Neue EU-Schadstoffgrenzen
Deutsche Kohlekraftwerke müssen nachrüsten oder vom Netz
Die EU-Kommission veröffentlichte heute neue Standards, aufgrund derer die schmutzigsten Kohlekraftwerke in der EU gezwungen werden, ihren giftigen Schadstoffausstoß zu reduzieren. Auch deutsche Kraftwerke müssen nachrüsten, der große Teil muss aber mit Blick auf die Klimaziele ohnehin in den kommenden Jahren vom Netz gehen. Die Bundesregierung hatte bei der Abstimmung im April gegen ambitioniertere Schadstoffgrenzen gestimmt.
Stefanie Langkamp, Expertin für Kohlepolitik der Klima-Allianz Deutschland, erklärt dazu: „Die neuen EU-Schadstoffgrenzwerte für Kraftwerksemissionen sind ein weiteres Argument, die dreckigsten und ältesten deutschen Kohlekraftwerke abzuschalten. Für die Erreichung der deutschen Klimaziele geht kein Weg an einem Kohleausstieg vorbei, für den es einen verbindlichen Fahrplan braucht. Bei der Umsetzung der EU-Vorgaben sollte die deutsche Bundesregierung dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung Vorrang vor Industrieinteressen geben und den erlaubten Schadstoffausstoß weiter minimieren. Vor allem ist die Hintertür zu mehr Verschmutzung zu schließen: Anträge auf Ausnahmen durch Kraftwerksbetreiber muss die Bundesregierung an die Bedingung einer frühzeitigeren Stilllegung knüpfen."
Julia Gogolewska, Referentin für Energie und Gesundheit des Bündnisses HEAL, erklärt:
„Viele vorzeitige Todesfälle durch die Schadstoffe aus Kohlekraftwerken könnten durch bessere Technik schon längst vermieden werden. Das volle Schadensausmaß der Kohleverstromung liegt jedoch in der Wirkung auf den Klimawandel, der die menschliche Gesundheit zunehmend schädigt, weshalb ein vollständiger Kohleausstieg unumgänglich bleibt."
Eine Analyse der Klima-Allianz Deutschland zeigt, dass der Großteil der von den Schadstoffgrenzen betroffenen Kraftwerke ohnehin in der nächsten Legislaturperiode vom Netz gehen muss, um die Ziele des Pariser Abkommens und die deutschen Klimaschutzziele einzuhalten. [2]. Bei der Umsetzung der neuen EU-Standards bis zum Jahr 2021 ist die Mehrheit der Kraftwerke über 40 bzw. sogar über 50 Jahre alt und hat ihre technologische Lebensdauer erreicht. Ein Weiterbetrieb oder eine Nachrüstung dieser Kraftwerke ist mit Blick auf das Alter und die Klimaziele nicht sinnvoll.
Der von HEAL mitveröffentlichte Bericht „Die dunkle Wolke über Europa lichten" vom Oktober 2016 legt erhebliche gesundheitliche Vorteile der europäischen Standards offen [3]. So könnten bei einer strengen Auslegung der BVT-Merkblätter durch die Bundesregierung jährlich bis zu 20.000 vorzeitige Todesfälle durch Luftschadstoffe verhindert und 56 Milliarden Euro an Gesundheitskosten eingespart werden.
Hintergrund:
Heute veröffentlichte die EU-Kommission neue Schadstoffgrenzen für Kraftwerksemissionen, die sogenannten BVT-Merkblätter für Großfeuerungsanlagen, im Amtsblatt der EU [1]. In Deutschland werden diese Schadstoffgrenzen nach der Bundestagswahl rechtlich in der Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) umgesetzt. Mit dem heutigen Stichtag müssen diese bis zum Jahr 2021 auf alle Kohlekraftwerke in Europa angewandt werden und bedeuten Reduktionen beim Ausstoß von Quecksilber, Schwefeldioxid und Stickoxiden. Die Umweltstandards wurden trotz Gegenstimme der deutschen Bundesregierung am 28. April 2017 beschlossen.
Die Klima-Allianz Deutschland ist das breite gesellschaftliche Bündnis für den Klimaschutz. Mit ihren über 110 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Kirche, Jugend, Verbraucherschutz und Gewerkschaften setzt sie sich für eine ambitionierte Klimapolitik und eine erfolgreiche Energiewende auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein. Ihre Mitgliedsorganisationen repräsentieren zusammen rund 20 Millionen Menschen.
Die Health and Environment Alliance (HEAL) ist eine europäische Non-Profit Organisation an der Schnittstelle von Umwelt- und Gesundheitspolitik. Als Dachverband vertritt HEAL über 70 Mitgliedsorganisationen aus dem Gesundheitsbereich aus ganz Europa. Zu den Mitgliedsorganisationen gehören Patienten- und Ärzteverbände, Forschungsinstitute, Frauen-, Umwelt- und Jugendorganisationen sowie Non-Profit-Krankenversicherungen. www.env-health.org/about-us
Umwelt | Klima, 17.08.2017
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