Die Plastikfischer
Sinn und Unsinn von 'The Ocean Cleanup'
Die Verschmutzung der Meere mit Plastikabfällen ist ein dringliches
Umweltproblem. Daher ist grundsätzlich jede Maßnahme von staatlicher oder
nichtstaatlicher Seite, die hilft, dieses Problem einzudämmen, sehr zu begrüßen.
Aber sind kostspielige technische Anlagen wirklich die Lösung des Problems?

Wie holt man den Müll aus dem Meer?
Die andere grundsätzliche Möglichkeit, dem Problem zu begegnen, ist die
Extraktion des bereits im Meer vorhandenen Mülls über Sammelaktionen oder
Fischerei. Dahinter steht der Wunsch, den Schaden, den man bereits angerichtet
hat, wiedergutzumachen. Beide Ansätze sind im Prinzip gut und richtig.
Allerdings sind sich alle Akteure im Meeresschutz einig, dass das zweite Konzept
ohne das erste keinen Sinn macht. Es sei denn, man wollte sich an eine
Sisyphusarbeit machen, die dem Versuch gleicht, „eine Badewanne mit einem
Fingerhut zu leeren, während der Wasserhahn noch voll aufgedreht ist" – so der
Meeresschützer Nick Mallos von Ocean Conservancy.
The Ocean Cleanup – Rettung oder Science-Fiction?

Qualvoller Tod für Quallen?

„The Coastal Cleanup"
Kann man trotzdem etwas von The Ocean Cleanup erwarten? Boyan Slat hat ja
bereits die ersten zwei Millionen Euro Spendengelder eingesammelt. Eine
Umsetzung des Konzepts der Sammelanlagen für Flussmündungen oder Buchten ist
durchaus vielversprechend und könnte helfen, das Meeresmüllproblem einzudämmen.
Solche kleinen, küstennahen und technisch leichter umzusetzenden Anlagen würden
den Müll stoppen, bevor er sich auf seine lange Reise durch die Ozeane macht und
bevor er sich mit all den Organismen vermischt, die die Meere bevölkern. The
Ocean Cleanup (oder dann vielleicht besser „The Coastal Cleanup") könnte damit
einen wichtigen Beitrag zu einem großen Maßnahmenpaket leisten, das allerdings
von sehr vielen Staaten und Organisationen geschnürt werden muss. Hierzu gehören
alle Projekte, welche die Müllmenge weltweit reduzieren, die Entsorgung
verbessern und so schließlich den Eintrag von Müll ins Meer verringern. Es gibt
ein lokales Projekt auf den indonesischen Banda-Inseln, bei dem eine kleine
Gruppe von Umweltaktivisten der Marine Conservation Southeast Asia e.V. einer
Kommune mit mehreren tausend Einwohnern dabei geholfen hat, ihre Müllentsorgung
zu organisieren. Dies verhindert, dass der Abfall wie bislang illegal entsorgt
wird und so letztendlich zu einem großen Teil im Meer landet. Die Kosten dafür
belaufen sich auf 2.400 Euro im Jahr und die technischen Voraussetzungen
bestehen aus einem alten Motorrad mit einem Anhänger. Das ist natürlich weniger
medienwirksam als die Anlagen, die The Ocean Cleanup plant. Dafür gibt es keine
Entwicklungskosten, keine Vorstudien und keine gravierenden ökologischen
Bedenken. Das Projekt funktionierte nach kurzer Zeit, wobei besonderer Wert auf
eine umfassende Information der Bürger gelegt wurde. Die ehrenamtlichen Helfer
sind davon überzeugt, dass nur durch die Schaffung eines Umweltbewusstseins in
der Bevölkerung der „Plastik-Wasserhahn" langfristig zugedreht werden kann.
Solche Graswurzelansätze entfalten natürlich nicht die Wucht eines medial gut
aufbereiteten Großprojektes, aber sie leisten wertvolle Beiträge zum
Meeresschutz. Nach Ansicht vieler Aktivisten und Wissenschaftler liegt der
Schlüssel zur Lösung des Meeresmüllproblems daher auch nicht in der Realisierung
phantastisch anmutender Großprojekte, sondern in der Umsetzung vieler lokal
begrenzter Maßnahmen.
Dr. rer. nat. Mark Lenz
ist Meeresbiologe mit einem Arbeitsschwerpunkt in der Meeresökologie am GEOMAR
Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er beschäftigt sich mit verschiedenen
Aspekten des Globalen Wandels und deren Auswirkungen auf Küstenökosysteme
(beispielsweise Biodiversitätsforschung und Invasionsökologie). In den letzten
zwei Jahren hat er sich im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes mit
dem Thema Plastikmüll im Meer befasst.
Umwelt | Umweltschutz, 01.10.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.

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