Tragen globale Marken Verantwortung?
Nachhaltigkeit ist einfach lohnend
Globale Konzerne haben weit größere Kommunikations- und Werbebudgets als Ministerien oder NGOs. Große Handelsketten können am Point of Sale punktgenaue Aufklärung im großen Stil betreiben. Wird dieser Hebel ausreichend genutzt? forum fragt Virginie Helias, ob der Nachhaltigkeitsgedanke endlich in der Markenkommunikation angekommen ist und wie es gelingen kann, die Verbraucher für nachhaltigen Konsum zu gewinnen.
Nachhaltigkeit wird von vielen Unternehmen als echtes Verkaufsargument bezeichnet. Sehen Sie das auch so?
Ich bin weit entfernt von Nachhaltigkeitsromantik. Wir sehen es als Teil unserer unternehmerischen und gesellschaftlichen Verantwortung, uns für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen. Wir beschäftigen uns intensiv mit der Frage, wie wir es schaffen können, die Nachfrage nach nachhaltigeren Produkten und Dienstleistungen zu erhöhen. Oder anders formuliert: Was können unsere Marken tun, um die Menschen zu überzeugen, ein nachhaltiges Leben zu führen? Wie machen wir es lohnenswert für Sie, nachhaltiger zu konsumieren?
Und wie bringt man als Unternehmen Menschen dazu, mehr auf Nachhaltigkeit zu achten?
Ganz einfach: durch kontinuierliche Innovation und durch unsere eigenen Ambitionen. Wir müssen dafür Sorge tragen, es Verbrauchern einfach und erstrebenswert zu machen, einen nachhaltigen Lebensstil zu führen. Menschen lassen sich einen nachhaltigen Lebensstil nicht diktieren. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Verbraucher wollen ihre Wäsche bei niedriger Temperatur waschen. Sie wissen, dass es schonender für ihre Wäsche ist und viele Menschen wissen auch, dass 80 Prozent des ökologischen Fußabdrucks eines Waschmittels von der Waschtemperatur abhängen. Dennoch tun sie es nicht, weil sie meinen, sie würden nicht alle Flecken herausbekommen. Unsere Lösung: Wir entwickeln neue, leistungsstarke Produkte, die bei niedrigen Temperaturen wirken. Damit lösen wir das gefühlte Dilemma zwischen Sauberkeit und Nachhaltigkeit auf und machen es den Menschen einfach, nachhaltiger zu waschen.
Kann man nachhaltiger leben, ohne liebgewonnene Gewohnheiten zu ändern?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, hier muss man differenzieren: In vielen Bereichen müssen wir für einen nachhaltigeren Lebensstil wohl unsere Gewohnheiten ändern. Aber es gibt auch Bereiche, in denen mehr Nachhaltigkeit auch ohne wesentliche Veränderungen der Alltagsgewohnheiten möglich ist: Beim World Economic Forum in Davos haben wir eine Shampooflasche bei Head & Shoulders angekündigt, die zu 25 Prozent aus Plastikabfällen, die an Stränden eingesammelt wurden, besteht. Sie kommt im Sommer als limitierte Edition bei Carrefour in Frankreich in den Handel. Damit machen wir es den Verbrauchern einfach, etwas Gutes für die Umwelt zu tun.
Wie trägt ihre Markenkommunikation dazu bei, den Nachhaltigkeitsgedanken bei der Kaufentscheidung in den Vordergrund zu stellen?
Was ist stärker als ein einzelner Aufruf für mehr Nachhaltigkeit? Globale Marken, die sich für Veränderung und mehr Nachhaltigkeit einsetzen! Hier setzen wir an und hieran wollen wir uns messen lassen. Unser klar definierter Anspruch bei allen unseren Marken ist es, gesellschaftliche Veränderung zum Positiven zu erreichen. Das gilt für die Förderung und Gleichstellung von Frauen ebenso wie für Umweltschutz.
Kampagnen wie #LikeAGirl von always, #WeSeeEqual oder die Initative „Children‘s Safe Drinking Water" gemeinsam mit METRO Cash & Carry tragen den unternehmerischen Gedanken der Corporate Responsibility zu den Kunden.
Als Unternehmen hält P&G also weiter an seinen Nachhaltigkeits- und Klimazielen fest?
Ja, wir sehen uns unverändert den Zielen, zu denen wir uns klar bekannt haben, verpflichtet. Das bedeutet konkret, dass wir weiter daran arbeiten, unser Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen um 30 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 2010 zu erreichen, sowohl durch verantwortungsvolle und nachhaltige Abläufe und Prozesse in allen Bereichen des Unternehmens als auch in der Benutzungsphase unserer Produkte. Wir wissen, dass vielen Verbrauchern und vielen unserer Mitarbeiter der Schutz der Umwelt sehr am Herzen liegt. Wir bemühen uns daher aktiv darum, die Treibhausgasemissionen unserer Produktion zu reduzieren und wir sind der Ansicht, dass Politik, Wirtschaft und Verbraucher alle zusammen einen Beitrag zu einer gemeinsamen, gleichermaßen besonnenen wie kostenwirksamen Lösung leisten sollten.
Bei einem Ihrer letzten Vorträge haben Sie gesagt, dass „Glücksmomente nicht klimaschädigend sein müssen". Können Sie das kurz erläutern?
Vor rund zwei Jahren hat sich eine Reihe von Unternehmen zusammengeschlossen und ein „Playbook" für einen nachhaltigen Lebensstil entwickelt. Inspiriert war das Ganze von einer globalen Studie von Havas, in der Verbraucher gefragt wurden, was sie glücklich macht. Dabei kam heraus, dass Dinge, die Menschen glücklich machen, oft mit einem nachhaltigeren Lebensstil einhergehen. Die allermeisten dieser Glücksmomente sind dabei nicht klimaschädigend! Es geht vielen nicht um übermäßigen Konsum oder die nächste Fernreise. Viel erfüllender ist Zeit mit der Familie, außerdem steht das Thema Gesundheit im Fokus. Das hat uns zu denken gegeben.
Um es abschließend zusammenzufassen: Nachhaltigkeit muss einfach sein und muss sich lohnen?
Ja, das sind wesentliche Elemente. Und wenn das nachhaltigere Angebot zugleich das attraktivste ist, dann erreichen wir echte Veränderung im Lebensstil. Dann begeistern wir die Menschen für Nachhaltigkeit. Und dafür lohnt es sich zu arbeiten. Das sehen im Übrigen auch viele unserer Forscher und Wissenschaftler weltweit so.
Wir danken für das Gespräch und wünschen viel Erfolg mit der globalen Nachhaltigkeitsstrategie.
Wirtschaft | Branchen & Verbände, 30.09.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2017 - Tierische Geschäfte erschienen.
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