CETA und TTIP
bringen uns um unsere lokale Esskultur

Eine UnternehmensGrün-Studie weist nach, dass die derzeit geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA hochgefährlich für kleine und mittelständische Betriebe in der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung sind. Regionale Spezialitäten und Nachhaltigkeit sind bedroht.
Katharina Reuter warnt vor Risiken und Nebenwirkungen
Die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe und der Lebensmittelhersteller in Europa hätte von TTIP und CETA in erster Linie zusätzliche, unfaire Konkurrenz zu erwarten. Warum? Unsere Landwirtschaft ist durch einen größeren Anteil bäuerlicher Familienbetriebe und kleinere Betriebsgrößen strukturell ganz anders aufgestellt als die amerikanische Landwirtschaft und damit im Preiswettbewerb oft unterlegen. Produkte wie Getreide können in den USA so billig wie nirgends sonst produziert werden – das liegt unter anderem am Einsatz von Gentechnik und den hohen Grenzwerten für Pestizide. Die erlaubten Rückstände von Pestiziden in Lebensmitteln sind in den USA in Obst und Gemüse teils 500-mal so hoch wie in der EU.
Risikofaktor Gentechnik
TTIP würde die erweiterte Kennzeichnung von Gentechnik-Produkten erschweren. Denn die USA machen seit 1986 keinen Unterschied zwischen Produkten aus konventionellen und gentechnisch veränderten Organismen und so dominieren die genveränderten Pflanzen den Anbau von Mais, Soja, Zuckerrübe und Raps zu 90 bis 95 Prozent. Deshalb warnen auch Unternehmer vor den geplanten Abkommen. „Sollte die Gentechnikfreiheit in Europa vom Mainstream zur Nische werden, werden weiterhin gentechnikfrei produzierende Landwirte überproportional mit den Kosten von Warentrennung und -reinhaltung belastet beziehungsweise aus dem Markt gedrängt", sagt Joachim Weckmann, Geschäftsführer Märkisches Landbrot GmbH.
Risikofaktor Geschützte Herkunftsangabe
Der Schutz des Bayerischen Bieres beispielsweise ist ebenfalls gefährdet. Denn in Kanada dürfte durch die Vereinbarungen im Rahmen von CETA zwar künftig kein „Bayerisches Bier" gebraut werden, dafür aber „Bavarian Beer" und „Bière Bavaroise". Dies gleicht einem Schildbürgerstreich. Der Bayerische Brauerbund läuft dagegen Sturm. Zu Recht.

Die amerikanische Rindfleischproduktion hat enorme Größenvorteile, sie arbeitet in der Mastphase mit voll mechanisierten Großanlagen mit teilweise über 100.000 Rindern – da kann die kleinstrukturierte europäische Landwirtschaft nicht mithalten. Ebenso ergeht es milchviehhaltenden Betrieben: Das Credo „mehr Exportorientierung" hat die Bauern dahin gebracht, wo wir derzeit stehen (Milchkrise) und bietet keinen Ausweg. Im Gegenteil – ein verschärfter Preis- und Kostendruck durch einen liberalisierten transatlantischen Milchmarkt verschärft deren Existenzgefährdung.
UnternehmensGrün e.V. fordert deshalb, CETA nicht zu ratifizieren und die TTIP-Verhandlungen abzubrechen. In jedem Fall aber müssen die besonders sensiblen Sektoren Land- und Ernährungswirtschaft aus TTIP herausgenommen werden. Einerseits ist das aufgrund unterschiedlicher Strukturen dies- und jenseits des Atlantiks notwendig, beispielsweise bei Betriebsgrößen, Rationalisierung, Grad der Diversifizierung oder Niveau der (Umwelt-)Standards. Andererseits stehen sich das Vorsorge- und das Nachsorgeprinzip als bestimmende Grundsätze beim Verbraucherschutz diametral gegenüber. Die UnternehmensGrün-Studie ist erhältlich unter: kurzlink.de/TTIP-Studie
Dr. Katharina Reuter ist Geschäftsführerin von UnternehmensGrün e.V., dem Bundesverband der grünen Wirtschaft. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für ein nachhaltiges Wirtschaften, politisiert durch die Jugendumweltbewegung und ein frühes kommunalpolitisches Engagement. Die Agrarökonomin unterstützte Unternehmen als Beraterin für Bio und Nachhaltigkeit und war Geschäftsführerin der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und der Klima-Allianz Deutschland.
Lifestyle | Essen & Trinken, 01.08.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2016 - Zukunft der Arbeit erschienen.

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