Der Wahrheit auf der Spur
Vereinfachte Umweltbewertung des Umweltbundesamtes (UBA)
Das Umweltbundesamt (UBA) klärt die Verbraucher durch die Bewertung und den
Vergleich von Produkten, Verfahren oder Services in Bezug auf deren
Umweltbelastungen auf. Mit der neuen Methode VERUM, kurz für: Vereinfachte Umweltbewertungen, sollen Zusammenhänge noch schneller und einfacher aufgezeigt
werden.
Was sind die Vor- und Nachteile für Umwelt und Gesundheit bei so genannten
Energiesparlampen im Vergleich zu Glühlampen? Sind auf öffentlichen Toiletten
Recyclingpapierhandtücher oder moderne
Hochgeschwindigkeits-Händetrockner umweltfreundlicher? Mit solchen Fragen
beschäftigen sich im UBA Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den
verschiedensten Fachgebieten. Um das Vorgehen bei der Bewertung von
Umweltbelastungen zu vereinheitlichen und transparenter zu machen, wurde 2014
unter Koordination der Technischen Universität Berlin ein Leitfaden erstellt und
dieser an drei Fallstudien (Glühlampe vs. Kompaktleuchtstofflampe,
Handtrocknungssysteme, Gütertransporte) getestet. Der Leitfaden wird aktuell in
der praktischen Arbeit eingesetzt und regelmäßig fortgeschrieben.
VERUM ermöglicht schnelle Einschätzungen bei begrenzter Datenlage. Ziel der
vereinfachten ökologischen Bewertung ist es, auch ohne vollständige,
quantitative Untersuchungen zu einer plausiblen ersten Umweltbewertung zu
kommen. Das UBA schreibt dazu: „Die Unzulänglichkeiten einer vereinfachten
Systematik hinsichtlich Genauigkeit und Vollständigkeit sind dann akzeptabel,
wenn sie angemessen offengelegt werden. Zumindest kann die vereinfachte
ökologische Bewertung deutlich machen, welche Vor- und Nachteile der
Alternativen bei einem – gegebenenfalls detaillierteren – Vergleich
gegeneinander abgewogen werden müssen und wie groß deren Bedeutung ist." Für
komplexe Zusammenhänge bleibt die Ökobilanzmethode und ihre entsprechende ISO
14040 das beste Mittel.
Da geht ein Licht auf
Viele Firmen setzen in ihren Häusern auf Energiesparmaßnahmen und nachhaltige
Supply Chains. Doch bereits beim Händetrocknen auf Firmentoiletten kann es
Überraschungen hinsichtlich der ökologischen Bewertung geben. VERUM versuchte zu
klären, welche Handtrocknungssysteme im nicht privaten Bereich ökologisch
vorteilhaft sind. Berücksichtigt wurden Papierhandtücher aus Primär- und aus
Sekundärfasern, Baumwollendlosrollen, Warmluft-Gebläsetrockner und (Kaltluft)
Jetstream-Trockner vom Typ „Dyson Airblade".
Bereits bei der vereinfachten VERUM-Methodik zeigt sich das Treibhauspotenzial
alltäglichen Händetrocknens. Da hier viele Informationen und auch
Produktlebenszyklen von unterschiedlichen Produktionsverhältnissen verglichen
werden müssen, ist eine Untersuchung mit dem VERUM-Ansatz ähnlich umfangreich
wie bei einer Ökobilanz. Doch welches System ist nun ökologisch im Vorteil? Das
UBA kommt zu folgender Rangfolge:
- Kaltluft-Jetstream
- Recyclingpapier
- Frischfaserpapier
- Baumwolle und Warmluft-Jetstream
In weiteren Entwicklungsschritten von VERUM wird die Problematik der
Datenverfügbarkeit und Vergleichbarkeit zu meistern sein. Auch ist die
Verlässlichkeit der Daten nicht immer gewährleistet. Doch in der Zusammenarbeit
von Unternehmen, Organisationen und Ministerien liegt das große Potenzial, auch
komplexe Nachhaltigkeitsdaten und Zusammenhänge zu erheben, vergleichbar
aufzubereiten und einander verfügbar zu machen.
Die gesamten Studien und den Leitfaden zu VERUM finden sie auf der Internetseite
des Umweltbundesamtes.
Das Umweltbundesamt – UBA
ist die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Es gehört
zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz, dem Bundesamt für Bauwesen und
Raumordnung und dem Bundesamt für Strahlenschutz zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).
Die Aufgaben sind vor allem die wissenschaftliche Unterstützung der
Bundesregierung, der Vollzug von Umweltgesetzen sowie die Information der
Öffentlichkeit zum Umweltschutz.
Das UBA bringt Licht ins Dunkel
forum befragte dazu die Projektleiterin der VERUM Studien, Dr. Christiane
Markard
Was war das Ziel des UBA mit der Studie VERUM?
Das Umweltbundesamt ist eine große Behörde mit etwa 1.500 Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen. Unsere Hauptaufgabe ist die Politikberatung. Dabei wurde immer
mal wieder Kritik laut – von außen aber auch von innen –, dass wir nicht alle
Techniken oder Dienstleistungen mit dem gleichen Maßstab bewerten. Unser
Anspruch als wissenschaftliche Behörde ist es jedoch, nicht auf einem Auge blind
zu sein, sondern objektiv die ökologischen und gesundheitlichen Vor- und
Nachteile abzuwägen, bevor wir Empfehlungen geben.
Welche Vor- und Nachteile hat die neue Methodik?
Die Methodik selbst ist nicht wirklich neu. Alle Elemente zur Bewertung von
spezifischen Umweltbelastungen, seien es Lärm, Luftschadstoffe oder
Flächenverbrauch, wurden von den Fachleuten des Umweltbundesamtes auch schon
bisher für die Bewertung herangezogen. Wirklich neu ist die Vollständigkeit der
zu betrachtenden Umweltbelastungen – chemische, biologische, physikalische,
Ressourcen und Störfälle – und ihre integrierte Betrachtung.
Als B2B-Magazin suchen wir nachhaltige Lösungen für Firmen. Wie können diese von
Ihrem Ansatz profitieren?
Die VERUM-Methodik wurde zunächst als „Selbstbindung" der Arbeitsweise für das
Umweltbundesamt entwickelt, auch zur Erhöhung der Transparenz nach außen. Aber
auch Firmen versuchen ja oft, die ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen
ihrer Produkte zu bewerten. Dabei werden in der Regel nur „klassische"
Kriterien, wie Schadstoffe, Wasserverbrauch oder Klimabelastung untersucht,
andere werden übersehen. Firmen können insofern sicherlich profitieren, als sie
die Vollständigkeit ihrer Bewertung prüfen und auch einige Elemente übernehmen
können.
Dass Glühlampen nicht so gut abschneiden, war zu erwarten. Waren Sie überrascht,
dass der Hochgeschwindigkeits-Händetrockner besser abschneidet als
Recyclingpapier?
Unsere Fallbeispiele waren in der Tat nicht die schwierigsten, denn wir wollten
zunächst die Methodik entwickeln und überprüfen. Aber bei den
Handtrocknungssystemen war ich durchaus überrascht, da hatte ich auch auf das
Recyclingpapier getippt.
Das UBA plant nun die Verfeinerung der Methodik. Wie geht es weiter?
In der täglichen Arbeit des Umweltbundesamtes haben wir gesehen, dass sich die
Mitarbeiter mit den aus der Ökobilanzmethodik stammenden Begriffen etwas schwer
tun, hier wollen wir noch vereinfachen. Auch fehlen noch ein paar
Umweltwirkungen, die zwar selten sind, aber bedeutsam sein können, wie Seismik,
Abwärme oder ästhetische Effekte. Wir werden aber auch prüfen, ob alle
Bewertungsmethoden noch aktuell sind oder verbessert werden können.
Dr. Christiane Markard
war bis Mai 2015 über vier Jahrzehnte in verschiedenen
Funktionen im Umweltbundesamt tätig. Ihr fachlicher Schwerpunkt ist die
toxikologische und ökotoxikologische Ableitung von Bewertungsmaßstäben zum
Schutz von Mensch und Umwelt. Zuletzt leitete sie den Fachbereich
„gesundheitlicher Umweltschutz, Schutz der Ökosysteme", der sich
schwerpunktmäßig mit der Bewertung von Umweltbelastungen befasst.
Technik | Energie, 01.10.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.
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