Hand in Hand Flüchtlinge integrieren

Tuba aus Afghanistan, Gift und Blessin aus Nigeria und viele andere: Mit einer Großspende über 20.000 Euro ermöglicht die Commerzbank 93 Kindern aus Flüchtlingseinrichtungen die Teilnahme am Johanniter-Ferienprogramm Lilalu.

München . In den Sommerferien fünf Wochen lang dasselbe machen? Tuba, 9 Jahre alt, kann sich nichts Schöneres vorstellen: Die junge Afghanin, die vor zehn Monaten mit ihren Eltern und vier Geschwistern nach Deutschland gekommen ist und in einer Flüchtlingsunterkunft in München lebt, besucht in den Ferien fünf Mal hintereinander den Lilalu-Workshop „Dance Academy". Hier lernt sie Hip-Hop-Choreographien, Walzerschritte und Breakdance-Moves –  und zeigt zum krönenden Abschluss ihre neu erworbenen Fähigkeiten bei einer Show im Zirkuszelt, unter anderem beim Walzertanz im handgefertigten Sissi-Kostüm. „Ich freue mich, dass ich die ganze Zeit bei Lilalu bin", sagt Tuba, „es ist super hier." Sie hat auch schon andere Disziplinen ausprobiert, Tanzen aber macht ihr am meisten Spaß. Die Teilnahme am Ferienprogramm der Johanniter ist für Tuba und ihren zwei Jahre jüngeren Bruder, der sich unter anderem auf dem Skateboard und dem Sporttrampolin versucht, eine willkommene Abwechslung zum Alltag in der Unterkunft, in der 800 Menschen aus verschiedenen Nationen leben.
 
Tuba, 9, mit ihrem Workshop Dance Academy Fotos: Achim Schmidt„Ich kann hier spielen, lernen und Sport machen", sagt das aufgeweckte Mädchen, das sich liebend gerne bewegt und später einmal Ärztin werden will. Den nötigen Ehrgeiz bringt Tuba jedenfalls mit: Sie hat so schnell Deutsch gelernt, dass sie die Sprache mittlerweile am besten von allen Kindern in der Unterkunft beherrscht und auch öfter mal als Dolmetscherin einspringt. „Tubas Jahreszeugnis war so gut, dass wir es gleich bei uns im Büro aufgehängt haben", erzählt Benita Wehle, Sozialpädagogin in der Unterkunft. „Tuba ist sehr weit für ihr Alter und sehr verantwortungsbewusst." Bei Lilalu erwirbt die Neunjährige noch weitere wichtige soziale Kompetenzen: Die Workshop-Teilnehmer besprechen sich untereinander und mit ihren Betreuern, bringen ihre Wünsche ein, unterstützen sich gegenseitig und treten am Schluss alle gemeinsam in einer großen Show auf, wodurch unter anderem Sprachkompetenz, Teamgeist, Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein gefördert werden.
 
Ermöglicht wird die Workshop-Teilnahme von Tuba und ihrem Bruder von der Commerzbank. Um die Integrations- und Bildungsprojekte der Johanniter, die sich allein in Bayern in 39 Flüchtlingseinrichtungen engagieren, zu fördern, hatte die Bank zu einer Spendenaktion aufgerufen. Bundesweit sind so rund 130.000 Euro zusammengekommen, die die Commerzbank den Johannitern für verschiedene Projekte in der Flüchtlingshilfe zur Verfügung stellt. 26.000 Euro erhielt der Regionalverband München, von denen 6.000 Euro an das Kinder- und Jugendhaus der Johanniter in Ramersdorf und 20.000 Euro an das Ferienprogramm der Johanniter gehen. Dank dieser Spende können 93 Kinder aus Flüchtlingseinrichtungen an Lilalu-Workshops teilnehmen. Auch persönlich engagierten sich Mitarbeiter der Bank bei Lilalu: Sie halfen an einem Showtag tatkräftig beim Schminken, beim Einlass und beim Umbau mit. Stefan Geib, Niederlassungsleiter der Commerzbank München-Süd, zeigt sich bei einem Besuch vor Ort beeindruckt: „Es ist faszinierend zu sehen, mit wie viel Spaß und Engagement die Kinder an den Workshops teilnehmen – vollkommen unabhängig von ihrer Herkunft. Für mich ist Lilalu ein herausragendes Beispiel für gelungene Integrationsarbeit." 
 
Wie gut die Integration beim gemeinsamen Trainieren und Spielen gelingt, zeigt auch die Reaktion auf die Frage, wie viele Teilnehmer der Dance Academy mit Tuba befreundet sind. Jedes zweite Kind hebt spontan die Hand und merkt gleich an, was es an Tuba schätzt: ihre Offenheit, ihre Freundlichkeit – und dass sie „fast immer gute Laune hat." Auch Gift, 5, und ihre Schwester Blessin, 7, aus Nigeria fühlen sich sichtlich wohl in ihrem Workshop. In den Pfingstferien standen noch Stunt-Action und Tanzen auf dem Programm, jetzt lernen die Mädchen erste Cheerleading-Choreographien auf dem Lilalu-Gelände im Olympiapark. Während Blessin noch erzählt, dass sie ein wenig Lampenfieber vor der Show hat, turnt Gift schon wieder radschlagend durch das Zelt. „Die beiden machen super mit und sind sehr gut integriert", sagt ihre Workshopleiterin Isabelle. Die Gruppe aus fünf- bis sieben-jährigen Kindern werde von Tag zu Tag mehr zum Team, und die Großen nähmen die Kleinen immer an die Hand. Manchmal ist es aber auch umgekehrt: Als Gift fertig ist mit Radschlagen, läuft sie zu ihrer sichtlich größeren Freundin und zieht sie an der Hand mit sich fort, zum Spielen. 
 
Das Lilalu-Sommerferien-Programm in München geht noch bis zum 11. September. In der Woche  29. August bis 4. September finden die ganztagsbetreuten Workshops im Olympiapark Süd statt;  die Abschluss-Shows sind am 4. September um 11 und 14 Uhr im Blue-Moon-Zelt. In der Woche  5. bis 11. September findet das Training in der Städt. Berufsschule für Augenoptik am Marsplatz 8 statt; die Abschluss-Shows sind am 11. September um 13 und 16 Uhr im Künstlerhaus am Lenbachplatz.


Gesellschaft | Migration & Integration, 24.08.2016

     
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