Guter Boden für unsere Nachkommen

Wie die Landwirtschaft enkeltauglich wird

Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und künstlichen Düngemitteln in der industriellen Landwirtschaft schadet der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BEL) setzt sich für die ökologische Transformation der Landwirtschaft ein, und zeigt, wie es besser geht. 

Gesunder Boden als Grundlage für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. ©Voelkel GmbH Die sogenannte industrielle Landwirtschaft ist ein komplexes System, das auf wenigen Grundpfeilern basiert: auf chemisch-synthetischen Pestiziden, Kunstdünger und extremer Mechanisierung. Ihre Methoden verursachen hohe ökologische und soziale Kosten, die der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Die enormen CO2-Emissionen durch den Verbrauch fossiler Rohstoffe u.a. für Maschinen und Transport, Verarbeitung und Lagerung, sowie für die Herstellung von Pestiziden, Herbiziden und vor allem für synthetische Stickstoffdünger, machen die industrielle Landwirtschaft zu einem der Haupttreiber des Klimawandels. Zudem sind konventionell wirtschaftende Bäuerinnen und Bauern heute fast vollständig von wenigen großen Agrarkonzernen abhängig, die Saatgut und Chemikalien kontrollieren und eine finanzielle Marktmacht haben. 

Pestizidbelastung als Gefahr für Landwirtschaft und Umwelt in Europa
Die Landwirtschaft in Europa ist schon heute unmittelbar vom Klimawandel betroffen. Ausbleibender Regen und die zunehmende Dürre im tieferen Boden wechseln sich mit Starkregen-Ereignissen ab, und bedrohen damit den Ernteerfolg. Doch die Agrarindustrie setzt auf weitere Produktionssteigerungen mit immer toxischeren Pestiziden. Dabei sind die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft auf Gesundheit, Umwelt, Artenvielfalt und Klima mehr als besorgniserregend: Ca. 30.000 Tonnen Pestizide werden Jahr für Jahr auf deutschen Äckern ausgebracht. Sie verseuchen das Grundwasser, reduzieren die Biodiversität, schädigen das Bodenleben und gefährden so die Ernährungsgrundlage zukünftiger Generationen. Besonders alarmierend ist, dass die Pestizid-Wirkstoffe nicht an ihrem Ausbringungsort bleiben, sondern angrenzende Flächen kontaminieren und durch atmosphärische Prozesse über mehrere hundert Kilometer verbreitet werden. 

Deutschlandkarte mit Intensität der Pestizidbelastung. © Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft
In einer umfassenden Studie zur Pestizid-Belastung der Luft, die das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zusammen mit dem Umweltinstitut München im Jahr 2020 veröffentlicht hat, wurden an 163 Standorten insgesamt 138 Pestizide und deren Abbauprodukte nachgewiesen: in Naturschutzgebieten, auf Kinderspielplätzen und in Stadtwohnungen. Nicht zuletzt leiden auch Biobetriebe unter diesem Ferntransport von Ackergiften durch die Luft: Immer häufiger können sie ihre ökologisch produzierte Ernte nicht vermarkten, weil sie durch Pestizid-Ablagerungen aus unbekannten Quellen kontaminiert wurde. Diese Ernteverluste und die aufwendigen Vorsorge- und Kontrollmaßnahmen, die den Biobetrieben auferlegt werden, um gesundheits- und umweltbewussten Konsumentinnen und Konsumenten ihre Produkte in bestmöglicher Qualität anbieten zu können, kosten die Biobranche jährlich rund 100 Millionen Euro. Das trägt zu der Preisverzerrung von Bioprodukten gegenüber konventionell erzeugter Ware bei. "True cost" heißt hier die Devise: Die Kosten der konventionellen Lebensmittelerzeugung für Umwelt und Gesundheit müssen in die Preisgestaltung einfließen. Dann wird sich der ressourcenschonende Öko-Landbau gegenüber der fossil getriebenen Landwirtschaft als deutlich preiswerter erweisen.

Wie kann eine zukunftsfähige Landwirtschaft geschafft werden?
Ein Systemwandel hin zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft ist nicht nur notwendig, sondern längst überfällig, wenn die Ernährungssicherheit auch für unsere Enkelinnen und Enkel erhalten werden soll. Um diesen Wandel schnellstmöglich voranzutreiben, haben sich Unternehmen der Bio-Branche und zivilgesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen. Tausende von Biobäuerinnen und -bauern beweisen täglich: Eine Landwirtschaft, die auf Gifte verzichtet, die natürlichen Ressourcen schützt und sowohl uns Menschen als auch den Tieren und Pflanzen zugutekommt, kann erfolgreich und nachhaltig funktionieren – ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Vor allem in den Bereichen Wasser- und Artenschutz, Bodenfruchtbarkeit, Klimaanpassung und Ressourceneffizienz ist die ökologische Landwirtschaft laut dem Thünen-Institut wegweisend.
 
Auch die deutsche Bundesregierung hat dies erkannt und sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 soll der Anteil der Bio-Landwirtschaft auf 30 Prozent der Agrarfläche gesteigert werden. Aktuell sind wir davon jedoch weit entfernt. Eine EU-Agrarpolitik, die weiterhin auf möglichst hohe Hektarerträge im globalen Wettbewerb abzielt, die Flächengröße der landwirtschaftlichen Betriebe statt ihre Umweltleistungen honoriert und durch die Bevorteilung industrieller Strukturen das Sterben bäuerlicher Höfe vorantreibt, ist ein massives Hindernis auf dem Weg zur Ökologisierung der Landwirtschaft. Damit die Umstellung auf Bio in der Breite möglich wird, muss die Agrarpolitik die Umweltleistungen des Öko-Landbaus angemessen honorieren und den Bedürfnissen der Zukunft entsprechend finanzieren. Zudem braucht es konkrete und verbindliche Schritte zur Pestizidreduktion. Dafür macht sich das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft stark.

Alle können mit anpacken!
Gifte einfach exportieren?

In der Europäischen Union (EU) sind viele Pestizide mittlerweile wegen inakzeptabler Risiken für Gesundheit und Umwelt verboten. Verkauft werden sie jedoch weiterhin, überwiegend in Ländern des Globalen Südens. Im Jahr 2018 haben EU-Staaten den Export von 81.000 Tonnen an Pestiziden bewilligt, die in der EU verboten sind. Allein aus Deutschland wurden 2021 rund 8.500 Tonnen Pestizidprodukte mit hochgefährlichen, verbotenen Wirkstoffen exportiert – vor allem nach Lateinamerika, Indien und Südostasien. 

Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung

Um ein Umdenken im Umgang mit Pestiziden zu erreichen, braucht es ambitionierte Maßnahmen. Nicht nur Landwirte und Landwirtinnen, sondern auch Unternehmen und jede einzelne Privatperson kann seinen und ihren Beitrag leisten, um den Wandel schnellstmöglich voranzutreiben:
  • Auch auf Grünflächen jenseits der Äcker haben Pestizide nichts verloren: Wer nachhaltig wirtschaften will, sollte naturnah und giftfrei gärtnern (lassen).
  • Es gibt keinen wirksameren Stimmzettel als den Kassenbon! Denn Bio kaufen heißt, chemisch-synthetische Pestizide verhindern. Das gilt für Privathaushalte genauso wie für Kantinen, Restaurants und andere Großverbraucher.
  • Gemeinsam sind wir stark! Die Mitgliedschaft im Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft steht nicht nur Unternehmen der Bio-Branche offen. Organisationen, die sich mit den Zielen des BEL identifizieren, können sich für eine Mitgliedschaft bewerben und so Teil der Bewegung werden. 
Johannes Heimrath ist Vorstandsmitglied und Mitgründer im Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Nicht erst seit einem Herbizidunfall 2001 in seiner vorpommerschen Heimat wirbt er für den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide. Sein Motto: "Ackergifte? Nein danke!"

Hinweis: In unserer aktuellen forum-Ausgabe 03/25 „Der Wert der Böden", behandeln wir intensiv das Thema Boden und dessen Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft und wie degradierte Böden wiederbelebt werden können.

Umwelt | Wasser & Boden, 26.05.2025

     
        
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