Jetzt packen wir an!

Die Schülerinitiative „Grafing Goes Green“ kämpft gegen Plastikverpackungen

Egal ob beim Bäcker, Metzger, Asiaten oder Dönerladen: Überall bekommt man seinen Einkauf verpackt – meist in Plastik. Um für dieses Problem zu sensibilisieren und auf umsetzbare Lösungsansätze aufmerksam zu machen, wurde die Schülerinitiative „Grafing Goes Green" gegründet.

„Die Jugendlichen heutzutage hängen doch nur noch alle am Handy!" oder „Freitags demonstrieren, aber selbst um die halbe Welt fliegen!" Solche und ähnliche Vorwürfe hören wir Schüler nun seit Monaten. Bei unserem Engagement für „Fridays for Future" ging es uns zugegebenermaßen anfangs nur darum, unsere Ängste und die daraus resultierenden Forderungen von der Straße in die Köpfe der Bürger und Politiker zu bringen. Jetzt ist es allerdings an der Zeit, selbst zur Verwirklichung unserer Ziele beizutragen. Deshalb haben wir, allesamt Schüler des Max-Mannheimer-Gymnasiums Grafing, unser Projekt „Grafing Goes Green" ins Leben gerufen.
 
Auch eine Initiative braucht Initiative
Wie hat alles überhaupt angefangen? Als einzige Klasse unserer Schule nahmen wir Anfang Februar geschlossen an der globalen „Fridays For Future"-Demonstration in München teil. Motiviert durch das außerordentliche Engagement und die Ziele, die sich andere Schüler gesetzt und teilweise schon erreicht hatten, kehrten wir voller Tatendrang zurück nach Grafing. Dort beschlossen wir, eine Initiative zu starten, die die Welt retten und alle Umweltprobleme lösen sollte. Nach ein paar Meetings fiel uns jedoch auf, dass wir uns etwas zu viel vorgenommen hatten, was hitzige Diskussionen auslöste und für allgemeine Frustration sorgte.

Aufmerksam auf das Problem wurden die Schüler durch den Plastikmüll an ihrer Schule. © GGGDann aber die Erkenntnis: Umweltschutz beginnt auf lokaler Ebene. Ein Problem, gegen das wir als Schüler etwas bewirken können, ist der unnötige Plastikkonsum in unserer Stadt. Uns waren schon länger die Unmengen an Einwegplastik aufgefallen, die in den Schulpausen anfallen. Die Mülleimer der Schule quellen über von jeder Menge Styropor- und Plastikverpackungen, in denen das Mittagessen Tag für Tag verkauft wird. Auf dem Heimweg gibt es dann für viele noch einen Coffee-to-go im Einwegbecher.
 
Wir beschlossen, dieses Problem gemeinsam anzugehen, und langsam kristallisierte sich aus der zunächst unkoordinierten und zu großen Gruppe ein kleineres, fokussierteres Team mit einer konkreten Idee heraus. Unser Ziel ist es, den Plastikmüll in unserer Kleinstadt deutlich zu reduzieren. So drehten sich all unsere Überlegungen darum, wie es uns gelingen könnte, unsere Mitbürger dahingehend wachzurütteln, ihren unbewussten Plastikkonsum zu überdenken und schließlich zu reduzieren. 

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."
Erich Kästner

Voilà, unsere Idee
Die Schüler haben die Initiative selbstständig gegründet - und auch das Logo selbst entworfen. © GGGAngefangen haben wir erstmal bei uns selbst. Statt unser Mittagessen in Kunststoff verpackt zu kaufen, nahmen wir Brotzeitdosen mit in die Geschäfte und baten darum, das Essen direkt in diese zu füllen. Viele Läden reagierten zwar überrascht, aber sehr entgegenkommend und waren gerne bereit, uns diesen Gefallen zu tun. Diese positive Erfahrung hat uns motiviert, den eingeschlagenen Weg noch zielsiche- rer fortzusetzen. Da durch diesen minimalen Aufwand einiges an Plastik eingespart werden konnte, entschieden wir, durch unser Projekt auch andere Schüler und Erwachsene dazu zu bewegen, bewusst plastikfrei einzukaufen.

Doch wie bekommt man eine ganze Kleinstadt dazu, auf die gewohnten, zweifellos hygienischen und bequemen Kunststoffverpackungen zu verzichten? Nach etlichen Dis- kussionen und vielen schnell wieder verworfenen Ideen einigten wir uns darauf, eine Stempelkarte einzuführen: Alle teilnehmenden Geschäfte werden mit unserem Logo an ihrer Tür gekennzeichnet. Dort erhält man für jeden plastikfreien Einkauf einen Stempel auf seine Karte. Nach Erreichen von zehn Stempeln bekommt man dann eine kleine Belohnung. Für diese Idee konnten wir bereits einen Sponsor gewinnen, die „Energieagentur Ebersberg" und forum Nachhaltig Wirtschaften.

Die Steine in unserem Weg...
Doch natürlich gibt es bei unserem Vorhaben – wie könnte es anders sein – auch Probleme. Eine der ersten Anlaufstellen für unser Projekt war eine örtliche Metzgerei. Begeistert stellten wir uns und unsere Idee vor, wurden jedoch gleich enttäuscht. Man wies uns darauf hin, dass unsere Ideen leider nicht mit den deutschen Hygienevorschriften zu vereinbaren seien. Diese verbieten es nämlich, Brotzeitboxen und andere Behältnisse hinter die Theke zu nehmen, da dadurch die Ware mit Keimen verunreinigt werden könnte. Deshalb sind den Ladenbesitzern in diesem Punkt, trotz ihrer Bereitschaft, an der Reduzierung ihres Plastikmülls mitzuwirken, die Hände gebunden.
 
Ein weiteres Hindernis sind Waren, die den Geschäften bereits in Kunststoff vorverpackt angeboten werden. Möchte man diese ohne Plastik kaufen, kann man die Verpackung zwar in der Filiale lassen, damit wäre allerdings nichts erreicht. Ob die Abfälle im Laden oder in den Haushalten anfallen, verändert nur den Ort der Entsorgung, nicht aber das grundsätzliche Problem.

...und wie wir damit umgingen
Es ist aber möglich, Frischwaren, wie Fleisch oder Käse, mit Brotzeitboxen einzukaufen ohne die Hygienevorschriften zu Kunden mit Mehrwegbehältern folgendermaßen bedienen: Die geöffnete Dose wird auf ein spezielles Tablett gelegt, was entgegengenommen werden darf. Die Ware wird dann in die Box eingefüllt, welche dann der Kunde selbst schließt. So hat der Verkäufer keinen Kontakt mit der Dose und verletzt keine Vorschriften. Um andere Probleme, wie vorverpackte Waren, zu lösen, ist eine eher langfristige und enge Zusammenarbeit mit den Geschäften und ihren Zulieferern notwendig, um gemeinsam an neuen, nachhaltigen Lösungen zu arbeiten.
 
Wer behauptet, Klima- und Umweltschutz sei eine Sache für Profis, der hat völlig recht! Denn wir Kinder und Jugendlichen sind nicht nur die Profis in Sachen Zukunft – WIR sind die Zukunft!

Wie geht’s jetzt weiter?
Die Geschäfte sind gerne zur Kooperation mit den Schülern bereit: momentan sind schon über 20 Läden dabei © GGGDer oberste Punkt unserer To-do-Liste ist die Verbesserung der Zusammenarbeit mit den örtlichen Geschäften und Supermärkten. Durch den Wirtschaftsförderer der Stadt Grafing, Tim Grebner, erhielten wir die Möglichkeit, erste Kontakte zu ortsansässigen Geschäftsleuten zu knüpfen. Somit wollen wir den interessierten Geschäften eine Koope- ration mit uns als Win-win-Situation vorstellen: Sie erhalten die lukrative Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen und ihr Image durch nachhaltiges Handeln zu verbessern.
 
Darüber hinaus ist eine öffentliche Präsentation unseres Projekts in Planung, zu welcher interessierte Bürger und Ladenbesitzer herzlich eingeladen sind. Dadurch wollen wir die Grafinger für unsere Idee und zur aktiven Teilnahme begeistern. Für die Zukunft sind eventuell auch ein Stand auf einer Grafinger Nachhaltigkeitsmesse und ein Infostand auf dem Marktplatz angedacht, um die Bewohner unserer Stadt für dieses Projekt zu begeistern.

Uns ist selbstverständlich bewusst, dass wir uns mit diesem Projekt viel vorgenommen haben, da Schüler- und Umweltinitiativen anfangs nicht recht ernst genommen werden und einen langen Atem und viel Idealismus brauchen. Allerdings haben wir in der kurzen Zeit, in der wir jetzt an diesem Thema arbeiten, so viel positive Resonanz von unterschiedlichen Seiten erfahren, dass wir sehr optimistisch und nun noch motivierter anpacken wollen. Und so blicken wir mit Vorfreude und Spannung in die Zukunft und hoffen, durch unser Projekt möglichst viele Menschen erreichen und inspirieren zu können.
 
weitere Informationen: www.grafinggoesgreen.de
 
Fakten zur Plastikkrise
  • 2018 hat Deutschland 423.000 Tonnen Plastikmüll nach Malaysia, Hongkong, Indien, Indonesien, Vietnam und in andere Länder exportiert und ist damit der weltweit drittgrößte Plastikmüll- Exporteur nach den USA und Japan.
  • Der exportierte Plastikmüll wird zum Beispiel in Malaysia häufig verbrannt oder illegal entsorgt, in beiden Fällen werden Boden, Wasser und Luft mit chemischen Schadstoffen verschmutzt.
  • 2050 wird voraussichtlich dreimal so viel Plastik wie Fisch in den Meeren schwimmen
  • Seit 1950 wurden 8,3 Mrd. Tonnen Kunststoff erzeugt, wovon nur 600 Mio. Tonnen recycelt und 800 Mio. verbrannt wurden.
  • Mit 11,7 Mio. Tonnen verbraucht Deutschland so viel Plastik wie kein anderes Land in Europa.
Es ist also höchste Zeit zu handeln.

Auf unserer Themenseite "Plastik - die Welt versinkt im Müll" finden Sie weitere spannende Beiträge zum Jahrhundertthema.  


 
Jasmin Ringer und Lisa von Eitzen besuchen als Schülerinnen das Max-Mannheimer-Gymnasium Grafing und sind Aktivistinnen bei Grafing Goes Green.

Umwelt | Ressourcen, 01.09.2019
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2019 - Social Business beseitigt Plastik-Müll und schafft neue Jobs erschienen.
     
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