Sozialstandards in der Outdoor-Branche

Starker Lern- und Nachholbedarf in der Lieferkette

Die Wirtschaftskrise findet woanders statt: Passend zur "OutDoor", der größten europäischen Fachmesse Mitte Juli in Friedrichshafen, konnte sich die Branche über vielversprechende Prognosen freuen. Sechs Milliarden Euro Umsatz in 2009, ein Umsatzplus von zwei bis drei Prozent und ein Boom, der offenbar noch lange seinen Höhepunkt nicht erreicht hat - kein Wunder, dass David Udberg, Präsident des Branchenverbandes European Outdoor Group (EOG), von einem "sehr guten Fahrwasser" und einer "euphorischen Stimmung" sprach, in dem sich die Spezialsparte für Abenteuer in der freien Natur befinde. Freuden des Wachstums in einer Zeit, in der andere Branchen aus dem Stöhnen gar nicht mehr herauskommen.

Was die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette angeht, gibt es für die Outdoor-Branche noch einiges zu tun: Rucksäcke der Marke The North Face auf der diesjährigen "OutDoor"
Foto: © Messe Friedrichshafen / messe-friedrichshafen.de
Das Boomen des Marktes für Outdoor-Produkte, die ökologische Innovationskraft der Branche, eine wahre Flut an Produktneuheiten in dieser Saison - all das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere besteht darin, dass es bezüglich Sozialstandards noch einiges an Lern- und Nachholbedarf gibt, der von den Herstellern von Outdoor-Bekleidung bewältigt sein will. Dies macht eine Studie deutlich, welche die Kampagne für Saubere Kleidung jetzt vorgelegt hat und die auf den Selbstauskünften von 15 internationalen Outdoor-Bekleidungsunternehmen basiert.

Die Studie zeigt auf, dass zwischen dem Selbstbild der Branche und der Realität in ihrer Lieferkette eine mehr als problematische Lücke klafft. Einige Schlaglichter: Der US-amerikanische Hersteller Marmot lässt Audits in seinen Fertigungsstätten jeweils ankündigen. Ein objektives Bild der Arbeitsbedingungen in der Zulieferkette wird sich so schwerlich gewinnen lassen. Der deutsche Wettbewerber Schöffel verzichtet seinerseits sogar vollständig auf Audits. Zudem hat Schöffel keine Vorkehrungen für eine Mitbestimmung von Arbeiterinnen und Arbeitern in solchen Produktionsländern getroffen, in denen die Gewerkschaftsrechte eingeschränkt sind oder keine Gewerkschaftsfreiheit existiert. Im Fall des schwedischen Herstellers Fjällräven fehlen für Zulieferbetriebe Obergrenzen für Überstunden, wodurch exzessiver Mehrarbeit in den Fertigungsstätten Tür und Tor geöffnet ist. Produziert wird in den allermeisten Fällen - egal ob in Asien oder in Mittelamerika - lediglich zu nationalen Mindestlöhnen. Die Löhne sind "investorenfreundlich" und daher so niedrig, dass sie nicht die Grundbedürfnisse der Näherinnen abdecken.

Der Lohn reicht nicht, um die Grundbedürfnisse abzudecken: In Textilfabriken wie dieser in El Salvador entsteht Outdoor-Bekleidung für den weltweiten Markt.
Foto: © Christliche Initiative Romero
Dass es auch anders geht, demonstrieren zum Beispiel seit 2008 die Schweizer Outdoor-Unternehmen Mammut und Odlo, die im Rahmen einer glaubwürdigen Multi-Stakeholder-Initiative die effektive Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihrer Lieferkette in Angriff genommen haben, und das mit Erfolg. Auch die deutschen Hersteller Jack Wolfskin und Vaude haben jüngst ihren Beitritt zu einer Multi-Stakeholder-Initiative erklärt und sich dadurch einem der weitestreichenden Verhaltenskodizes am Markt verpflichtet. Vaude will darüber hinaus bis 2012 schrittweise aus seiner Produktion in der Militärdiktatur Birma aussteigen.

Beispiele, denen andere folgen müssen: Die Outdoor-Branche ist als Ganzes aufgefordert, ihrer Verantwortung für die Arbeiterinnen und Arbeiter in den weltweiten Fertigungsstätten endlich in ausreichender Weise gerecht zu werden. Grundlegende Arbeitsstandards im globalen Zulieferernetz müssen umfassend umgesetzt - und durch unabhängige externe Institutionen wirksam kontrolliert werden. Erst dann ist die Outdoor-Branche wirklich in einem sehr guten Fahrwasser.





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