Coding neu gedacht – ressourcenschonendes Programmieren
Informatiker wollen mit „Green Coding“ die CO2-Emissionen der IT deutlich verringern
Informationstechnologien sind die Basis für Innovationen in den verschiedensten Branchen. Zugleich könnte ihr Energieverbrauch in Zukunft aber große Herausforderungen bedeuten. Darum wollen Informatiker mit „Green Coding" die CO2 -Emissionen der IT deutlich verringern.

Der Flugverkehr kommt nach Schätzungen auf rund 2,5 Prozent. In Zukunft dürfte der ICT-Energiebedarf noch deutlich zunehmen: Laut ACM könnte er bei gleichbleibender Entwicklung im Jahr 2050 für ein Drittel aller weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sein. „Rechenintensive Prozesse wie Big Data, das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz sind teilweise sehr energiehungrig", berichtet Professor Dr. Volker Wohlgemuth von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. „Sie können zwar einen großen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, müssen aber selbst möglichst ressourcenschonend entwickelt werden.
"Energieeffizientere Hardware und eine klimaneutrale Stromversorgung dürften hier zu Verbesserungen führen. Aber auch die Softwareentwicklung kann einen spürbaren Beitrag leisten – durch „Green Coding": Dahinter verbirgt sich ein Softwareentwicklungsansatz, mit dem der Ressourcen- und Energieaufwand für den Entwurf, die Erstellung, Verarbeitung und Veröffentlichung eines Softwareprojekts reduziert werden soll. In der Fahrzeugentwicklung ist das schon länger ein Thema: Steuergeräte sind hinsichtlich ihrer Speicherausstattung und Rechenleistung stark eingeschränkt und müssen darum sehr effizient programmiert werden. Aber auch hier lässt sich noch Energie sparen – durch eine intelligente Verteilung der Berechnungen: energiesparend im Fahrzeug und rechenintensiver in der Cloud.
Eine Million Tonnen CO2 könnte in Deutschlands Clouds und Rechenzentren eingespart werden, wenn man den Stromverbrauch von Software um 20 Prozent verringern würde.
Probleme mit „Bloatware"

Im Leerlauf schwankte ihre Prozessorauslastung sogar zwischen 0,8 und 12 Prozent. Eine Ursache für die schlechten Werte ist „Bloatware", also Software, die durch eine Vielzahl an – oft wenig genutzten – Funktionen aufgebläht und darum wenig energieeffizient ist. Aber auch die eingesetzten Programmiersprachen führen zu deutlichen Unterschieden: So schneiden das in den frühen 70er-Jahren entwickelte C und die relativ neue Sprache Rust beim Energieverbrauch am besten ab, während die weitverbreiteten Sprachen Ruby und Python den Stromverbrauch deutlich steigen lassen. Bei einem Vergleichstest benötigten sie für die gleichen Aufgaben das 70- beziehungsweise 76-Fache im Vergleich zu C – nicht zuletzt deshalb, weil beide jedes Mal während der Programmlaufzeit neu übersetzt (interpretiert) werden, wohingegen dieser Prozess bei C oder Rust nur einmal vor dem Aufruf der Software stattfindet (Kompilierung).
„Allerdings bieten einige Programmiersprachen eine deutlich bessere Unterstützung durch spezifische Bibliotheken für eine Fragestellung, die es möglicherweise in anderen nicht gibt", bemerkt Wohlgemuth. „Man muss sich darum immer den Einzelfall ansehen." Um die Auswirkungen der Softwareentwicklung auf die Umwelt zu minimieren, setzt Green Coding an verschiedenen Punkten an. „Dazu gehören Softwarearchitektur, Implementierung, Methodik und Plattformen", so Wohlgemuth. „Hier gibt es überall verschiedene Möglichkeiten, stromsparende Mechanismen zu programmieren." Wer beispielsweise eine mathematische Funktion (Berechnung der Fakultät einer natürlichen Zahl) nicht selbst in Python schreibt, sondern dafür die vordefinierte Variante aus einer in C geschriebenen Funktionsbibliothek nutzt, spart mehr als 90 Prozent Energie. Eine ähnliche Verringerung wurde auch bei der Berechnung von Zufallszahlen gemessen.
Geschäftsführung.
„Green Coding kann in jeder Branche angewendet oder als Vergabekriterium eingesetzt werden."
Prof. Dr. Volker Wohlgemuth, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
„Allerdings bieten einige Programmiersprachen eine deutlich bessere Unterstützung durch spezifische Bibliotheken für eine Fragestellung, die es möglicherweise in anderen nicht gibt", bemerkt Wohlgemuth. „Man muss sich darum immer den Einzelfall ansehen." Um die Auswirkungen der Softwareentwicklung auf die Umwelt zu minimieren, setzt Green Coding an verschiedenen Punkten an. „Dazu gehören Softwarearchitektur, Implementierung, Methodik und Plattformen", so Wohlgemuth. „Hier gibt es überall verschiedene Möglichkeiten, stromsparende Mechanismen zu programmieren." Wer beispielsweise eine mathematische Funktion (Berechnung der Fakultät einer natürlichen Zahl) nicht selbst in Python schreibt, sondern dafür die vordefinierte Variante aus einer in C geschriebenen Funktionsbibliothek nutzt, spart mehr als 90 Prozent Energie. Eine ähnliche Verringerung wurde auch bei der Berechnung von Zufallszahlen gemessen.
Unnötigen Code vermeiden
Allerdings gibt es auch beim Einsatz von quelloffenen Software-Bibliotheken Optimierungspotenzial: Viele enthalten Code, der nie genutzt wird und während der Kompilierung zu einem unnötigen Energieverbrauch führt. Einsparungen lassen sich aber auch erreichen, indem man den Netzwerkverkehr bei verteilten Softwareanwendungen auf ein Minimum reduziert. „Das gelingt zum Beispiel durch weniger hoch aufgelöste Bilder oder den Einsatz binärer statt textbasierter Dateiformate", so Wohlgemuth. „Zudem kann es sich lohnen, Berechnungen möglichst lokal statt tief in der Cloud auszuführen – aber hier gibt es noch Forschungsbedarf." Software hat aber auch Auswirkungen auf die Nutzungsdauer von IT-Hardware. „Wenn die Ressourcenanforderungen, zum Beispiel durch Bloatware, immer weiter ansteigen, müssen Computer unnötig früh ausgetauscht werden, was zu einem Mehrverbrauch an Energie und Rohstoffen führt", sagt Wohlgemuth.
„Auch daran sollten Programmierer denken, wenn sie Software schreiben." Um diese und verschiedene andere Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Code erfassen und besonders „grüne" Produkte auszeichnen zu können, hat das Bundesumweltministerium das Umweltzeichen „Blauer Engel" auch auf Software ausgedehnt. „Dabei werden verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte erfasst", erklärt Joseph De Veaugh-Geiss, der bei der Software-Community KDE am Projekt „Blauer Engel für Free and Open Source Software" arbeitet.
„Unerwünschte Werbung verursacht alleine in der EU jährlich so viele Treibhausgasemissionen wie eine Stadt von der Größe Turins."
Joseph De Veaugh-Geiss, Projekt- und Community-Manager bei KDE e.V.
„Auch daran sollten Programmierer denken, wenn sie Software schreiben." Um diese und verschiedene andere Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Code erfassen und besonders „grüne" Produkte auszeichnen zu können, hat das Bundesumweltministerium das Umweltzeichen „Blauer Engel" auch auf Software ausgedehnt. „Dabei werden verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte erfasst", erklärt Joseph De Veaugh-Geiss, der bei der Software-Community KDE am Projekt „Blauer Engel für Free and Open Source Software" arbeitet.
„Neben dem Energieverbrauch geht es um die Nutzungsdauer der Hardware, aber auch um die Autonomie des Anwenders. Zu den Kriterien gehört unter anderem die Möglichkeit, frei von unerwünschter Werbung zu bleiben – die alleine in der EU jährlich so viele Treibhausgasemissionen verursacht wie eine Stadt von der Größe Turins."
Wachsendes Interesse
Bislang ist erst eine Software mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. „Die Politik sollte den Blauen Engel als Vergabekriterium für öffentliche Aufträge nutzen", fordert Wohlgemuth, nach dessen Beobachtung Green Coding derzeit nur langsam in die Unternehmen vordringt. In Forschung und Lehre hingegen finde das Thema bereits deutlich mehr Aufmerksamkeit, denn auch die Informatik habe erkannt, dass Programme und Hardware große Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima haben können – im positiven wie im negativen Sinne. „Green Coding kann in jeder Branche angewendet oder als Vergabekriterium eingesetzt werden, wobei es besonders große Potenziale in Bereichen wie IT, Finanzen, Automotive oder Online-Handel gibt", so Wohlgemuth. „Darum ist wichtig, dass wir bei den Entwicklern ein Bewusstsein dafür schaffen, welchen immensen Hebel für mehr Klimaschutz sie bei ihrer Arbeit haben."
Text: Christian Buck. Erstmals erschienen im Porsche Engineering Magazin, Ausgabe 2/2023.
Kontakt: Porsche AG, Frederic Damköhler | frederic.damkoehler@porsche.de | newsroom.porsche.de
Quelle: Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Technik | Green IT, 08.01.2024

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