Labels für Leder und Schuhe im Check

Qualitätssiegel informieren unzureichend und haben klare Defizite im Bereich Arbeitsrechte und Sozialstandards

Arbeitsrechte und soziale Kriterien werden von den gängigsten Leder- und Schuhsiegeln vernachlässigt. Die Schuh- und Lederbranche setzt die Anforderungen des deutschen Lieferkettengesetzes nicht ausreichend um, sondern versteckt sich hinter freiwilligen Siegeln. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Untersuchung der entwicklungspolitischen Organisationen INKOTA und Südwind Österreich.

© OpenClipart-Vectors, pixabay.com "Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren beim Kauf von Lederwaren und Schuhen nichts über die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards. Ein eklatanter Mangel an Verbraucherinformation! Unternehmen werben mit Siegeln, die nicht verpflichtend sind. Noch ist ausreichend transparent, wie die selbstdefinierten Kriterien überprüft werden. Standards, die für sich Qualität beanspruchen, jedoch keine Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen sind kein ausreichender Beleg für die Erfüllung der gesetzlichen Sorgfaltspflicht, die durch das deutsche Lieferkettengesetz seit Anfang des Jahres festgeschrieben ist. Die Politik muss umfassende Kriterien für Standards und Initiativen festlegen. Dazu zählen ambitionierte Kriterien bzgl. der Transparenz und Qualität sowie Integrität.", erklärte Berndt Hinzmann, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte bei INKOTA.

Zu den sechs untersuchten Qualitäts-Labels gehören das "Umweltzeichen Blauer Engel für Schuhe", "Oeko-Tex Leather Standard", "Naturleder IVN zertifiziert", das "Österreichische Umweltzeichen" sowie die beiden Business-to-Business- Zertifizierungssysteme "Leather Working Group (LWG)" und "Higg Brand and Retail Module (HiggBRM)". Lediglich zwei, der Blaue Engel und das Österreichische Umweltzeichen beruhen auf gesetzlichen Regelungen. Vier weitere Systeme orientieren sich bei der Auswahl ihrer technischen, ökologischen oder sozialen Kriterien vornehmlich an den Interessen der beteiligten Unternehmen. Die Mehrzahl der beschriebenen Zertifizierungssysteme legt ihr Augenmerk auf die Erfassung umwelt- und materialbezogener Indikatoren.

Keines der Siegel beinhaltet Angaben zu existenzsichernden Löhnen oder zum risikobasierten Ansatz von Sorgfaltspflichten. Auch bei sozialen Kriterien weisen die Zertifizierungen große Mängel auf: Bei der Leather Working Group, dem Oeko-Tex Leather Standard und HiggBRM sind sie für die Vergabe des Siegels nicht nötig. Bei der Leather Working Group ist es sogar möglich, ohne ein Sozial-Audit die Kennzeichnung "Gold-Medaille" zu erhalten. Der HiggBRM stellt überhaupt keine Informationen öffentlich, die Einblick in die Risikoanalyse und die Maßnahmen geben, die Unternehmen zur Minimierung oder Vermeidung der Risiken entlang der Lieferkette ergreifen.

"Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die strukturell bedingten Risiken für Leder- und Schuharbeiter*innen abzustellen. Anerkennung von selbst gemachten, intransparenten Industrie-Standards ist keine Lösung.", erklärt Berndt Hinzmann.

Der Decent Leather Label Check untersucht eine Auswahl von Qualitätssiegeln, auf die Unternehmen in der Unternehmensbefragung "Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der Praxis" verwiesen haben. Die Unternehmen gaben an, über sogenannte Business-to-Business-Standards die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes in Deutschland zu erfüllen.

Die Grundlage für die Analyse bilden öffentlich zugängliche Informationen. Das Fazit: "Wer ein Gütesiegel sucht, das umfassende nachhaltige Produktionsbedingungen kennzeichnet, wird bei den auf dem Markt bestehenden Zertifizierungen für Leder, Lederwaren und Schuhen nicht fündig", so Berndt Hinzmann, INKOTA. "Denn die zentralen Säulen der Nachhaltigkeit - soziale und ökologische Kriterien - sind nicht gleichwertig im Fokus und weisen Lücken auf."

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die Lederproduktion als besonderen Risikosektor ausgewiesen. Bei der Produktion von Lederwaren und Schuhen sind massive Arbeitsrechtsverletzungen keine Seltenheit. Geringe Löhne, extrem lange Arbeitstage und kaum regulierte Arbeitsbedingungen sind die Regel. Dazu kommen ein intensiver Einsatz gefährlicher Chemikalien, mangelhafte Schutzausrüstung und weitreichende Umweltrisiken.

Hintergrundinformationen
Together for decent leather ist ein dreijähriges Programm von sieben zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Asien und Europa. Das Programm will zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Lederwaren- und Schuhindustrie Südasiens mit Fokus auf Indien, Pakistan und Bangladesch beizutragen und Arbeitsrechtsverstöße zu reduzieren. Das Konsortium arbeitet daran, eine stärkere Verbindlichkeit für die Erfüllung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen zu etablieren und fordert von Regierungen Regelungen und Schutzmechanismen zu errichten, um die Einhaltung internationaler Arbeitsrechte zu verbessern: www.togetherfordecentleather.org

Bericht "Qualitätsstandards und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten. Label Check: Leder und Lederschuhe"

Unternehmensbefragung: "Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der Praxis": Wie kommen Unternehmen ihrer Verantwortung für Menschenrechte in der globalen Lieferkette von Leder(waren) und Schuhen nach?

Kontakt: INKOTA-netzwerk e.V., Bernd Hinzmann | hinzmann@inkota.de | www.inkota.de

Lifestyle | Mode & Kosmetik, 29.03.2023

     
Cover des aktuellen Hefts

Der Zauber des Wandels

forum 04/2024 ist erschienen

  • Windkraft
  • Zirkuläre Produkte
  • Tax the Rich
  • Green Events
  • Petra Kelly
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
18
SEP
2024
neext Future Summit - Summer Special Rabatt!
Pioneering Tomorrow's Real Estate, Industry and Infrastructure
13088 Berlin
08
OKT
2024
VertiFarm - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
Internationale Fachmesse für Next Level Farming und New Food Systems
44139 Dortmund
30
OKT
2024
IMPACT FESTIVAL 2024
Treiben Sie die grüne Transformation voran!
60327 Messe Frankfurt am Main
Alle Veranstaltungen...
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Klima

Wetter oder Klima? Europa wird zum Hotspot des Klimawandels
Als Philosoph prognostiziert Christoph Quarch, dass ein klimaneutrales Leben sehr viel schöner sein wird als Leugner befürchten
be-yond economy - Festival für verantwortungsvolle Wirtschaft. 17. September 2024. Muffatwerk München.
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

neext Future Summit 2024, 18.-19. September im Motorwerk Berlin

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Corso Leopold als Modellprojekt für nachhaltiges Wirtschaften

Mission Wertvoll

Gegendarstellung

BAM! Bock auf Morgen Festival, 25.-26. September 2024 in Berlin

Bis hierhin und wie weiter?

Swiss Green Economy Symposium 2024, 27. - 29. August in Winterthur

  • Kärnten Standortmarketing
  • Engagement Global gGmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • circulee GmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen