Rohstoffrückgewinnung aus Abfallmaterialien

Von der Abfallwirtschaft über Sekundärrohstoffe zur Ressourcenwirtschaft

Der Umbau der Abfallwirtschaft zur Stoffstromwirtschaft, die Rohstoffe für eine hochentwickelte Industriegesellschaft liefert, bekommt durch die Aufmerksamkeit aus Öffentlichkeit und Politik gegenwärtig immer wieder einen neuen Schub. Fast täglich lesen wir über eine drohende Knappheit an strategisch bedeutsamen Rohstoffen, die durch von unterschiedlicher Seite vorgenommene Eingriffe in die Weltmärkte in Teilen zur Realität werden. Dies erinnert an den viel diskutierten Bericht "Limits to Growth" des Club of Rome, der im Jahre 1972 erstmals Grenzen des Wachstums darstellte.

Die Rückgewinnung von Rohstoffen bietet die Möglichkeit zur Teilunabhängigkeit von deren Importen - wird aber noch zu selten benutzt.
Foto: © FUP AG

Eine neue Haltung macht sich breit
Trotz aller Unzulänglichkeiten der damals dargestellten Szenarien erhielt das beschriebene Szenario durch die Ölkrise im Oktober 1973 Bedeutung. In Folge der ersten Ölkrise wurde der Umgang mit Energieträgern deutlich verändert. Schließlich wurde die Idee eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen, die die Bedürfnisse der heutigen wie auch künftiger Generationen berücksichtigt, entwickelt.
Um Auswege aus der drohenden Rohstoffknappheit zu finden, werden die Exploration und das Erschließen von Ressourcen laufend verstärkt. Neben den Möglichkeiten, Rohstoffe bei der Produktion sparsamer einzusetzen und effizienter zu nutzen, versucht man die jeweils strategisch bedeutsamen Stoffanteile in den Produkten zu minimieren oder durch andere zu ersetzen. Darüber hinaus gilt es, neben den geogenen Lagerstätten auch die anthropogenen Lager zu erkennen und zu erschließen. Die anthropogenen Lager gelangen immer mehr in das Bewusstsein von Forschung und Entwicklung, von Öffentlichkeit und Politik sowie von Wirtschaft und Verwaltung. Als anthropogene Lager werden insbesondere Deponien (landfill mining) und Gebäude (urban mining) genannt. Gerade die in den Industrienationen laufend anfallenden sowie die rückgestellten Abfälle aus Haushaltungen, Gewerbe und Industrie scheinen für die Rohstoffrückgewinnung eine bislang häufig nur unzureichend genutzte Möglichkeit für eine Teilunabhängigkeit von deren Importen zu bieten.

Recyclingbaustoffe finden Akzeptanz
Das Erkennen, das Rückgewinnen und das Verwerten von bestimmten Sekundärrohstoffen - das sind vor allem Fe-Schrotte und Nicht-Eisen-Metalle, Glas, PPK (Papier, Pappe und Kartonagen), Kunststoffe sowie Textilien - wird in Deutschland vor allem durch die mittelständischen Unternehmen, die in Entsorgung und Recycling tätig sind, seit vielen Jahren ökologisch und ökonomisch durchgeführt. Die Tabelle auf Seite 22 gibt eine Übersicht über ausgewählte Sekundärstoffströme und ihre Verwertungsanteile aus einer Erhebung des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse). Die Anteile der stofflichen Verwertung sind deshalb von Bedeutung, da spätestens hier ein entsprechend positiver Marktwert für die Aufbereiter und Verwerter der Sekundärrohstoffe erzielt wird. Allerdings findet hier bei einigen Marktteilnehmern wie auch in Teilen der Verwaltung der Beseitigungsgedanke für Siedlungs- und Gewerbeabfälle, die eine ergiebige Quelle für die Rückgewinnung von Sekundärrohstoffen sind, immer noch erstaunlichen Widerhall.
Die Bereiche Bau und Abbruch stellen mit 20,9 Mio. Tonnen das größte Mengenaufkommen an Abfällen. Schon geringe Eingriffe in diesen Stoffstrom können größere Mengen an Rohstoffen generieren. So finden inzwischen auch die Recyclingbaustoffe eine verstärkte Akzeptanz beim Neubau. Deutliche Entwicklungspotenziale bestehen auch bei den Bioabfällen. In Deutschland beträgt das Gesamtaufkommen an biogenen Reststoffen und Abfällen 8,9 Mio. Tonnen. Sehr unterschiedliche Verfahren - das sind insbesondere Kompostierung, Biogasgewinnung, Vererdung und Brennstoffe - werden für deren Verwertung eingesetzt.
Die vorgenannten "klassischen" Sekundärrohstoffe werden in der Kette "Sammeln, Sortieren, Aufbereiten und Verwerten" national, europäisch oder weltweit in offenen Märkten gehandelt und vermarktet. Durch diese Internationalität können weltweit gültige Preise ermittelt werden, wodurch die Sekundärrohstoffe einerseits und die hieraus hergestellten Produkte anderseits in den Märkten Bestand haben. Darüber hinaus steigt durch internationale Vermarktung die Qualität der Sekundärrohstoffe stetig, da sie sich im Wettbewerb mit den Primärrohstoffen befinden.

Hier stapeln sich die Möglichkeiten zur Rohstoffrückgewinnung - und damit auch zur Teilunabhängigkeit von Importen.
Foto: © FUP AG

Neue Sekundärrohstoffe
Aus übergeordneter Sicht verändert der Einsatz von anorganischen Stoffen in Produkten zwar deren chemische Form und deren Verteilung, sie gehen aber letztlich nicht verloren. Damit stellen sich aber die Fragen nach dem Verbleib der Stoffe, nach deren Nutzung in Produkten sowie nach den Möglichkeiten und Limitationen einer Aufbereitung und Rückgewinnung.
Im Fokus der Öffentlichkeit, als so genannte neue Sekundärrohstoffe, stehen hierbei zur Zeit Metalle und Verbindungen, die für Stoffumsetzungen, als Legierungsbestandteile, in der Informations- und Kommunikationstechnologie oder für die Energiespeicherung (Strom, Licht, Wärme) von Bedeutung sind. Hierzu zählen neben anderen die Seltenen Erden, sowie die Übergangsmetalle, Metalle für Katalysatoren sowie die Dotierstoffe für Halbleiter aus den Hauptgruppenelementen.
Als eine höchst ergiebige Quelle für die Rückgewinnung der "Neuen Sekundärrohstoffe" gelten die Millionen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten; hier verbreitet sich eine erstaunliche Goldgräberstimmung. Unbeachtet bleibt dabei allerdings, dass bei der Aufbereitung von Elektro- und Elektronikaltgeräten neben den Wertstoffen auch schwer verwertbare Fraktionen, das sind beispielsweise flammgeschützte Kunststoffe oder aufcachierte Träger, oder Schadstoffe anfallen, die umweltgerecht und teuer zu beseitigen sind.
Im Gegensatz zu den "klassischen" soll bei den "neuen Sekundärrohstoffen" der weltweite Handel unterbleiben, einerseits, um die Versorgung von Europa mit den strategischen Materialen abzusichern und andererseits, um Schaden von Mensch und Umwelt abzuwenden, denn in Fernost wird z.B.das Recycling von Platinen und Leiterplatten häufig lediglich durch Abrösten auf offenen Feuern vorgenommen.

Bewertung
Als Trend zeigt sich, dass die Werthaltigkeit der Siedlungs- und Gewerbeabfälle beständig zunimmt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass a) immer höherwertige Produkte mit einer größeren Fertigungstiefe hergestellt werden, b) die Aufbereitungs- und Verwertungstechniken immer effizienter werden und c) die Preise für Rohstoffe und Energie über die Jahre hinweg stetig steigen. Eine Voraussetzung für die Rückgewinnung von Rohstoffen aus den Produkten, die nach Gebrauch anfallen, ist, diese Materialien hochwertig über Getrenntsammlungen zu erfassen. Darüber hinaus ist die enge Kooperation von Forschung und Entwicklung sowie der Ministerien und Behörden mit der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft von erheblicher Bedeutung.
 
Von Dr. Thomas U. Probst, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung - Papier e.V. (bvse )

Quelle:



     
        
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