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Neue Gentechnik: Unverantwortliche Pläne der EU

Der aktuelle Kommentar von Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin der Deutschen Berufsimker

Die bayerischen Imker beobachten mit großer Sorge die Pläne der EU-Kommission zur Deregulierung der Gesetzgebung für Pflanzen aus neuer Gentechnik (NGT).

Durch Bestäubung und Pollenflug nimmt die Gentechnik auf ein ganzes Ökosystem Einfluss. © NIL-Foto, pixabay.comNach den Plänen der EU sollen Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht für den Großteil aller Gentechnik-Produkte abgeschafft werden. Den Menschen würde damit die Freiheit genommen, selbst zu entscheiden, ob sie Gentechnik auf ihrem Teller haben wollen oder nicht. Eine skandalöse Entmündigung der Verbraucher:innen! Grüne Gentechnik ohne Risikoprüfung, wie sie die EU-Kommission anstrebt, ist weder mit empfindlichen Naturräumen vereinbar, noch mit der Imkerei, dem offensten aller landwirtschaftlichen Produktionssysteme.
 
Die ökologische Bienenhaltung stünde vor dem Aus!
Die EU-Kommission beabsichtigt, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, nicht näher definierte „Maßnahmen zur Koexistenz" zu ergreifen, während sie ihnen keine Möglichkeit geben will, Gentechnik-Felder als solche auszuweisen. Wie aber sollen Imker:innen, nicht zuletzt Bio-Imker:innen, gentechnikfreien Honig produzieren, wenn sie nicht einmal wissen, wo sich Felder mit Gentechnik befinden? Bio-Imker:innen sind auch künftig gesetzlich verpflichtet, gentechnikfrei zu produzieren. In der Praxis allerdings wird es nach dem neuen Gesetz unmöglich sein, gentechnikfreien Honig zu produzieren.
 
Während Patentinhaber und Vermarkter von NGT-Pflanzen von der Deregulierung profitieren würden, müssten die gentechnikfreie Wirtschaft und die Allgemeinheit die Kosten und die Risiken von – nicht risikogeprüften – NGT-Produkten tragen. Damit wäre das Verursacherprinzip außer Kraft gesetzt. Die ökologische Bienenhaltung, für die Bayern gerade Fördermaßnahmen aufgelegt hat, stünde vor dem Aus, wenn sie die Last für eine gentechnikfreie Produktion tragen müsste.
 
Ein nicht kalkulierbares Risiko für ein ganzes Ökosystem
Ein ungelöstes Problem ist auch, dass die Genschere CRISPR/Cas9 zunehmend genutzt wird, um Patente auf natürlicherweise vorkommende Genvarianten durchzusetzen. Solche „Crispr-Patente" umgehen damit das Züchterprivileg und behindern so schon heute den züchterischen Fortschritt. Deshalb spricht sich etwa der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP) gegen die Patentierbarkeit von Gensequenzen aus, die in der Natur vorkommen.
 
Der geplante Verzicht auf die bislang geltende Einzelfall-Umweltverträglichkeitsprüfung für Gentechnik-Pflanzen wäre ein Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip der Europäischen Union. Zudem würde die Freisetzung einer großen Zahl nicht risikogeprüfter gentechnisch veränderter Pflanzen mit neuen Eigenschaften für Bienen und andere Insekten ein nicht kalkulierbares Risiko bedeuten.
 
Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein veränderter Ölgehalt bei Leindotter kann sich auf Bestäuber und auf die Nahrungsnetze rund um die Pflanze auswirken. Durch Pollenflug können neue, für Bestäuber schädliche, Veranlagungen auch in verwandte Arten und in Wildpopulationen auskreuzen. Und schon mit der Veränderung eines einzigen Schlüsselgens lässt sich ein ganzes Ökosystem beeinflussen.
 
Frontalangriff auf die Wahlfreiheit
Annette Seehaus-Arnold. © privatAuch ohne die Einfügung artfremder Gene lassen sich mit Hilfe von Genscheren – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – Veränderungen auslösen, die deutlich über die natürlichen biologischen Grenzen hinausgehen; Veränderungen, mit denen sich Pflanzen in der Natur und in der herkömmlichen Züchtung schützen. Langzeiteffekte und Wechselwirkungen zwischen einer großen Zahl gentechnisch veränderter Pflanzen mit neuen Eigenschaften und deren Auswirkungen auf Bestäuber müssen daher dringend berücksichtigt werden, weil sich solche Effekte in der Natur aufsummieren können.
 
Insgesamt ist die von der EU-Kommission betriebene Initiative für eine Gentechnik ohne Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht ein unverantwortlicher Frontalangriff auf den Verbraucherschutz und auf die Wahlfreiheit der Bürger. 89 Prozent der Menschen in Deutschland sind der Meinung, dass mögliche Auswirkungen auf die Natur immer untersucht werden sollten, wenn Pflanzen mit den neuen Verfahren gentechnisch verändert werden. Den Wunsch der Bürger, Biene, Mensch und Natur durch eine sorgfältige Gentechnik-Risikoprüfung und eine eindeutige Kennzeichnung zu schützen, tritt die EU-Kommission gerade mit Füßen. Sollte sich diese Ignoranz gegenüber dem Bürgerwillen durchsetzen, wird es Politikverdrossenheit und Populismus weiter fördern. Deshalb: Zulassungsverfahren mit Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht müssen auch für alle mit Hilfe neuer gentechnologischer Verfahren erzeugter Pflanzen und Tiere gelten!
 

Annette Seehaus-Arnold ist Präsidentin des Deutschen Berufs und Erwerbsimkebundes. Dieser fordert unter anderem die Anerkennung der Imkerei als vollwertigen Teil der Landwirtschaft. Denn obwohl Landwirtschaft und Gesellschaft von der Bestäubungsleistung der Bienen in Milliardenhöhe profitieren, erhalten Berufs- und Erwerbsimker keinerlei Subventionen, zahlen aber wie jeder andere landwirtschaftliche Betrieb Abgaben und Steuern.

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Umwelt | Naturschutz, 13.09.2023

     
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