschaften begründen sich nicht aus dem mangelnden Verständnis und der Aufgeschlossenheit zu diesem Thema. Im Projekt konnte festgestellt werden, dass die meisten Unternehmen unter Nachhaltigkeit ausschließlich ökologische Themen verstehen und die Verzahnung der drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und die Sozial-kulturelle Dimension den Geschäftsführern nicht bekannt waren. Zudem wurde sichtbar, dass kleine und mittelständische Unternehmen wenige Kapazitäten besitzen, um anspruchsvolle Themen mit zukunftsfähigen und langfristigen Lösungen in der Gegenwart zu entwerfen. Die Unternehmen beginnen meist aufgrund von externem Druck nachhaltige Managementsysteme zu implementieren oder sie handeln ausschließlich gewinnorientiert um Kosten zu minimieren.

Vor dem Hintergrund der Komplexität der Wissensvermittlung und der Transdisziplinarität des Themenfeldes nachhaltiges Wirtschaften konnten in der betriebswirtschaftlichen Forschung vermehrt Praxisprojekte initiiert werden, die von einigen Hochschulen in Deutschland durchgeführt wurden. Ziel war es dabei immer, die Wissensbarriere zu dieser Thematik abzubauen und den kleinen sowie mittleren Unternehmen auf der lokalen und regionalen Ebene aufzuzeigen wie ein interorganisationaler Wissenstransfer stattfinden kann. Dabei kann es sich nur um einen Impuls handeln, der darauf abzielt, nachhaltiges Wirtschaften in diesen Organisationseinheiten anzustoßen und somit zu fördern. Die Unternehmen müssen hierbei punktgenau in ihrem Wissensstand abgeholt werden, da bei den Betrieben eine Informationsasymmetrie zu diesem Thema vorherrscht - einige Firmen haben sich bereits mehr Erkenntnisse auf diesem Gebiet angeeignet als andere. Um diese verschiedenen Wissensstände zu berücksichtigen, eignet sich eine individuelle auf die Unternehmen zugeschnittene Form des Lernens. Dies kann durch eine projektmanagementbasierende Form erfolgen, indem Betriebsprojekte, initiiert von externer Seite, in den einzelnen Betrieben durchgeführt werden, um im Rahmen eines konkreten Projekts eine spezielle Aufgabenstellung des nachhaltigen Wirtschaftens zu bearbeiten. Somit wird ein fest vorgegebenes Ziel erreicht, das eine optimale Vorbereitung bietet und den Unternehmen später dabei hilft Betriebssysteme in Gestalt eines normierten Managementsystems oder Umwelttechnik zu implementieren. Der örtliche Wissensgeber kann hierbei eine Hochschule darstellen, die als unabhängige Institution eine möglichst hohe Akzeptanz in der Wirtschaft genießt und keine primären Profitinteressen wie beispielsweise Beratungsunternehmen verfolgt.

Abbildung 1: Verlauf im Projekt NBB, Quelle: NBB 2009 (FM)
Speziell für den Berliner Raum wurde im Mai 2009 das Transferprojekt "Nachhaltiges Wirtschaften in Berliner Betrieben" (NBB) gestartet. Ziel war es zum einen, den Technologie- und
Managementtransfer zwischen Hochschule und den Berliner KMU zu fördern, sowie die Ergebnisse durch einzelne Betriebsprojekte im vorwettbewerblichen Bereich zu sichern. Zum anderen war das Ziel Erfahrungen über diesen Wissensaustausch zwischen Hochschule und Praxis zu erlangen. NBB ist an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin angesiedelt. Die Studierenden, die in den Betrieben ein Projekt (halbjähriges oder einjähriges Betriebs- bzw. Studienprojekt) durchführten, studieren entweder im berufsbegleitenden Masterstudiengang Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement (NaQm) der HWR Berlin oder Wirtschaftsingenieurwesen - Umwelt und Nachhaltigkeit (Bachelorstudiengang WiIng).

Das Projekt lässt sich in drei Phasen einteilen. In der ersten Phase wird der Kontakt mit Berliner Betrieben seitens des NBB Teams aufgenommen und es finden erste Gespräche statt, indem ein Projektziel gemeinsam, aber im Sinne des unternehmensinternen Interesses, gefunden wird. Hierbei wird auch eine Abgrenzung zu anderen Geschäftsprozessen vollzogen, um die Systemgrenze des Projektauftrages zu gewährleisten. Das heißt, es wird eine spezifische Fragestellung erörtert und mit Hilfe des Projekts soll das klar definierte Projektziel in einem festgelegten Zeitraum bearbeitet werden. Danach tritt die zweite Phase - die Projektdurchführung - ein. Im Verlauf der Durchführung entwickeln die Studierenden Kompetenzen im Bereich des nachhaltigen Wirtschaftens und des Projektmanagements. Die im Studium erlernten Inhalte kommen an dieser Stelle zum Einsatz. Bedeutungsvoll für dieses Projekt ist, dass die Kompetenzvermittlung nicht nur bei den Studierenden erreicht wird, sondern auch bei den Führungskräften und Mitarbeitern der beteiligten Unternehmen.

Das NBB-Team besteht aus zwei Hochschullehrern, die sich gemeinsam die Projektleitung teilen und vier wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, die zuständig für die fach- und themenspezifische Unterstützung der am Projekt teilnehmenden Personen sind. Bei Bedarf werden themenspezifisch weitere Experten/innen in die jeweiligen Projektteams integriert, um die Unternehmen fachlich zu begleiten. Als dritte Phase sind die Ergebnissicherung der Projekte und die Transferphase zu nennen. Am Ende soll ein messbarer Verbesserungsprozess bezüglich eines höheren Grades an Nachhaltigkeit im Betrieb durch die Studienprojekte entstanden sein.

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Von Anja Grothe, Gerhard Goldmann, Nico Marke, Özlem Yildiz unter Mitarbeit von Ilona Molla und Daniel Weiß

Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 24.10.2011

     
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