Kann IT krank machen?

Strahlung, Lärm, Schadstoffe – das Technikmagazin CHIP hat gecheckt, welche Grenzwerte der Gesetzgeber vorsieht und ob aktuelle Geräte sie einhalten

Bei vermeintlichen Gesundheitsrisiken durch IT denkt man meist zuvorderst an Strahlung. Wie sie sich langfristig auf den menschlichen Körper auswirkt, ist nach wie vor nicht bekannt. An der Frage wird zwar geforscht, laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gibt es aber immer noch keine belastbaren Studien, die eine Gefährdung durch Funktechniken belegen. Aber: Auch für eine Unbedenklichkeit gibt es keine Beweise. Dieses Vakuum an Wissen füllt der Gesetzgeber mit Grenzwerten für die Sendeleistung von Funkverbindungen – in der Hoffnung, dass die gewählten Werte tatsächlich ausreichenden Schutz bieten. Wir wissen lediglich, dass hochfrequente Strahlung wie WLAN, Bluetooth oder Mobilfunk vom Körper absorbiert und in Wärme umgewandelt wird.

© Jörg Brinckheger, pixelio.deBeschrieben wird das durch die Spezifische Absorptionsrate, kurz SAR – das ist die Strahlungsleistung, die vom Körpergewebe aufgenommen wird. Die Grenzwerte liegen derzeit bei 0,08 Watt pro Kilogramm Körpergewicht oder 2 Watt pro Kilogramm für einen Teilbereich des Körpers, wie etwa den Kopf. In der Regel beziehen sich Angaben elektronischer Geräte mit Funkschnittstellen, wie etwa Smartphones, auf den letzteren Grenzwert. Die Messung erfolgt dabei unter Vorgabe einer europäischen Norm, damit die Ergebnisse vergleichbar sind.

Ein großes Problem ist der starke Anstieg von Funkverbindungen in der modernen digitalen Gesellschaft. Kabelverbindungen werden durch komfortablere WLAN- oder Bluetooth-Module ausgetauscht. Notebooks, Tablets, Internetradios, Blu-ray-Player, Headsets oder Spielekonsolen - kaum ein elektronisches Gadget kommt heute ohne eine Funkanbindung aus. Die Gefahr dabei: Alle diese Geräte funken mit gewissen SAR-Werten, die sich aufsummieren. So erhöht sich etwa auch der SAR-Wert eines Smartphones, wenn WLAN und Bluetooth ebenfalls aktiviert sind.

Nicht nur Strahlung belastet uns im Alltag, auch Lärm und Schadstoffe begleiten uns selbst am Büroarbeitsplatz. Einer der größten Streitpunkte der letzten Jahre ist die Frage nach der Belastung durch Druckertoner. Eine klare Antwort gibt es auch hierauf noch nicht. Studien belegen zwar, dass Laserdrucker Schadstoffe und Feinstaub emittieren, die beim Einatmen gesundheitliche Schäden auslösen können. Ob die aber vom Toner oder anderen Bestandteilen kommen, war zumindest den Forschern des Bundesinstituts für Risikobewertung in ihrer Abschlussstudie von 2008 nicht ganz klar. Auch der Gesetzgeber wirkt beim Thema Feinstaub unent- schlossen: Während die Feinstaubemission im Straßenverkehr stark reglementiert ist, gibt es für die Konzentrationen in Innenräumen noch keinen Grenzwert.

 
Von Robert Marcoberadino


Strahlung im Raum

WLAN und Bluetooth ähneln sich in puncto Sendefrequenz, unterscheiden sich aber stark bei der Sendeleistung. Beide Techniken senden im Hochfrequenzbereich mit 2,4 GHz, eine WLAN-Verbindung funkt aber je nach eingesetztem Standard auch auf höheren Frequenzbereichen (siehe Tabellen unten).
GRENZWERTE: Bei Bluetooth sind die Grenzwerte je nach Geräteklasse, sprich Reichweite unterschiedlich. In der Praxis kommen jedoch in der Regel nur Geräte der Klassen 3 und 2 zum Einsatz, etwa Headsets und Funktastaturen. Klasse-1-Geräte müssen zudem die Sendeleistung an den aktuellen Bedarf anpassen. Überhaupt hängt die abgegebene Strahlung stets von Betriebszustand und übermittelter Datenmenge ab. Bei WLAN liegen die Richtwerte für die maximale Sendeleistung deutlich höher. Hier gibt es jedoch weitere Beschränkungen: So  dürfen Sendefrequenzen über 5,25 GHz nur  mit automatischer Leistungsregelung genutzt werden, ansonsten gelten die halben Höchstwerte.
RISIKEN: Bei Einhaltung der Grenzwerte sind nach derzeitigem Kenntnissstand keine gesundheitlichen Risiken zu erwarten. Die SAR-Werte typischer Bluetooth- und WLAN-Geräte bleiben mit rund 0,1 bis 0,2 W/kg weit unter dem empfohlenen Höchstwert von 2 W/kg. Bei körpernahem Einsatz kann sich dieser Wert  allerdings stark  erhöhen. Bluetooth-Sender der Klassen 2 und 3 halten die SAR-Höchstwerte aufgrund der niedrigen Sendeleistung immer ein.
TIPPS: Beachten Sie bei WLAN und Bluetooth Klasse 1 die für die Geräte angegebenen Mindestabstände zu Personen – leider machen jedoch nicht alle Hersteller diese Angaben. Es empfiehlt sich außerdem, vorhandene Reichweitenbegrenzungen zu aktivieren, um die maximale Strahlungsleistung zu reduzieren. Wenn möglich, sollten Sie Kabel- statt Funkverbindungen verwenden und WLAN-Router nicht an Orten aufstellen, wo sich ständig Personen aufhalten – also auch nicht direkt an Ihrem Arbeitsplatz.

WLAN

Im Frequenzbereich über 5 GHz können ungeregelte Router auf recht hohe Sendeleistungen bis 1.000 mW kommen.

Frequenzbereich in Gigahertz
Grenzwerte in Miliwatt
2,4 GHz (ISM-Band)
100 mW
5,15 bis 5,35 GHz
200 mW
5,470 bis 5,725 GHz
1.000 mW
 
Bluetooth

Bluetooth-Sender nutzen Frequenzen zwischen 2,40 und 2,48 GHz und strahlen schwächer als WLAN-Geräte.

Geräteklasse (Reichweite)
Grenzwerte in Milliwatt
Klasse 3 (ca. 10 m)
1,0 mW
Klasse 2 (ca. 30 m)
2,5 mW
Klasse 1 (ca. 100 m)
100 mW
 

© SiemensStrahlung am Ohr

Sprache und Daten werden beim Mobilfunk über den Hochfrequenzbereich gesendet. Die Wirkung auf den menschlichen Körper ist mit der von WLAN zu vergleichen
GRENZWERTE: Es gelten dieselben Grenzwerte wie bei WLAN- oder Bluetooth-Sendern: Smartphones dürfen also bei Verwendung am Kopf mit nicht mehr als 2 W/kg auf den Körper einstrahlen.
RISIKEN: In der Praxis erreicht quasi kein Smartphone den Grenzwert. Das iPhone 5 produziert zum Beispiel einen SAR-Wert von 0,8 W/kg. Starke Strahler wie das Nokia Lumia 900 kommen auf rund 1,5 W/kg. Allerdings hängt die Sendeleistung sehr vom Mobilnetz ab. Bei schwacher Verbindung steigt die Leistung.
TIPPS: Geräte mit niedrigem SAR-Wert kaufen. Verbindungsaufbau abwarten. Wenn möglich, Headsets verwenden und auf Telefonate im Auto verzichten (höhere Leistung wegen Dämpfung durch Karosserie). WLAN und Bluetooth bei Nichtnutzung abschalten.

Gepulste Strahlung

DECT-Telefone zählen zu den stärksten Strahlenquellen in Gebäuden. Ihr Frequenzbereich liegt zwischen 1,8  und 1,9  GHz, zusätzlich  ist das Sendesignal mit 100 Hz gepulst, damit mehrere Telefone im Zeitschlitzverfahren auf die Basisstation zugreifen können.
GRENZWERTE: Die Bundesnetzagentur erlaubt für die Basisstaion 250 Milliwatt bei Reichweiten bis 300 m (im Freien) und 50 m (in Innenräumen). Das ergibt pro Telefon die Sendeleistung 10 Milliwatt
RISIKEN: Ältere Basisstationen ohne Sendeleistungsregelung funken während des Telefonats immer mit Maximalleistung. Die Telefone selbst gelten mit typischen SAR-Werten um die 0,1 W/kg als risikolos. Auch eine besondere Gefährdung durch gepulste Signale konnte bisher wissenschaftlich nicht belegt werden.
TIPPS:Strahlungsarme Modelle einsetzen (Sendeleistungsregelung, Ruhezustand ohne Kontrollsignal). Die Basisstation an wenig frequentierten Orten aufstellen. Freisprecheinrichtungen verwenden.

Lärm

Die Belastung durch Lärm am Computer-Arbeitsplatz wird vom Gesetzgeber kaum geregelt. Die „Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung" gibt zwar einen Grenzwert vor, dieser richtet sich aber vornehmlich an industrielle und handwerkliche Arbeitsplätze.
GRENZWERTE:
Laut Verordnung muss ab einem Geräuschpegel von 85 dB über einen Zeitraum von 8 Stunden oder bei einem Peak-Pegel von 135 dB ein Gehörschutz getragen werden. Zum Vergleich: Ein Gewehrschuss erreicht etwa 140 dB, der Lärm einer Hauptverkehrsstraße rund 80 dB.
RISIKEN:
Am Computer-Arbeitsplatz können vor allem laute Drucker und Kopierer Lärmpegel von bis zu 80 dB (rund 15 Sone) erreichen
TIPPS: In nahezu jeder Druckerkategorie gibt es Modelle, die im Betrieb unter einem Pegel von 65 dB bleiben. Am besten ist es jedoch, Drucker grundsätzlich abseits vom Sitzplatz auf dem Flur oder in einem eigenen Raum zu betreiben.

Schadstoffe

Das Bundesinstitut für Risikobewertung kam in einer Studie (2008) zu dem Schluss, dass es beim Betrieb von Laserdruckern zum Austritt von Staubpartikeln sowie einer Vielzahl von leicht-, mittel- und schwer- flüchtigen Verbindungen kommt.
GRENZWERTE: Für die Emissionen von Staubpartikeln (Nanopartikeln) in Innenräumen gibt es nach wie vor keine geregelten Grenzwerte
RISIKEN: Laut der Studie können gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Emission aus Büromaschinen nicht ausgeschlossen werden. Das Risiko schätzt das Institut aber als gering ein.
TIPPS: Experten raten, Laserdrucker mit den Prüfzeichen „Blauer Engel" oder „DGUV-Test" zu verwenden. Der Aufstellort sollte  abseits vom Arbeitsplatz liegen und regelmäßig gelüftet werden. Erhöhte Vorsicht gilt beim Wechsel der Toner-Kartusche: Ausgetretenen Toner nur mit einem feuchten Tuch aufwischen und bei Berührung mit der Haut mit Seife und kaltem Wasser abspülen.


Technik | Green IT, 01.01.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2015 - Grünes Reisen im Trend erschienen.
     
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