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Komplex, dynamisch, unterschätzt: Warum Weiterbildung der neue ESG-Faktor ist

Die unterschätzte Herausforderung in der ESG-Transformation

Weiterbildung ist der neue ESG-Faktor - Bild: pexels / Pavel Danilyuk
ESG-Vorgaben und Nachhaltigkeitsgesetze verändern sich derzeit mit atemberaubender Geschwindigkeit. Allein im Mai 2025 wurden weltweit 264 regulatorische Anpassungen im Bereich ESG registriert ein Rekordwert, der nicht nur globale Konzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen direkt betrifft.

Für Nachhaltigkeitsverantwortliche bedeutet das: Die eigene Expertise muss nicht nur tief, sondern vor allem aktuell sein. Gleichzeitig wird erwartet, dass sie Kolleg*innen im Unternehmen mitnehmen, sensibilisieren und inhaltlich befähigen. Dieser Spagat wird zunehmend zur systemischen Schwachstelle.

Fehlendes Know-how: Das Fundament wackelt
Ein Blick auf die Qualifikationen zeigt: Rund 37 % der Fachkräfte im Nachhaltigkeitsmanagement verfügen über eine kurzzeitige Weiterbildung, rund 36 % lernen „on the job", nur knapp 19 % haben ein Studium im Themenfeld abgeschlossen (Studie, Nachhaltig im Mittelstand). Besonders im Mittelstand wird Nachhaltigkeit oft nebenbei, in Teilzeit oder ohne strukturelle Ressourcen betreut – mit massiven Folgen für die Tiefe der inhaltlichen Bearbeitung. In der Praxis bedeutet das: Viele ESG-Manager*innen müssen sich in komplexe Themen wie Scope-3-Emissionen, Biodiversitätsstrategien oder menschenrechtliche Sorgfaltspflichten autodidaktisch einarbeiten – ohne methodische Unterstützung, ohne systematischen Wissensaufbau. Gleichzeitig ist die Recherche nach hilfreichen Informationen, Leitfäden und zuverlässigen Quellen sehr zeitaufwendig: 6 von 10 Fachleuten für Nachhaltigkeit verbringen mehr als 5 Stunden pro Woche nur mit der Suche nach hilfreichen Informationen (Umfrage, Ability Hub).

Hohe Dynamik trifft auf dünne Kapazitäten
Nicht nur die Themen sind komplex – auch ihr Wandel ist kaum zu überblicken. Über 54% der Befragten Mittelständler nennen die schnelllebige Gesetzeslage als große Herausforderung (Studie, Nachhaltig im Mittelstand). Komplexe Änderungsvorschläge, wie die Omnibus-Pakete, politisches Vor- und Zurück bei einzelnen Regelungen wie dem LkSG oder auch der Green Claims Directive schaffen vor allem eins: Verwirrung statt Klarheit. Für Mitarbeitende ist es extrem herausfordernd, neben den eigentlichen Arbeitsaufgaben, auf dem neuesten Stand zu bleiben und Änderungen zu verstehen. Jedoch sehen im Mittelstand 45 % die kontinuierliche Weiterbildung als herausfordernde Aufgabe (Studie, Nachhaltigkeit im Mittelstand).

Auch thematisch überfordern ESG-Fragen oft die gewachsene Expertise in den Betrieben. Die Komplexität der Aufgaben wurde von über 68 % der Befragten als größte Herausforderung benannt (Sustainability People Report 2025). Ob es um CO2-Bilanzierung, Lieferkettentransparenz, Biodiversitätsrisiken oder soziale Kriterien wie moderne Sklaverei geht – die Erwartung an inhaltliche Tiefe steigt rasant. Ohne fundiertes, kontinuierlich gepflegtes Wissen können Mitarbeitende keine fundierten Entscheidungen treffen. Zertifikate und einmalige Trainings greifen hier zu kurz. Sie bieten Grundlagen – aber keine echte Handlungssicherheit.

Gleichzeitig sehen fast 65 % einen strukturellen Ressourcenmangel (Sustainability People Report 2025). Der Großteil der Nachhaltigkeitsverantwortlichen arbeitet mit knappen Budgets und minimalen Stellendeputaten – oft sind sie Einzelpersonen oder Teilzeitkräfte - insbesondere in KMU. Während regulatorische Anforderungen zunehmen, bleiben personelle und zeitliche Kapazitäten konstant – eine fatale Schere, die strategische Wirkung stark einschränkt.

Zwei Drittel der Nachhaltigkeitsfachkräfte berichten, dass ihre Arbeitsbelastung in den letzten drei Jahren gestiegen ist – mehr als jede*r Fünfte sogar deutlich (Sustainability People Report 2025). Diese Zahlen machen deutlich: Das System steht unter Spannung. Wer permanent auf neue Anforderungen und Gesetzesänderungen reagieren muss, aber weder Luft noch Struktur für strategisches Lernen hat, wird mittelfristig überfordert.

Überforderung in der Lieferkette
Zulieferer, in der EU und weltweit, werden zunehmend mit ESG-Anfragen überrollt – von CO2-Daten bis zu Selbstauskünften zu Menschenrechten. Darunter sind viele kleine bis mittlere Betriebe, insbesondere außerhalb der EU, die bisher oftmals kaum Berührungspunkte mit der Vielzahl an neuen europäischen Nachhaltigkeitsregulierungen hatten. Viele kennen Begriffe wie CSDDD, CBAM, EUDR oder CSRD kaum, geschweige denn deren Bedeutung oder Relevanz.

Das hat Folgen: Für Unternehmen steigt das Risiko, mangels belastbarer Zulieferdaten nicht compliant zu berichten. Gleichzeitig bleibt die Wirksamkeit der Maßnahmen gering – wer die Anforderungen nicht versteht, kann sie nicht umsetzen. Kapazitätenaufbau heißt die Lösung: Kontinuierliche, klare und kontextgerechte Wissensvermittlung auf Lieferantenseite ist entscheidend – nicht nur zur Erfüllung von gesetzlichen Regulierungen, sondern auch als Hebel für echte Nachhaltigkeit und Innovationen der Lieferkette.

Weiterbildung bleibt Top-Priorität – aber teuer
Weiterbildung und persönliche Entwicklung zählen zu den wichtigsten nicht-finanziellen Leistungen für Nachhaltigkeitsfachkräfte – über 80 % der Befragten stufen sie als wichtig ein. Dennoch zeigt sich eine paradoxe Realität: Zwar sind Fortbildungen ein erklärtes Ziel, doch hohe Kosten und limitierte Budgets stehen einer breiten Umsetzung entgegen. In der Budgetstruktur des Nachhaltigkeitsmanagements machen Beratung (89 %), Software (63 %) und Fort- und Weiterbildung (61 %) die wichtigsten Posten aus – mit besonders hohen Anteilen bei größeren Unternehmen (Sustainability People Report 2025). Kleine und mittlere Betriebe und auch Zulieferbetriebe hingegen können oft weder spezialisierte Weiterbildungsangebote noch begleitende Beratungsleistungen dauerhaft finanzieren.

Empowerment neu denken: Kontinuität statt Kampagne
Die Lösung liegt nicht in mehr Zertifikaten, sondern in der Integration von kontinuierlichem Lernen in den Arbeitsalltag. Mitarbeitende brauchen niedrigschwelligen Zugang zu aktuellen Informationen, die direkt anwendbar sind. Plattformen wie Ability Hub adressieren diese Lücke: Sie bieten eine Umgebung, in der regulatorisches und thematisches Wissen rund um Nachhaltigkeit regelmäßig aktualisiert, praxisnah aufbereitet und kontextbezogen vermittelt wird – als strukturelle Notwendigkeit. Entscheidend ist, dass Lernprozesse nicht abgekoppelt vom Arbeitskontext stattfinden. Nur so entsteht echte Handlungskompetenz, nicht nur formales Wissen.

Fazit: Nachhaltigkeit ist nur so stark wie die Menschen, die sie tragen
Die ESG-Compliance und -Transformation verlangen mehr als gute Absichten und ein paar Schulungstage. Sie fordert ein tiefes, aktuelles und praxisrelevantes Verständnis auf allen Ebenen – von der Fachkraft bis zur Führung. Empowerment bedeutet deshalb, Mitarbeitende kontinuierlich zu begleiten, ihnen Wissen zugänglich zu machen und Kapazitäten und Know-how aufzubauen. Unternehmen, die diesen Weg gehen, schaffen nicht nur Compliance – sie bauen Resilienz auf.

Über die Autorin:
Pia Pinkawa ist Mitbegründerin von Ability Hub, einer internationalen Plattform zum Wissens- und Kapazitätenaufbau im Bereich Nachhaltigkeit und ESG-Regularien. Als Marketing- und Kommunikationsexpertin mit Spezialisierung auf nachhaltige Beschaffung und nachhaltige Lieferketten hat sie in den letzten 8 Jahren als Freiberuflerin mit vielen europäischen und globalen Organisationen in den Bereichen Awarenesskommunikation, Wissensaufbau, Lieferantenengagement und Thought Leadership zusammengearbeitet. Sie ist zudem als Speakerin und Moderatorin tätig und veröffentlicht regelmäßig Fachartikel zu Nachhaltigkeitsthemen.

Über Ability Hub:
Ability Hub ist eine digitale Wissensplattform, die speziell für Fachleute entwickelt wurde, die sich mit den wachsenden Anforderungen der ESG-Compliance und der nachhaltigen Beschaffung beschäftigen. Beschaffungs-, Lieferketten- und Nachhaltigkeitsteams unter zunehmendem Druck, sich schnell anzupassen, die Einbindung von Lieferanten zu steuern und nachvollziehbare, überprüfbare Nachhaltigkeitspraktiken sicherzustellen.

Ability Hub begegnet diesen Herausforderungen, indem es wichtige ESG-Informationen auf einer einzigen, einfach zu nutzenden Plattform zusammenfasst. Sie bietet laufend aktualisierte, von Expert*innen erstellte Inhalte zu kommenden Gesetzen, praktische Umsetzungsanleitungen, Fallstudien aus der Praxis und für Lieferanten geeignete Materialien.

Durch die Kombination von Klarheit, Praxisnähe und kontinuierlichen Aktualisierungen befähigt Ability Hub Fachleute in der gesamten Wertschöpfungskette, einen nachhaltigen Wandel herbeizuführen - selbstbewusst, effizient und zeit- und kostensparend.

Erfahren Sie mehr auf www.ability-hub.com/de

Kontakt: Ability Hub GmbH, Pia Pinkawa | info@ability-hub.com | www.ability-hub.com/de/


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