Lifestyle | Geld & Investment, 10.06.2021
Norwegischer Pensionsfonds
Aus für an Kriegsverbrechen mitschuldige Rüstungsfirmen
Kürzlich hat das norwegische Parlament die Einführung neuer ethischer Kriterien für Investments des staatlichen Pensionsfonds in Waffenexporteure beschlossen. Rüstungsfirmen, die sich an Kriegsverbrechen mitschuldig machen, werden demnach aus dem Portfolio des Fonds ausgeschlossen. Die NGOs Save the Children Norway und Future In Our Hands Norway sowie urgewald und Facing Finance begrüßen dies und erwarten, dass weitere Investoren diesem Beispiel folgen werden.
Zivilgesellschaft: „Ein bedeutender Game Changer"
Der Norwegische Pensionsfonds ist wegen mehrerer umstrittener Investitionen in Waffenfirmen, die mit dem Krieg im Jemen in Verbindung stehen, unter Beschuss geraten. Organisationen in Norwegen und auf der ganzen Welt setzen sich seit mehreren Jahren für eine Änderung des ethischen Rahmens des Fonds ein, so dass unethische Waffenfirmen aus seinem Portfolio verbannt werden. „Das neue Kriterium hat das Potenzial, ein bedeutender ‚Game Changer‘ zu sein und zu mehr Respekt vor den Menschenrechten beizutragen. Dass ein internationaler Investitionsriese wie der Norwegische Pensionsfonds Unternehmen ausschließen kann, die Waffen an Länder verkaufen, die die Regeln des Krieges verletzen, sendet ein starkes Signal an die Rüstungsindustrie: Sie muss verantwortungsbewusster werden, was die Frage angeht, an wen sie Waffen liefert und wie die Waffen eingesetzt werden", kommentiert Birgitte Lange, Geschäftsführerin von Save the Children Norway.
Fonds hält immer noch Anteile an Unternehmen, deren Waffen im Jemen-Krieg eingesetzt werden
Während des sechsjährigen Krieges im Jemen hat die UN zahlreiche mutmaßliche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch alle Konfliktparteien dokumentiert. Dazu gehören auch Verstöße unter Verwendung von Waffen, die von Unternehmen im Portfolio des Fonds hergestellt und verkauft werden. Derzeit ist eine Strafanzeige am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anhängig, in der mehreren Unternehmen Beihilfe zu Kriegsverbrechen vorgeworfen wird.
Im Herbst 2018 wurde aufgedeckt, dass der Fonds Aktien des amerikanischen Unternehmens Raytheon im Wert von 500 Mrd. US-Dollar besitzt. Der Konzern lieferte Bomben an die von Saudi-Arabien geführte Koalition im Jemen.
„Im Fall von Raytheon sagte der Ethikausschuss des Fonds, dass er das Unternehmen nicht untersuchen oder einen Ausschluss beantragen könne, weil es kein Kriterium dafür gebe. Das Gleiche gilt für viele andere Waffenfirmen, die Bomben, Kampfjets und militärische Ausrüstung für den Krieg im Jemen geliefert haben. Es ist, als hätte der Fonds Scheuklappen aufgehabt, wenn es um Waffenfirmen geht, sagt Anja Bakken Riise von Future In Our Hands Norway.
Eine Analyse der Investitionen des Fonds im Jahr 2020, die von Facing Finance und urgewald durchgeführt wurde, zeigt, dass der Fonds weiterhin stark in mehrere Rüstungsunternehmen investiert, deren Waffen im Jemen-Krieg eingesetzt werden. Neben Raytheon befinden sich Unternehmen wie Leonardo, Dassault, Rheinmetall, Thales und General Dynamics weiterhin im Portfolio des norwegischen Pensionsfonds. Allein die Investitionen in diese 6 Unternehmen belaufen sich auf 1,87 Milliarden US-Dollar.
Hohe Erwartungen an greifbare Auswirkungen
Nach der Verabschiedung des neuen Kriteriums durch das Parlament muss der Ethikrat des Fonds nun auch die Waffenunternehmen unter die Lupe nehmen.
„Es ist klar, dass sich der Fonds nach der Verabschiedung des neuen Kriteriums sofort von mehreren Rüstungsunternehmen trennen muss. Das Beispiel Jemen-Krieg zeigt, dass ein umfassendes Ausschlusskriterium für Waffenexporteure in Kriegsgebiete dringend notwendig sind, um weitere schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu verhindern", sagt Barbara Happe von urgewald.
Der Norwegische Pensionsfonds ist einer der größten Fonds der Welt und ist in über 9.000 Unternehmen investiert. Im Durchschnitt besitzt der Fonds 1,5 % aller Aktien der börsennotierten Unternehmen der Welt, zusätzlich zu seinem Portfolio an Anleihen und festverzinslichen Wertpapieren. Die Organisationen erwarten, dass sowohl andere Investoren als auch die Rüstungsunternehmen selbst darauf verzichten, Waffen an kriegführende Staaten zu liefern bzw. dies zu finanzieren.
„Alle Finanzdienstleister weltweit sind nun aufgerufen, dem Beispiel des Norwegischen Pensionsfonds zu folgen und Unternehmen, die Waffen an kriegführende Länder liefern, aus ihren Portfolios auszuschließen. Kein Investor sollte solche Unternehmen mehr finanzieren", sagt Thomas Küchenmeister, Geschäftsführer von Facing Finance.
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