Wasserstoff-Microgrids ...

... machen Sonne und Wind haltbar

Genauer gesagt, speichern sie aus Solar- und Windkraft erzeugten Strom in Form von Wasserstoff (Elektrolyse) – bei Bedarf auch für einen längeren Zeitraum. »Lagerfähiger« grüner Strom wäre ein großer Fortschritt: Nicht unmittelbar benötigte Elektrizität wird heute an Wochenenden oder Feiertagen zum Teil in Nachbarländer verschenkt, um Stromnetze vor Überlastung zu schützen. Umgekehrt überbrücken Microgrids als autarke Energienetze im Kleinformat Dunkelflauten, also Phasen, in denen kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint. Dann verstromen die Brennstoffzellen im Grid den Wasserstoff zurück. So sind die Grids bestens geeignet für lokale Energienetze; Platz finden sie in Hochseecontainern. 
 Wasserstoff-basierte Microgrids sind perfekt für den Aufbau dezentraler Stromnetze mit erneuerbaren Energien geeignet. © Referenzfabrik.H2
Im Vergleich zu Batteriespeichern bieten Wasserstoffspeicher den Vorteil, auch große Energiemengen speichern zu können – und das bei Bedarf auch über längere Zeiträume. Denn im Gegensatz zu Batterien, die mit der Zeit an Ladung verlieren, hat Wasserstoff eine sehr geringe Selbstentladung und eignet sich damit auch sehr gut für eine saisonale Energiespeicherung. 

Mögliche Einsatzszenarien in Deutschland: Krankenhäuser und Sportzentren. Ambitionierte Partner gesucht! HyGrid zum Wiederaufbau der Ukraine
In Deutschland sind Wasserstoff-Microgrids eine zunehmend attraktive Option für die dezentrale Energieversorgung und darüber hinaus. Beispielsweise hat die Referenzfabrik.H2 des Fraunhofer IWU erste Konzepte für Sportzentren erstellt. Auch Krankenhäuser wären potenzielle Nutzer – aufgrund eines Nebeneffekts der Elektrolyse: Der dabei anfallende Sauerstoff könnte als technischer Sauerstoff verbraucht oder zur Reinigung bzw. Desinfektion von Wasser verwendet werden. 

Auf der Hannover Messe zeigt die Referenzfabrik.H2 die Wasserstoff-Microgrid-Plattform HyGrid. Kernelement ist der von der Referenzfabrik.H2 entwickelte Elektrolyseur HyVentus. Diese neuartige, kostengünstige Lösung wird nun von einem Konsortium aus den Industriepartnern Aumann Limbach-Oberfrohna GmbH, Linamar Antriebstechnik GmbH, Haver & Boecker OHG, Capgemini Engineering und TISORA Sondermaschinen GmbH produziert. 

Die Referenzfabrik.H2 strebt für HyGrid weitere strategische Kooperationen mit ambitionierten Unternehmen an, die das Potenzial kompakter Microgrids ausschöpfen möchten. Für die Entwicklung von Automatisierungslösungen konnte die Siemens AG als Partner gewonnen werden. Gemeinsam mit der Wertschöpfungsgemeinschaft der Referenzfabrik.H2 gilt es, eine robuste, effiziente Lösung umzusetzen, die durch Innovation und Standardisierung eine substanzielle Reduzierung der Herstellkosten ermöglicht und somit eine Vielzahl von Nutzungsszenarien eröffnet.

Mit HyGrid fördert die Fraunhofer-Gesellschaft ein kostengünstiges und robustes Microgrid. Als skalierte Plug&Play-Ausführung kann HyGrid beispielsweise in kriegszerstörten Regionen den Bereich von einigen wenigen bis mehreren Hundert Kilowatt abdecken – ideal für die Bedarfe von Krankenhäusern, Betrieben, Schulen oder abgelegenen ländlichen Gebieten. Kernaufgabe von HyGrid in der Ukraine ist es, erneuerbare Energie für die Energieversorgung im nächsten Winter zu speichern.

Das Team der Referenzfabrik.H2 kann bezüglich des Einsatzes von Wasserstoff-Microgrids unter besonderen Bedingungen bereits auf einige Erfahrungswerte zurückgreifen. Die Anbindung zu HyTrA, dem Wasserstoff-Microgrid in Kapstadt/Südafrika, bietet den Messebesuchern in Hannover Einblicke in den Betrieb solcher Lösungen und demonstriert Optionen für Monitoring und Wartung aus der Ferne.

Struktur und Kernkomponenten eines Microgrids. © Referenzfabrik.H2
HyTrA – Hydrogen Tryout Areal in Kapstadt/Südafrika
HyTrA, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) geförderte Hydrogen Tryout Areal, ist bestens geeignet, die Wirksamkeit von Wasserstoff für eine stabile, klimaneutrale Energieversorgung unter Beweis zu stellen. Insbesondere für Regionen, die über mehr erneuerbare Energie verfügen als für den Eigenbedarf erforderlich, bietet HyTrA neben der Eigennutzung attraktive Exportmöglichkeiten für Wasserstoff. HyTrA fördert zudem den Aufbau regionaler Lieferketten und erleichtert deutschen Unternehmen die Erschließung des afrikanischen Marktes. 

Das für HyTrA konzipierte Microgrid wurde Mitte 2023 industrienah in Kapstadt beim Unternehmen Alu-Cab, einem Hersteller von Auto-Dachzelten und Zubehör, installiert. Alu-Cab verfügte bereits über Photovoltaikanlagen am Standort und kann nun auch die überschüssige Energie nutzen, um vor Ort Wasserstoff zu erzeugen, zu speichern und bei Bedarf rückzuverstromen. So sichert das Unternehmen mit dem Microgrid seine Fertigung durch eine stabile Stromversorgung ab und ist von Schwankungen des öffentlichen Netzes unabhängig.

Bei diesem Microgrid galt es, die spezifischen Anforderungen des afrikanischen Marktes zu berücksichtigen. Mit einer Lebensdauer von über 60 000 Betriebsstunden (mehr als 10 Jahre) steht es für eine robuste Lösung. Es basiert ausschließlich auf erneuerbaren Energien und kann auch netzferne oder schwer zugängliche Gebiete abdecken. 

HygO – Hydrogen & Oxygen für Stromversorgung und Wasseraufbereitung in Namibia
Mit HygO steht ein weiteres, richtungsweisendes Wasserstoff-Projekt in den Startlöchern. Das ebenfalls vom BMUV geförderte Projekt wird im Erongo-Distrikt in Betrieb gehen und zusätzlich zu den Funktionalitäten des HyTrA-Systems auch den bei der Elektrolyse anfallenden Sauerstoff nutzen – um Abwasser in Regenwasserqualität aufzubereiten und für Bewässerungszwecke zu ertüchtigen. Derzeit wird das Microgrid am Fraunhofer IWU aufgebaut.
 
Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU ist innovationsstarker Partner für die angewandte Forschung und Entwicklung in der Produktionstechnik. Mit rund 670 hochqualifizierten Mitarbeitenden sind wir an den Standorten Chemnitz, Cottbus, Dresden, Leipzig, Wolfsburg und Zittau vertreten. Wir erschließen Potenziale für die wettbewerbsfähige Fertigung beispielsweise im Automobil- und Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrt, der Elektrotechnik oder der Feinwerk- und Mikrotechnik. Im Fokus von Wissenschaft und Auftragsforschung stehen Bauteile, Verfahren und Prozesse sowie die zugehörigen komplexen Maschinensysteme und das Zusammenspiel mit dem Menschen – die ganze Fabrik. Als eines der führenden Institute für ressourceneffiziente Fertigung setzen wir auf eine hochflexible, skalierbare und von der Natur lernende, kognitive Produktion. Dabei haben wir ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft die gesamte Prozesskette im Blick. Wir entwickeln Technologien und intelligente Produktionsanlagen. Wir optimieren umformende, spanende und fügende Fertigungsschritte. Auch maßgeschneiderte Leichtbaustrukturen, die Verarbeitung unterschiedlichster Werkstoffe sowie neueste Technologien der additiven Fertigung (3D-Druck) sind wichtige Bestandteile unseres Leistungsportfolios. Damit die Energiewende gelingen kann, zeigen wir Lösungsräume für den klimaneutralen Fabrikbetrieb und die Großserienfertigung von Wasserstoffsystemen auf.

Kontakt: Fraunhofer-IWU, Andreas Hemmerle | presse@iwu.fraunhofer.de | www.iwu.fraunhofer.de/


Technik | Energie, 20.03.2025

     
        
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