Nichtfinanzielle Berichterstattung
Pflicht oder Kür?
Welche Vor- und Nachteile die CSR-Berichtspflicht mit sich bringt und wie konkrete Handlungsempfehlungen sowie erste Umsetzungsschritte aussehen können, damit setzten sich die Teilnehmer des VDMA-Infotags Ende April auseinander.
Die CSR-Richtlinie 2014/95/EU (CSR: Corporate Social Responsibility) wird bis Dezember dieses Jahres in nationales Recht überführt. Sie verpflichtet ab 2017 Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen und mehr als 500 Beschäftigte haben, bestimmte nichtfinanzielle und die Diversität betreffende Informationen wie etwa soziale und umweltbezogene Aktivitäten offenzulegen. Knapp 50 Unternehmensvertreter informierten sich beim VDMA-Infotag, darunter auch Vertreter kleinerer Unternehmen, die vorerst nicht direkt von der Pflicht betroffen sind.
Entwicklung des CSR-Reportings
Prof. Dr. Matthias Fifka, Professor für Unternehmensethik an der Friedrich- Alexander-Universität (FAU) Erlangen- Nürnberg, spannte in seinem Vortrag den Bogen von der Entstehungsgeschichte sogenannter Sozialberichte der 70er- Jahre bis zur modernen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Für große Betriebe kristallisiere sich das CSR-Reporting als allgemein gängige Geschäftspraxis heraus. Die Berichte orientierten sich an internationalen Standards und würden häufig auditiert.
Einen Mehrwert von CSR-Berichten sieht Fifka in einer positiven Reputation, einer besseren Marktposition durch bedürfnisgerechte Ansprache beispielsweise von Investoren oder Kunden, in einer stärkeren Mitarbeiterbindung und schließlich in der Möglichkeit, den CSRBericht als Instrument zu nutzen, die eigene Nachhaltigkeitsstrategie optimal auszurichten.
Orientierung an Standards
Welche möglichen Vorteile ein CSR-Reporting für das berichterstattende Unternehmen nach sich ziehen kann, erörterten die Teilnehmer anhand von vier konkreten Anwendungsbeispielen im Praxismarkt. „Mit unserem CR-Report schaffen wir einen Mehrwert im Hinblick auf das gestiegene Interesse unserer Stakeholder", sagte Pia Theresa Hoffmann, Corporate Responsibility (CR) Officer der Schaeffler AG. Schaeffler erstellt seinen ersten CR-Report gemäß dem G4-Leitfaden der Global Reporting Initiative (GRI), dem weltweiten De-facto- Standard in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Vorteile liegen unter anderem darin, dass ein einheitliches Kennzahlensystem eine gewisse Vergleichbarkeit ermöglicht.
Die Anwendung des deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) ist vor allem für mittelständische Unternehmen praktikabel. Der Aufwand dafür hält sich in einem überschaubaren Rahmen, er ist leicht verständlich und steht darüber hinaus kostenfrei zur Verfügung.
Die ISO 26000 ist kein reiner Berichtsstandard, sondern hat die Implementierung von CSR auf der operativen Ebene zum Ziel. Es ist ein flexibles Regelwerk, das international Geltung besitzt und durch sein einheitliches Rahmenwerk Synergien schafft.
Der Global Compact der Vereinten Nationen (UN GC) sieht sich zuweilen dem Vorwurf ausgesetzt, zu geringe Anforderungen an einen Bericht zu stellen. Andererseits bietet er einen guten Einstieg, gerade auch für ein klares Bekenntnis der Geschäftsführung, das schon vorhandene nachhaltige Engagement strategisch aufzubereiten.
Handlungsempfehlungen
Neben der Auswahl des Berichtsstandards oder der Hilfsmittel spielt auch die Rückendeckung der Geschäftsleitung eine wichtige Rolle. Dabei ist es wichtig, dass sie Nachhaltigkeit als strategischen Wettbewerbsvorteil versteht. Der CSR-Bericht kann auf diese Weise parallel mit einer kontinuierlichen Verankerung von Nachhaltigkeitsprozessen in Produktion und Unternehmensführung einhergehen, die durch konkrete Ziele definiert werden. So kann sich das Unternehmen auch vor Greenwashing-Vorwürfen schützen.
Die Geschäftsleitung muss außerdem die Zuständigkeiten für die Umsetzung des Prozesses festlegen. In einem zweiten Schritt können dann die Mitarbeiter sensibilisiert werden.
Mit dem Sammeln von notwendigen Daten soll so früh wie möglich begonnen werden. Bei der Umsetzung und Auswahl der Themen für den Nachhaltigkeitsbericht kommt schließlich der Wesentlichkeitsanalyse eine große Bedeutung zu – es gilt also, sich am Anfang auf relevante Bereiche zu fokussieren.
Komplexität nimmt zu
Kontrovers diskutierten die Teilnehmer auf dem Podium die Fragen, warum, weshalb und wozu es diese CSR-Berichtspflicht gibt. Die unterschiedlichen Standpunkte manifestierten sich entlang der Herausforderung, die diversen nationalen Gesetzesinitiativen in Einklang zu bringen. Während Fifka und Timon Gremmels, Mitglied des hessischen Landtags, sich für gesetzliche Rahmenbedingungen aussprachen, kritisierten die Wirtschaftsvertreterinnen Gisela Eickhoff, Harting KGaA, und Renate Hornung- Draus, BDA-Geschäftsführerin, die Kumulierung der Anforderungen, die sich aus der wachsenden Anzahl verschiedener nationaler Initiativen ergibt. „Diese unterschiedlichen gesetzlichen Verpflichtungen bringen Unternehmen zunehmend in eine kafkaeske Situation. Sie sind immer schwerer zu überblicken, verunsichern die Unternehmen und kosten viele Ressourcen, die sinnvoller für das Kerngeschäft und CSR-Initiativen vor Ort zur Verfügung stehen sollten", sagte Hornung-Draus. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass nationale Regierungen ihr Vorgehen besser miteinander abstimmen müssen, um den Unternehmen ein einheitliches Umsetzungsinstrumentarium an die Hand zu geben.
Der VDMA setzt sich für sinnvolle Rahmenbedingungen und die Freiwilligkeit von unternehmerischem Engagement ein. Er zeigt das verantwortliche Handeln seiner Mitglieder mit der Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence und der Aktionswoche Wir unternehmen was. „Unternehmen setzen aus gutem Grund auf Nachhaltigkeit und Verantwortung: Es fördert die Mitarbeiterbindung, schafft Wettbewerbsvorteile und beugt Risiken vor", sagte Naemi Denz, Mitglied der VDMA-Hauptgeschäftsführung.
Wirtschaft | Branchen & Verbände, 14.06.2016
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