1000 CEOs weltweit befragt: "Sustainability quo vadis?" - A New Era

forum Nachhaltig Wirtschaften im Interview mit Alexander Holst und Peter Lacy von Accenture Sustainability Services

International anerkannte Nachhaltigkeitsexperten von Accenture Sustainability Services befragten im Auftrag des UN Global Compact knapp 1000 CEOs weltweit, welche Bedeutung sie dem Thema Nachhaltigkeit für ihre Geschäftsstrategie tatsächlich beimessen und welche Maßnahmen sie ergreifen wollen, bzw. bereits ergriffen haben, um Nachhaltigkeit - jenseits der "grünen Tapete" - langfristig in ihr Kerngeschäft zu integrieren.

Wie bewältigen Unternehmen den Spagat zwischen den Anforderungen an nachhaltiges Wirtschaften einerseits und den Erwartungen ihrer Shareholder nach Gewinnmaximierung und wirtschaftlichen Erfolg andererseits? Was können, was wollen, was müssen Unternehmen tun, damit Nachhaltigkeit vom vermeintlichen Feigenblatt zum festen Bestandteil der Unternehmensstrategie avanciert?


forum Nachhaltig Wirtschaften: Was war das Interesse seitens Accenture diese Studie durchzuführen?
Peter Lacy führte die UN Global Compact CEO Studie "A new Era of Sustainability"durch

Peter Lacy: Das Interesse unseres Kunden bestand darin, Nachhaltigkeit durch die Brille von CEOs zu verstehen, inwiefern der Global Compact Nachhaltigkeit vorangetrieben hat und wie die UN in Zukunft noch effizienter mit der Wirtschaft zusammenarbeiten kann. Sie wollten verstehen, wie Märkte funktionieren aus der Governance und Compliance Perspektive.
Warum wir von Accenture diese Studie gerne gemacht haben? Nun, Nachhaltigkeit ist ein sehr zentraler Faktor, der die Geschäftsmodelle unserer Kunden, seien es Regierungen oder Konzerne stark beeinflusst. Wenn es darum geht Geschäfts- und Organisationsmodelle nachhaltiger zu gestalten, geht es oft um erhebliche Veränderungen bei der Strategie, den Prozessen, den Systemen und den Technologien. Wir haben in den letzten zehn Jahren unsere Kunden bei diesen Transformationsprozessen unterstützt und es ist eines der am schnellsten wachsenden Geschäftsfelder.

Also Geld verdienen und die Welt verbessern und nicht umgekehrt. Sind Sie da als Managementberatngsfirma nicht gelegentlich in einer Zwickmühle? Einerseits müssen Sie ja dem Kunden gegenüber neutral sein und andererseits möchten Sie ihn motivieren seine Geschäftsmodelle zu verändern. Nehmen wir als Beispiel die Automobilindustrie. Aus einer Helikopterperspektive ist es ganz offensichtlich, dass die gesamte Branche in den kommenden 20 Jahren erheblichen Veränderungen unterliegen wird aber dennoch halten Sie - zumindest bislang in den meisten Fällen - noch am alten Geschäftsmodell fest. Anstatt Mobilität zu verkaufen, verkaufen sie Autos. Motivieren Sie Ihre Kunden auch in Richtung Nachhaltigkeit, wenn Sie dort eine Geschäftsmöglichkeit sehen?

Peter Lacy: Es geht ganz klar darum Tacheles zu reden und das verlangen die Kunden auch. Es geht darum die Trends in den jeweiligen Geschäftsbereichen zu analysieren und daraus dann die Gefährdungen einerseits und die Chancen andererseits aufzuzeigen, wenn wir Nachhaltigkeit ernst nehmen. Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben. In dem Maße wie wir uns auf eine CO2-arme Ökonomie zu bewegen, wenn wir die regulatorischen Trends beobachten und die Änderung der Kundenbedürfnisse mit einbeziehen, dann wird es im Automobilsektor drastische Veränderungen in Bezug auf die Wertschöpfung geben.
Alexander Holst leitet Accenture Sustainability Services im deutschsprachigen Raum.

Alexander Holst: Es geht darum unseren Kunden das nicht als Meinung zu präsentieren sondern einen möglichst breite empirische Basis zu liefern, damit sie ihre Handlungsoptionen verstehen können, um in dieser Übergangsphase geschäftlich erfolgreich zu sein. Welche neuen Produkte und Dienstleistungen, welche Innovationen werden gewinnen? Es geht ja nicht darum ihnen nur die Probleme zu präsentieren sondern die Lösungen, also nicht Thesen diskutieren sondern Ergebnisse erzielen und von der Strategie zur Umsetzung zu kommen. Denn noch viel zu oft ist Nachhaltigkeit ein großes Thema über das viel geredet wird. Es geht aber darum Nachhaltigkeit Schritt für Schritt ins Kerngeschäft zu integrieren.

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen sich Firmen und CEOs in den kommenden Jahren auseinandersetzen müssen?

Peter Lacy: In der Studie, die wir durchführten kamen einige große Dilemmata zur Sprache. Wie entwickle ich als CEO Produkte und Dienstleistungen und investiere in Innovationen, wenn ich nicht sicher mit einer Nachfrage rechnen kann? Denn oft ist es zwar so, dass Konsumenten Interesse zeigen, aber dann doch nicht bereit sind für die Innovation zu bezahlen. Wie kann ich als CEO dann mittel- und langfristig in neue Geschäftsmodelle investieren? Ein weiteres Dilemma ist: Wie kommuniziere ich den Mehrwert von Nachhaltigkeit an meine Kunden, die Shareholder, die Investoren und Analysten und die oftmals sehr heterogenen vielschichtigen und komplexen Stakeholdergruppen? Und wenn ich es kommuniziere, werde ich dann vielleicht sogar bestraft? Das dritte Dilemma ist meiner Meinung nach v.a. ein internes. Wie entwickle ich meine Mitarbeiter, die ganz klar neues Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen und Verhalten benötigen, um Nachhaltigkeit in das Zentrum der Organisation zu integrieren? Wie motiviere ich Sie? Was sind angemessene Anreizstrukturen, wenn meine Mitarbeiter gleichzeitig schon so viele andere Dinge gleichzeitig jonglieren müssen in einem immer komplexeren Geschäftsumfeld?

Wenn wir in die nahe Zukunft schauen, also bis 2020, was werden die nächsten großen Trends sein?

Alexander Holst: Intelligentes und effizientes Stakeholdermanagement einerseits und andererseits Prozesse und Geschäftsmodelle nicht nur zu managen sondern auch zu kommunizieren. Absolut zentral ist es, Produkte und Dienstleistungen zu erfinden, die direkt eine Nachfrage befriedigen. D.h. wenn wir uns den demographischen Wandel anschauen, werden Gesundheitsdienstleistungen erheblich steigen. Der Klimawandel verlangt nach CO2-ärmeren Produkten. Zugang zu sauberem Trinkwasser wird immer schwieriger. Anstatt also an alten Geschäftsmodellen zu verharren und diese ein wenig nachhaltiger zu machen - was zweifelsohne auch schon schwierig genug ist - geht es darum Produkte und Dienstleistungen zu erfinden, die Nachhaltigkeit im Zentrum des Geschäftsmodells haben.
In Zukunft wird jede mittlere bis größere Firma ihren Umweltfußabdruck messen können und sicherlich in vielen Ländern auch müssen. Und die Zusammenhänge zwischen dem Umweltfußabdruck und den zentralen finanziellen Parametern werden immer transparenter und nachvollziehbarer werden. Und diese Zusammenhänge werden an jeden einzelnen Mitarbeiter in Form von Anreizstrukturen für die Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance durchgereicht werden. Der Automobilsektor wird sich zentral verändern hin zu einem Mobilitätsdienstleister. Der Energiesektor wird in 2020 einerseits von der Angebotsseite durch einen weltweit zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien und andererseits auf der Nachfrageseite durch Energiesparmaßnahmen und veränderte Kundenbedürfnisse radikal anders aussehen. Der Informations- und Kommunikationstechnologiesektor wird zu einem absolut zentralen Katalysator für alle anderen Sektoren, damit diese Ihren Fußabdruck zu verringern, effizienter zu operieren.

Herr Lacy, Herr Holst, ich bedanke mich ganz herzlich für das spannende Interview mit Ihnen.

Das Interview führte Alistair Langer

Weitere Informationen zu Accenture Sustainability Services erhalten Sie auf www.accenture.com/Sustainability sowie zur UN Global Compact CEO Studie "A new Era of Sustainability" https://microsite.accenture.com/sustainability/research_and_insights/Pages/A-New-Era-of-Sustainability.aspx

Quelle:
Technik | Wissenschaft & Forschung, 10.11.2010
     
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