Öffentliche Beschaffung als Ausbeuter?

Einkaufsmacht von 400 Milliarden wird nicht sozial und ökologisch genutzt

Menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Reinigungskitteln für das Land Bremen, faire Öko-T-Shirts für die Dortmunder Kantinenmitarbeiter - aktive Maßnahmen, die es der öffentlichen Hand erlauben, den eigenen Einkauf auf ökologisch und sozial umzustellen. Doch bei der Bundesregierung geschieht seit über zwei Jahren nichts, kritisieren Gewerkschaften, Menschenrechts- und Umweltorganisationen anlässlich des zweiten Jahrestags der Vergaberechtsreform am 24. April 2011.

Arbeitnehmerschutz auch in Billiglohnländern - ein wichtiger Aspekt der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung.
Foto: © China Blue
Rund 400 Milliarden Euro würden Bund, Länder und Gemeinden in Deutschland für ihren Einkauf ausgeben. "Statt diese enorme Einkaufsmacht zu nutzen und gezielt solche Produkte einzukaufen, die unter fairen und ökologischen Bedingungen hergestellt werden, tut die Bundesregierung in dieser Hinsicht seit Jahren nichts ", kritisiert Volkmar Lübke vom CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, einem bundesweiten Zusammenschluss von über 40 Verbänden, Organisationen und Gewerkschaften. Dabei könnte durch die Nachfragemacht der öffentlichen Hand effektiv Klima- und Arbeitnehmerschutz betrieben - und zugleich auf die Einhaltung von Menschenrechten in den Fabriken der "Billiglohnländer" gedrängt werden.

Bund lässt Länder und Kommunen alleine
Inzwischen haben in der Bundesrepublik über 250 Kommunen, alle Stadtstaaten sowie das Saarland Vergabegesetze und -richtlinien verabschiedet, die die Einhaltung internationaler Arbeits- und Sozialstandards vorsehen. Statt diese positiven Ansätze zu fördern, lässt der Bund die Länder und Kommunen alleine. Auch der bundeseigene Einkauf ist kritikwürdig. So können weder die Ministerien noch das Kanzleramt selbst Aussagen darüber treffen, ob und wie viele der beschafften Güter überhaupt unter Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards hergestellt werden - oder eben nicht.

Menschenrechts- und Umweltorganisationen weisen seit Jahren darauf hin, dass z.B. bei der der Herstellung von Arbeitskleidung für Polizei, Müllabfuhr und Bundeswehr oder der IT-Branche grundlegende Arbeits- und Menschenrechte sowie ökologische Standards verletzt werden. "Bis heute übernehmen nur wenige Unternehmen Verantwortung und überprüfen mittels unabhängiger Initiativen die Einhaltung grundlegender Arbeitsrechte bei ihren Zulieferern. Und dies, obwohl uns Partnerorganisationen aus dem globalen Süden immer wieder von unmenschlichen Bedingungen in den Fabriken berichten", so Johanna Fincke von der Christlichen Initiative Romero (CIR). Die Schaffung einer zentralen Servicestelle für Beschaffer mit Internet-Portal, Datenbank und Musterausschreibungen, ein zeitlich befristeter Maßnahmenplan und die Vorgabe klarer Ziele für den eigenen Einkauf seien Voraussetzungen für eine systematische Umstellung von billig und unfair auf sozial und ökologisch. Der Bund solle endlich Verantwortung übernehmen und verbindliche Vorgaben formulieren - auch im Sinne der öko-sozialen Beschaffung auf kommunaler und Länderebene.




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