Die „Negativliste“ der AVV Klima ist positiv!

Der "Ökologischer Fußabdruck" erhält Einzug im Vergabeverfahren des Bundes.

 
Oliver Fronk, Teamkoordinator Sales bei Prior1 © Prior1Regierungen müssen in Zeiten der Bedrohung eine Stütze sein und die richtigen Entscheidungen treffen. Die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels sind – wie der Weltklimarat erst vor zwei Tagen wieder betont hat – eine Gefahr für die Menschheit. Sie bedrohen die Sicherheit der Menschen und den Frieden zwischen ihnen. Am 1. Januar 2022 ist die AVV Klima - die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen – in Kraft getreten. Sie enthält Entscheidungen, die wir von Prior1 für richtig halten. Die Vorschrift gilt für die Vergabe öffentlicher Aufträge durch Dienststellen des Bundes – und sie hat es in sich. Durch ihre klaren Vorgaben gibt sie dem Klimaschutz deutlich mehr Gewicht (mit dem Ziel, zur Erreichung der Pariser Klimaziele beizutragen), stellt anbietende Unternehmen aber auch vor große Herausforderungen. Warum? Das hat mehrere Gründe:
Einer liegt in der sog. „Negativliste" von Leistungen, die von Behörden des Bundes nicht mehr beschafft werden dürfen. Dazu gehören unter anderen:
  • Baustoffe, die teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (HFCKW) und teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) enthalten oder unter Verwendung dieser Stoffe hergestellt wurden
    Beide Stoffe dienen bislang als Kältemittel in Klimageräten, etwa bei der Klimatisierung von Rechenzentren, und sind weit verbreitet. Beide Stoffe tragen aber über den Treibhauseffekt zur Erderwärmung bei. Durch die Listung auf der Negativliste können Dienststellen des Bundes Anlagen oder Bauteile, die diese Stoffe enthalten, nicht mehr kaufen.

  • Multisplit/VRFKlimageräte (VFR= Variable Refrigerant Flow) mit mehr als 10 Kilowatt Nennkälteleistung
    Sie werden bislang für die Klimatisierung mittlerer und großer Rechenzentren bzw. Gebäude eingesetzt und sind in hoher Zahl in Deutschland im Einsatz.

  • Flüssigkeitskühler mit mehr als 10 Kilowatt Nennkälteleistung mit Kältemittel GWP ?150 
    GWP (Global Warming Potential) ist eine Kennzahl für den relativen Beitrag einer Substanz zum Treibhauseffekt. Die meisten HFKW und H-FCKW-Kältemittel liegen deutlich über dem Grenzwert von 150. Natürliche Kältemittel dagegen haben ein sehr geringes GWP. Propan R290 etwa hat ein GWP von 3, Ammoniak R717 hat ein GWP von 0. Die Vorschrift macht deutlich, dass nur Kältemittel mit einem GWP kleiner als 150 zukunftsfähig sind, sollen die klimaschädlichen Emissionen nachhaltig gesenkt werden. Hersteller von Kältemaschinen, die sich an Ausschreibungen der Bundesdienststellen beteiligen wollen, werden somit angehalten, auf neue, zukunftssichere Kältemittel zu setzen.

  • Schwefelhexafluoridhaltige Mittelspannungsschaltanlagen
    Schwefelhexafluorid (SF6) wird in Schaltanlagen zur Isolation und Löschung eingesetzt. Aber: Die Substanz hat ein sehr hohes Treibhauspotenzial. Mittlerweile gibt es Alternativen für Mittelspannungsanlagen, sodass für Bundesaufträge derlei Anlagen nicht mehr zulässig sind.
Durch diese Negativliste sind Hersteller und Anbieter, die keine Alternativen zu den genannten Stoffen und Anlagen im Programm haben, de facto von Ausschreibungen der Bundesdienststellen ausgeschlossen. Das ist für viele Anbieter mit Sicherheit hart, aber diese Weichenstellungen sind im Sinne der Umwelt höchst an der Zeit.
 
Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus
Ein weiterer Grund für die Skepsis bzw. Ablehnung der Vorschrift durch zahlreiche anbietende Unternehmen und deren Verbände sind die vorgeschriebenen Prüf- und Berücksichtigungspflichten der AVV Klima. Denn in die Beschaffungsentscheidung einbezogen werden muss nun auch die Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus der Leistung (Herstellung, Nutzung, Wartung sowie Abholung, Recycling oder Entsorgung nach Beendigung der Nutzung). Dabei muss insbesondere der Aspekt der energieeffizientesten Systemlösung sowie, soweit mit vertretbarem Aufwand möglich, eine Prognose der verursachten Treibhausgasemissionen während des gesamten Lebenszyklus berücksichtigt werden. 
 
Nur ein Beispiel: Für alle Einzel-Komponenten einer Rechenzentrums-Klimaanlage sowohl die Energieeffizienz als auch die Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus angeben zu müssen – zugegeben, das ist ein echter Brocken. Denn in der globalisierten Wirtschaft kommen sowohl die Rohstoffe als auch die Bauteile aus aller Welt und in der Praxis gibt es nur wenig Transparenz in Sachen Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen. In diesem Punkt stehen die Hersteller vor einer großen, aber aus unserer Sicht notwendigen Aufgabe. Die AVV Klima zwingt alle Bewerberunternehmen, die Komfortzone zu verlassen und die notwendigen Informationen, soweit mit vertretbarem Aufwand möglich, einzuholen und bereitzustellen. Wir von Prior1 sehen das positiv und als wichtigen Schritt hin zu mehr Klimaschutz. 
 
Jammern hilft jedenfalls nicht, wenn Unternehmen an öffentlichen Aufträgen interessiert sind. Denn es ist zu erwarten, dass das, was momentan auf Bundesebene gilt, in absehbarer Zeit auch im Landes- und Kommunenbereich wirksam sein wird. Zudem hält die AVV Klima die Dienststellen des Bundes dazu an, vor Einleitung des Vergabeverfahrens auch Alternativen zum klassischen Kauf von Lieferleistungen zu überprüfen, um auf diesem Weg vom Prinzip „Nutzen statt Besitzen" im Hinblick auf die Klimawirkung zu profitieren und damit der Berücksichtigungspflicht gerecht zu werden. In jedem Fall sind Bewerberunternehmen in der Pflicht, die Vorgaben der AVV Klima zu erfüllen. Durch Gütezeichen, wie etwa „Blauer Engel", können sie belegen, dass ihre Liefer-, Dienst- und Bauleistung bestimmten Nachhaltigkeitsmerkmalen entspricht. 
 
Wir von Prior1 begrüßen die Vorschriften der AVV Klima, auch wenn sie herausfordernd sind. Sie verleihen dem Klimaschutz mehr Bedeutung und das ist gut.
 
Kontakt: Procomm, Gabi Mair | g.mair@procomm.biz | www.procomm.biz

Wirtschaft | Recht & Normen, 09.03.2022

     
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