Nachwachsende Rohstoffe
Allround-Talent Biomasse
Nachwachsende Rohstoffe (Nawaros) sind die Alleskönner unter den erneuerbaren Energien. Mittels diverser Verfahren kann man aus ihnen wahlweise oder kombiniert Strom, Wärme und Kraftstoffe gewinnen. Die einfachste Nutzungsform mit hoher Energieausbeute ist die Wärmeerzeugung.
Nawaros sind aber nicht nur die Ausgangsbasis für Energie, sondern auch für viele Stoffe, Materialien und Produkte. So lassen sich z.B. aus Zucker Tenside, Antibiotika, Kunststoffe, Vitamine und Klebstoff-Bestandteile herstellen, aus Ölen und Fetten Schmierstoffe, Lacke, Farben sowie ebenfalls Kunststoffe und Tenside; Fasern bilden die Grundlage für Bau- und Dämmstoffe, Geotextilien, Vliese oder geben naturfaserverstärkten Kunststoffen ihren Halt. Die besonderen Inhaltsstoffe einiger Pflanzen eignen sich für Farben, Heil- und Arzneimittel und Kosmetika. Diese Aufzählung ließe sich noch weiter fortführen. Biomasse spart Treibhausgas (THG)-Emissionen ein: Bei ihrer energetischen Nutzung wird so viel CO2 frei, wie die jeweils geeigneten Pflanzen zuvor im Wachstum gebunden haben, zuzüglich der Emissionen, die Anbau und Herstellung verursachen. Auch jedes stofflich genutzte Produkt wird am Ende seines Lebensweges entsorgt oder energetisch verwertet, bei biogenen Produkten kommt es hier ebenfalls zur Einsparung von CO2-Emissionen. Die energetische Nutzung im Anschluss an die stoffliche, die so genannte Kaskadennutzung, ist besonders sinnvoll, denn dabei werden zusätzlich fossile Energieträger ersetzt und weniger Anbauflächen benötigt.
Nachhaltigkeit ist Voraussetzung
Auch sonstige schwerwiegende Umweltschäden wären kontraproduktiv: Die Rodung von Urwäldern für Palm- oder Sojaölplantagen zur Herstellung von Biokraftstoffen und die "Vermaisung" der Landschaft durch die wachsende Zahl der Biogasanlagen werden in diesem Zusammenhang öffentlich diskutiert. Wichtige Aufgabe der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), ist es, hierfür Lösungsansätze über die Förderung von Forschungsprojekten zu entwickeln. Darüber hinaus steht die FNR als zentraler Ansprechpartner für Information und Beratung rund ums Thema Nawaro in Deutschland bereit.
Zwei Beispiele
Ausblick
Biomasse ist vielseitig und sie bietet auch große einheimische Potenziale und damit Chancen, ländliche Räume zu entwickeln. Aktuell werden auf knapp 2,2 Millionen der insgesamt rund 12 Millionen Hektar Ackerfläche in Deutschland Energie- und Rohstoffpflanzen angebaut. Studien gehen davon aus, dass künftig zwischen 2,5 und 4,2 Millionen Hektar möglich sind. Hinzu kommen die Potenziale von Reststoffen aus der Landwirtschaft (wie Stroh, Gülle, Mist), aus organischen Abfällen (z.B. aus Haushalten) und Holz. Es gilt, diese nachhaltig, effizient und zügig zu erschließen. Ein Ziel im Rahmen des Energiekonzepts der Bundesregierung ist es, bis 2050 knapp 30 Prozent des Primärenergiebedarfs aus Bioenergie oder mit Energieträgern aus Biomasse zu decken. Um dies zuverlässig zu erreichen, wird darüber hinaus jedoch auch der Import von Biomasse unter Sicherung von Nachhaltigkeitskriterien erforderlich sein.
Weiterführende Infos:
Verschiedene Wildpflanzen könnten eine Alternative zum Mais für Biogasanlagen darstellen. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau untersucht diesen Ansatz. |
Nawaros sind aber nicht nur die Ausgangsbasis für Energie, sondern auch für viele Stoffe, Materialien und Produkte. So lassen sich z.B. aus Zucker Tenside, Antibiotika, Kunststoffe, Vitamine und Klebstoff-Bestandteile herstellen, aus Ölen und Fetten Schmierstoffe, Lacke, Farben sowie ebenfalls Kunststoffe und Tenside; Fasern bilden die Grundlage für Bau- und Dämmstoffe, Geotextilien, Vliese oder geben naturfaserverstärkten Kunststoffen ihren Halt. Die besonderen Inhaltsstoffe einiger Pflanzen eignen sich für Farben, Heil- und Arzneimittel und Kosmetika. Diese Aufzählung ließe sich noch weiter fortführen. Biomasse spart Treibhausgas (THG)-Emissionen ein: Bei ihrer energetischen Nutzung wird so viel CO2 frei, wie die jeweils geeigneten Pflanzen zuvor im Wachstum gebunden haben, zuzüglich der Emissionen, die Anbau und Herstellung verursachen. Auch jedes stofflich genutzte Produkt wird am Ende seines Lebensweges entsorgt oder energetisch verwertet, bei biogenen Produkten kommt es hier ebenfalls zur Einsparung von CO2-Emissionen. Die energetische Nutzung im Anschluss an die stoffliche, die so genannte Kaskadennutzung, ist besonders sinnvoll, denn dabei werden zusätzlich fossile Energieträger ersetzt und weniger Anbauflächen benötigt.
Nachhaltigkeit ist Voraussetzung
Auch sonstige schwerwiegende Umweltschäden wären kontraproduktiv: Die Rodung von Urwäldern für Palm- oder Sojaölplantagen zur Herstellung von Biokraftstoffen und die "Vermaisung" der Landschaft durch die wachsende Zahl der Biogasanlagen werden in diesem Zusammenhang öffentlich diskutiert. Wichtige Aufgabe der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), ist es, hierfür Lösungsansätze über die Förderung von Forschungsprojekten zu entwickeln. Darüber hinaus steht die FNR als zentraler Ansprechpartner für Information und Beratung rund ums Thema Nawaro in Deutschland bereit.
Zwei Beispiele
- Internationale Nachhaltigkeitszertifizierung von Biokraftstoff: Um sicherzustellen, dass Biomasse für Biokraftstoffe nicht von naturnahen, artenreichen Flächen wie Urwäldern stammt, hat die FNR im Auftrag des BMELV die Entwicklung eines Systems zur Nachhaltigkeitszertifizierung unterstützt. Urwälder speichern besonders viel Kohlenstoff, der bei einer Nutzungsänderung in Form von Treibhausgas (THG-)-Emissionen freigesetzt würde. Biokraftstoffe aus dieser Biomasse böten insofern keinen Beitrag zum Klimaschutz.
Mit Hilfe des Systems "International Sustainability and Carbon Certification (ISCC)" wird nun die gesamte Kette der Biokraftstoffherstellung überprüft und zertifiziert. Dabei spielen neben dem Schutz sensibler Flächen und Mindest-THG-Einsparungen auch soziale Kriterien eine Rolle. Den Ausschluss bestimmter Flächen stellt ISCC über eine Registratur von "No-go-Areas" sicher, mit denen die Zertifizierer die Anbauflächen der jeweiligen Betriebe, u. a. mit Hilfe von Satellitenaufnahmen, abgleichen. Weitere Stationen sind Händler, Lagerhäuser und Hersteller.
Am Ende der Kette hat der "In-Verkehr-Bringer" der Kraftstoffe ein Zertifikat vorzuweisen, das er nur erhält, wenn alle vorgeschalteten Stufen zertifiziert wurden. Die Mineralölwirtschaft kann nur derart zertifizierte Biokraftstoffe auf die gesetzlich vorgegebenen Biokraftstoff-Quoten anrechnen, außerdem ist die Zertifizierung Voraussetzung für eine fiskalische Förderung. Rechtliche Grundlage des Ganzen ist die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung, die in ähnlicher Form auch für Strom aus flüssiger Biomasse gilt.
Der Markt für nachwachsende Rohstoffe verzeichnet seit Jahren ein enormes Wachstum - angetrieben vor allem durch die Energieziele der Bundesregierung.
Foto: © Nicole Paul, FNR - Wildpflanzen - Alternative zu Mais: Im Jahr 2007 endete das Projekt "Lebensraum Brache" der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau mit sieben Partnern, das wildtiergerechte Stilllegungsflächen angelegt und untersucht hatte. Dabei war den Forschern aufgefallen, dass viele der Wildpflanzen erstaunlich hohe Biomasseerträge bringen. Daraus entstand die Idee, Wildpflanzen-Mischungen als Alternative zum Biogas-Mais zu entwickeln. Das von der FNR geförderte Vorhaben, das schon jetzt auf großes Interesse bei Landwirten stößt, befindet sich am Anfang des dritten Versuchsjahres. Da die Pflanzenmischungen aus ein-, zwei- und mehrjährigen Arten (aus bekannten Gattungen wie Malven, Aster und Flockenblumen) bestehen, gibt es bislang nur vorläufige Ergebnisse: Die Biomasseerträge fielen je nach Mischung und Standort zum Teil höher aus als bei Mais, die Methangehalte im Biogasprozess lagen jedoch etwas niedriger. Die Forscher optimieren den Ansatz nun über die Stellschrauben Pflanzenarten, Saatgutmenge und Erntetermine. Interessant ist der Wildpflanzenansatz neben seinen ökologischen Vorteilen auch aus ökonomischer Sicht für den Landwirt. Der Wildpflanzen-Acker wird einmal ausgesät und kann dann bis zu fünf Jahre und länger beerntet werden - das spart Arbeit und Geld, schont aber auch den Boden und gewährt ökologische Nischen.
Zur Ernte 2011 wachsen Energie- und Industriepflanzen auf 2.282.500 Hektar, schätzt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). |
Ausblick
Biomasse ist vielseitig und sie bietet auch große einheimische Potenziale und damit Chancen, ländliche Räume zu entwickeln. Aktuell werden auf knapp 2,2 Millionen der insgesamt rund 12 Millionen Hektar Ackerfläche in Deutschland Energie- und Rohstoffpflanzen angebaut. Studien gehen davon aus, dass künftig zwischen 2,5 und 4,2 Millionen Hektar möglich sind. Hinzu kommen die Potenziale von Reststoffen aus der Landwirtschaft (wie Stroh, Gülle, Mist), aus organischen Abfällen (z.B. aus Haushalten) und Holz. Es gilt, diese nachhaltig, effizient und zügig zu erschließen. Ein Ziel im Rahmen des Energiekonzepts der Bundesregierung ist es, bis 2050 knapp 30 Prozent des Primärenergiebedarfs aus Bioenergie oder mit Energieträgern aus Biomasse zu decken. Um dies zuverlässig zu erreichen, wird darüber hinaus jedoch auch der Import von Biomasse unter Sicherung von Nachhaltigkeitskriterien erforderlich sein.
Weiterführende Infos:
- www.fnr.de mit 13 Themenportalen
zb. www.energiepflanzen.info; www.wege-zum-bioenergiedorf.de
- www.iscc-system.org
Von Nicole Paul, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Quelle:
Umwelt | Ressourcen, 26.08.2011
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