Energieversorgung im Quartier
Ganzheitliche, integrative und dezentrale Ansätze
Diesen Beitrag von Florian Henle, Polarstern GmbH, finden sie im B.A.U.M.-Jahrbuch 2020 - Nachhaltige Stadt. Unternehmen als Akteure im urbanen Raum.
Ein ideales Testfeld, um die Energiewende in der Stadt voranzubringen, sind Quartiere. Hier wird im
Kleinen erprobt und erforscht, was später Standard werden soll. So eröffnet etwa die Mieterstromversorgung zahlreiche sektorenübergreifende Verknüpfungsmöglichkeiten für klimafreundliche Smart
Cities. Die im Quartier erzeugte Energie wird dann nicht nur zur Strom-, sondern auch zur Wärmeversorgung genutzt und kann durch Ladeangebote für Elektrofahrzeuge auch CO2-Emissionen im Verkehr
reduzieren. Die vernetzte Steuerung der Anlagentechnik ist außerdem die Basis für smarte Lösungen,
die den Alltag der Menschen sicherer, bequemer und effizienter machen.
Zwei große Mieterstromprojekte von Polarstern zeigen, wie das Wohnen der Zukunft schon heute aussieht: das Quartier Lok.West in Esslingen und das Quartier Future Living® Berlin.
Energieeffizienz

Das Besondere am Quartier Lok.West ist seine 100-prozentige CO2-Neutralität. Allein mit Energiesparmaßnahmen wäre das nicht erreichbar. Zwar verfügen die Gebäude über eine hoch wärmegedämmte
Gebäudehülle, aber es muss auch lokal Strom erzeugt und vorwiegend im Gebäude genutzt werden, um
die Klimaziele zu erfüllen. Reicht die vor Ort erzeugte Strommenge aus PV-Anlagen und BHKWs nicht aus,
wird das Gebäude mit Ökostrom und Ökogas aus 100 Prozent erneuerbarer Energie versorgt. Insgesamt
sollen in den Gebäuden bis zu 80 Prozent des Strombedarfs aus eigener Produktion gedeckt werden.
Lok.West ist das erste Quartiersobjekt, bei dem aus den Überschüssen der dezentralen Stromerzeugung mit PV-Anlagen und BHKWs in einem Elektrolyseur „grüner Wasserstoff" erzeugt wird. Solche
Maßnahmen stabilisieren das Stromnetz und ermöglichen, Erzeugungs- und Lastspitzen im Stromsektor
besser aneinander anzupassen. Der erzeugte Wasserstoff wird in eine Abfüllstation geleitet und steht
so Tankstellen und lokalen Unternehmen zur Verfügung. Die bei der Elektrolyse anfallende Abwärme wird zudem über ein Nahwärmenetz direkt im Quartier genutzt. Außerdem kann bei Bedarf ein geringer
Teil des Wasserstoffs in den BHKWs des Quartiers rückverstromt und somit zur Energieversorgung der
Haushalte eingesetzt werden. Damit dient der Elektrolyseur entsprechend des Ansatzes Power-to-Gasto-Power gewissermaßen auch als Stromspeicher.
Das gesamte Projekt ist eines von sechs Leuchtturmprojekten, das vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie (BMWi) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aus mehr als 60
Bewerbungen ausgewählt wurde. Damit erhält es eine Förderung im Rahmen des Förderschwerpunktes
„Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt".
Eigenstromversorgung und Autarkie
Im zukunftsweisenden Quartier Future Living® Berlin realisiert Polarstern eine smarte Mieterstromversorgung mit integrierter Sektorenkopplung. Eine 190 Kilowatt Peak Photovoltaik-Dachanlage versorgt
69 Wohneinheiten und 20 Boarding House-Studios. Wird mehr Strom erzeugt als direkt genutzt werden kann, füllt der Solarstrom mindestens einen Batteriespeicher mit 170 Kilowattstunden nutzbarer
Speicherkapazität.
Auch Wärmepumpen und Ladestationen eines Community E-Car-Sharing-Angebots werden mit Solarstrom versorgt. Das alles steigert den Direktverbrauch, zumal zur effizienten Wärmeversorgung auch
25 Wärmepumpen untereinander vernetzt sind.
Neben der optimalen Nutzung der verfügbaren Speicherkapazität spielt das Verbraucherverhalten bei
der effizienten Energieversorgung eine wichtige Rolle. Um die im Energiekonzept budgetierte Eigenstromversorgung und Autarkie zu erzielen, muss Extremverhalten der Bewohner – sprich: sinnloser
Energieverbrauch – vermieden werden. Nutzer in ihrem Verhalten anzuleiten und die Versorgung an
ihren Bedarf anzupassen, sie mit Informationen zu unterstützen, das ist ebenfalls eine Funktion, die
das Energie-Management-System leisten muss. Die Bewohner von Future Living® Berlin werden dabei
von einem digitalen Wohnungsmanager auf einem festinstallierten Touchscreen unterstützt. Er zeigt
ihnen u.a. den Strom-, Heizungs- und Wasserverbrauch für die einzelne Wohnung an, so dass sich die
Bewohner daran orientieren können. Automatisierungen führen ferner dazu, dass sich beispielsweise
die Heizung bei Nichtnutzung von Räumen ausschaltet.
Mieterstrom ist ein Steigbügel für die umfassende Energiewende in der Stadt. Sie unterstützt klimafreundliche Entwicklungen und Lösungen auch in anderen Sektoren und bietet dabei Vorteile für
Immobilienbesitzer und Bewohner. So steigt nicht nur der Immobilienwert, auch die Energiekosten
sinken und es eröffnen sich neue Geschäftsmodelle und damit Serviceangebote. Wer die Stadt der
Zukunft mitgestalten will, kommt an vernetzten Mieterstromprojekten nicht vorbei. Quartierslösungen
zeigen heute, wie es morgen bei uns aussehen kann.
Florian Henle ist Mitgründer und Geschäftsführer des Öko-Energieversorgers Polarstern. Er verantwortet die Bereiche
Geschäftsentwicklung, Energiewirtschaft, Finanzen und Marketing. Bei der Realisierung und Weiterentwicklung
von Mieterstromprojekten setzt er auf eine intelligente und sektorenübergreifende Vernetzung.
Quelle: B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Gesellschaft | Green Cities, 01.12.2020

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