Flüchtlinge und Integration – eine systemische Betrachtung

Das wichtigste Werkzeug in unserem Leben ist das Gehirn. Dieses aber stößt an seine mentalen Grenzen. Simulationswerkzeuge helfen, diese Grenzen zu überwinden.

Selbst jetzt noch, da unsere Gesellschaft bereits viele schmerzvolle Lernkurven in der Flüchtlingskrise durchlaufen hat, lohnt sich der systemische Blick auf die Zusammenhänge. Systemisch wird eine solche Betrachtung dadurch, dass möglichst die entscheidenden Faktoren aus unterschiedlichsten Perspektiven, z.B. von Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Organisation oder Psychologie, in einem Zusammenhang gesehen werden. Daraus können dann Dynamiken, Wechselwirkungen und Ambivalenzen erkannt und bewertet sowie. Risiken frühzeitig erkannt und Ansatzpunkte für wirkungsvolle Maßnahmen gefunden werden..
 
Kai Neumann Gesellschafter der Consideo GmbH. Foto: Consideo GmbHMit Hilfe von Qualitativen Ursache-Wirkungsmodellierungen können Wirkungszusammenhänge visualisiert und in Matrizen analysiert werden. Die Vorgehensweise ist einfach, vergleichbar mit Mindmapping, über die reine Visualisierung hinausgehend können jedoch auch konkrete Schlüsse und Konsequenzen aus solchen Modellen gezogen werdenDer Ablauf dieser Modellierung zum Beispiel mit dem Werkzeug iMODELER ist folgender: Beliebige Argumente werden übersetzt in Faktoren. Diese erzeugen mit Pfeilen verbundene Aussagen wie „mehr von... führt direkt zu mehr/weniger von... im vergleichsweise schwachen/mittleren/starken Maße”. Die Summe der Argumente kann dann in Matrizen zeigen, welche Faktoren zu- oder abnehmende Risiken darstellen und welche mehr oder weniger wirksame Maßnahmen durchgeführt werden müssen. Verblüffend einfach kann auf diese Weise eine Diskussion festgehalten werden und konstruktiv zu einem besseren Verständnis der Herausforderung und zu Lösungen führen.
 
Modellbildung komplexer Zusammenhänge mit klaren Zielvorstellungen
Zum Flüchtlingsthema wurde Mitte des letzten Jahres ein solches Modell erstellt. Es greift die Vielzahl der Argumente auf, von der Bereitschaft zur Hilfe, von der möglichen Wirkung rechter Aufmärsche über die öffentlichen Kassen bis hin zu Sprachkursen, Grenzschließungen oder Schlepperbanden. Entscheidend ist bei dem Modell, dass es vier Ziele betrachtet: keine Überfremdung zu erleiden, wirtschaftlich Nutzen zu ziehen, öffentliche Kassen zu schonen und humanitäre Hilfe zu leisten.
 
Auswertung mit sich daraus ableitenden Handlungsmöglichkeiten
In den Matrizen kann dann ausgewertet werden, wie die einzelnen Argumente hinsichtlich aller Ziele zu bewerten sind, oder es kann auch nur auf die Matrix einzelner Faktoren, wie etwa die des Faktors „Zustrom von Flüchtlingen”, geschaut werden. Die Wirksamkeit der Risiken und Maßnahmen im Modell wird dann durch die vielen Wirkungswege und durch so genannte Wirkungsschleifen erklärt.
 
„Teufelskreise" und „Engelskreise"
Selbstverstärkende Wirkungsschleifen können dabei Teufels- oder Engelskreise sein – je nachdem, wie diese beeinflusst werden. Gerade die Flüchtlingsentwicklung ist von Teufelskreisen gekennzeichnet, die uns hätten früher erkennen lassen können, wie die Entwicklung eskalieren und auf die berüchtigten Grenzen des Wachstums stoßen kann. Das Modell enthält aktuell 53 solcher Wirkungsschleifen. Ein Beispiel auch für die zukünftige Entwicklung: Mehr „Abwanderung von Leistungsträgern” führt leicht zeitverzögert zu mehr „schlechte wirtschaftliche Situation vor Ort”, was zu mehr „Kriege und Terror” führt, was zu mehr „Zustrom von politischen Flüchtlingen” und damit eben selbstverstärkend zu mehr „Abwanderung von Leistungsträgern” führt. Eine solche Erkenntnis mag trivial erscheinen – die für das Modell verwendete Software erlaubt aber die Konsequenzen aller 53 Wirkungsschleifen gleichzeitig auszuwerten.
 
Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Maßnahmen werden ersichtlich
Eine erfolgreiche Maßnahme laut Modell wäre zum Beispiel die Unterscheidung zwischen der unbegrenzten humanitären Hilfe und der Zahl derer, die dauerhaft integriert werden können – vor allem, da so die eigene Bevölkerung beruhigt werden kann. Nur auf das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung geschaut, wären Englisch- statt Deutschkurse oder – wie jetzt auch von der Regierung verfolgt – die Flüchtlingscamps vor Ort wirkungsvoll.
Mittlerweile gibt es weitere, auch englischsprachige Modelle zu dem Thema, die auf konkrete Aspekte, wie etwa die Vermeidung von sozialen Problemen durch die vielen Flüchtlinge im Land, schauen. Für das Umweltbundesamt wurde zusammen mit Stakeholdern nach Ursachen für den zu langsamen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit gesucht oder in Afrika – ebenfalls mit Stakeholdern – die Risiken und Chancen einer neuen Bioökonomie reflektiert und modellhaft abgebildet, um Zusammenhänge besser erkennen und beurteilen zu können. Weitere Informationen.
 
Kontakt: Consideo GmbH, Kai Neumann | neumann@consideo.com

Gesellschaft | Migration & Integration, 23.03.2016
     
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