Die Chinesen in Afrika
Chancen und Risiken für den Kontinent
Die ganze Welt blickt nach China - auf den Drachen, der sich erhebt und die Weltwirtschaft immer mehr dominiert. Voraussetzung für den dauerhaften Aufschwung sind ausreichend Rohstoffe, die China vor allem aus Afrika importiert. Welche Rolle die Chinesen in Afrika wegen ihres Ressourcenhungers spielen, verfolgt die Staatengemeinschaft mit gemischten Gefühlen.
Chinas Präsenz in Afrika, obwohl erst in den letzten Jahren verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten, reicht zurück bis in die 1950er Jahre. Einhergehend mit den Wachstumserfolgen hat sich die Volksrepublik seit Mitte der 1990er Jahre ehrgeizige Ziele in der Afrikapolitik gesetzt: Neben der Energie- und Ressourcensicherung will Festlandchina die eigene Entwicklung und Stabilität fördern sowie den Zugang zu internationalem Parkett und Märkten verbessern.
Um diese Ziele zu erreichen, setzt die chinesische Regierung auf eine im Vergleich zur Afrikapolitik der EU oder der USA sehr ausgeprägte Verzahnung von außen- und entwicklungspolitischen Strategien. Diese Verzahnung macht es oftmals schwer, politische und wirtschaftliche Ziele klar voneinander abzugrenzen.
China ist in Afrika auf der Suche nach jeder Art von Ressourcen, um seinen eigenen Bedarf zu decken und seinen Status als Manufaktur der Welt aufrecht zu erhalten (s. Abb. 1). Eine zweigleisige Strategie dient der Ressourcensicherung:
Skrupellose Schatzsucher?
Als Nachzügler im internationalen Kampf um Rohstoffe und Energie muss China zwangsläufig opportunistisch agieren und seine Aufmerksamkeit auf Regionen richten, deren Ressourcen bis dato noch nicht oder nur teilweise erschlossen worden sind. Beispielhaft dafür sind die international umstrittenen Investitionen in die Ölvorkommen im Sudan oder in Angola. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine chinesische Unterstützung von "Unrechtsregimen".
Wie die Ereignisse im Sudan gezeigt haben, kann Peking nichts daran liegen, eine permanente Atmosphäre der Unsicherheit und somit auch eine Gefährdung seiner Ressourceninvestitionen zu tolerieren. Folgerichtig hat sich der chinesische Druck auf die Regierung in Khartum stetig erhöht, konstruktiv an einer Lösung des Konflikts mitzuarbeiten.
Die ressourcenreichen Länder Afrikas profitieren in mehrfacher Weise von dem gestiegenen Rohstoffbedarf Chinas. Zum einen ziehen sie zumindest mittelfristig Vorteil aus der Verbesserung ihrer Terms of Trade. Zum anderen profitieren sie direkt durch Schaffung von Arbeitsplätzen im Ressourcenabbau sowie in nachgelagerten Aktivitäten und durch die Steigerung der Staatseinkünfte. Offen bleibt jedoch die Frage, inwieweit deren Erhöhung der Bekämpfung der Armut zu gute kommt oder nicht doch in dunklen Kanälen versickert.
Oft wird China vorgeworfen, es würde insbesondere durch seine Politik der Nicht-Einmischung westliche Bemühungen um Good Governance und den Kampf gegen Korruption unterminieren. Dem kann jedoch entgegen gehalten werden, dass sich chinesische Unternehmen genau wie ihre westlichen Gegenspieler als rational agierende Marktteilnehmer an den realen Gegebenheiten vor Ort orientieren. Es liegt im Verantwortungsbereich der afrikanischen Regierungen und nicht bei Peking, die notwendigen rechtlichen Regularien, Überprüfungsmechanismen und Kapazitäten zu schaffen.
Gemeinsames Umdenken bei Arbeitsbedingungen
Gleiches gilt für häufig geäußerte Klagen über miserable Arbeitsbedingungen in chinesischen Unternehmen des Ressourcensektors. Wenngleich größtenteils zutreffend wurden diese Missstände doch meist von den afrikanischen Regierungen ignoriert. Allerdings scheint sich langsam auf beiden Seiten ein Umdenken abzuzeichnen. Sambias Präsident Levy Mwanawasa, lange Zeit ein bedingungsloser Verteidiger chinesischer Investoren, forderte diese in der Times of Zambia vom 28. Februar 2008 auf, ihre Kommunikation zu verbessern, um Missverständnissen vorzubeugen. Im gleichen Artikel appellierte Li Qiangmin, Chinas Botschafter in Sambia, an seine Landsleute, sich an lokale Gesetze und Gebräuche zu halten. Dazu ist anzumerken, dass der öffentliche Druck in Sambia auf beide Seiten in den letzten Monaten stetig gestiegen ist - nicht zuletzt dank der relativ unabhängigen Medien, die mit den Realitäten im Sudan oder in Angola nicht zu vergleichen sind.
Grauzone Nachhaltigkeit
Wenngleich das chinesische Engagement im afrikanischen Ressourcensektor trotz der Schwachstellen Arbeitsbedingungen, Resource Curse und Dutch Disease mittelfristig positiv zu bewerten ist, kann man die langfristigen Folgen vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit nur als unklar einstufen. Chinas Investitionen in afrikanische Ressourcen, die ohnehin direkt von den jeweiligen Ökosystemen abhängig sind, konzentrieren sich meist auf noch unerschlossene und zum Teil geschützte Regionen. Die meisten afrikanischen Regierungen unterstützen dieses Bestreben, da sie Nachhaltigkeit nach wie vor dem wirtschaftlichen Wachstum unterordnen. Ein besonders gravierendes Beispiel für diese Praxis stellt die Forstwirtschaft dar. Holzexporte nach China, das selbst den Holzeinschlag seit 1998 sukzessive verboten hat, haben in zunehmendem Maß Exporte in andere Regionen verdrängt (s. Abb. 2). Die britische NGO Global Timber geht jedoch davon aus, dass für die vier Hauptexportländer Gabun, Äquatorial Guinea, Kongo (Brazzaville) und Kamerun bis zu 90 Prozent der Holzexporte auf illegalem Weg erfolgen. Das bedeutet nicht nur, dass diese Staaten von den Exporterlösen kaum profitieren, sondern gibt auch ein Bild ab, wie wenig Kontrolle die Regierungen über den Holzeinschlag haben, der alle Charakteristika einer ausbeuterischen Industrie, nicht jedoch einer nachhaltigen Forstwirtschaft hat.
Abb. 2: Afrikas Holzexporte
Neue Prinzipien aus Peking
Anlass zur Hoffnung kommt jedoch aus China selbst. In der Erkenntnis, dass sich die Umweltzerstörung zunehmend zum Wachstumshemmnis des Landes entwickelt, hat Peking auch seine Richtlinien für außenwirtschaftliche Tätigkeiten überarbeitet. Im Oktober 2006 beschloss der Staatsrat neun Prinzipien zur Regulierung chinesischer Investitionen im Ausland, die unter anderem auch den Schutz ökologischer Ressourcen beinhalten. Zeitgleich hat Chinas Exim Bank seine eher allgemein gehaltenen umweltpolitischen Richtlinien gestärkt und spezifische Regeln zur Bewertung ökologischer und sozialer Folgen der geförderten Projekte veröffentlicht. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit Peking in der Lage ist, diese neuen Bestimmungen auch umzusetzen. Der grundsätzliche Wille scheint vorhanden zu sein. Zugleich sind die afrikanischen Partner gefordert, dem Thema "soziale und ökologische Nachhaltigkeit" mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sich von bloßen Lippenbekenntnissen zu lösen. Eine Zusammenarbeit beider Parteien kann dazu beitragen, das chinesische Engagement auch langfristig positiv zu gestalten.
Friedemann Jaeger
Chinas Präsenz in Afrika, obwohl erst in den letzten Jahren verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten, reicht zurück bis in die 1950er Jahre. Einhergehend mit den Wachstumserfolgen hat sich die Volksrepublik seit Mitte der 1990er Jahre ehrgeizige Ziele in der Afrikapolitik gesetzt: Neben der Energie- und Ressourcensicherung will Festlandchina die eigene Entwicklung und Stabilität fördern sowie den Zugang zu internationalem Parkett und Märkten verbessern.
Auf der Suche nach Ressourcen und Märkten: der chinesische Premierminister Wen Jiabao 2006 zu Besuch in Ghana
Um diese Ziele zu erreichen, setzt die chinesische Regierung auf eine im Vergleich zur Afrikapolitik der EU oder der USA sehr ausgeprägte Verzahnung von außen- und entwicklungspolitischen Strategien. Diese Verzahnung macht es oftmals schwer, politische und wirtschaftliche Ziele klar voneinander abzugrenzen.
Weitere spannende Themen rund um Afrika und die Ressource Wasser finden Sie im nächsten Magazin "FORUM Nachhaltig Wirtschaften - Afrika im Aufbruch?". Mit Special: "LOHAS&Ethischer Konsum". Das Magazin erscheint am 15. September 2008. Sie können das Magazin hier noch bis zum 31. August 2008 zum günstigen Subskriptionspreis bestellen. LÖSUNGEN JETZT STATT UTOPIEN MORGEN! |
China ist in Afrika auf der Suche nach jeder Art von Ressourcen, um seinen eigenen Bedarf zu decken und seinen Status als Manufaktur der Welt aufrecht zu erhalten (s. Abb. 1). Eine zweigleisige Strategie dient der Ressourcensicherung:
- kurzfristige Deckung des Bedarfs über Rohstoffmärkte beziehungsweise direkt über Handelsverträge mit den Förderländern
- langfristiger Erwerb der Rohstoffquellen vor Ort mit dem Ziel, unabhängig von der internationalen Preisentwicklungen und deren Auswirkungen zu sein
Abb. 1: Chinas Ressourcenabbau in Afrika; Quelle: Holslag (2007): China's Resource and Energy Policy in Sub-Saharan Africa
Skrupellose Schatzsucher?
Als Nachzügler im internationalen Kampf um Rohstoffe und Energie muss China zwangsläufig opportunistisch agieren und seine Aufmerksamkeit auf Regionen richten, deren Ressourcen bis dato noch nicht oder nur teilweise erschlossen worden sind. Beispielhaft dafür sind die international umstrittenen Investitionen in die Ölvorkommen im Sudan oder in Angola. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine chinesische Unterstützung von "Unrechtsregimen".
Wie die Ereignisse im Sudan gezeigt haben, kann Peking nichts daran liegen, eine permanente Atmosphäre der Unsicherheit und somit auch eine Gefährdung seiner Ressourceninvestitionen zu tolerieren. Folgerichtig hat sich der chinesische Druck auf die Regierung in Khartum stetig erhöht, konstruktiv an einer Lösung des Konflikts mitzuarbeiten.
Die ressourcenreichen Länder Afrikas profitieren in mehrfacher Weise von dem gestiegenen Rohstoffbedarf Chinas. Zum einen ziehen sie zumindest mittelfristig Vorteil aus der Verbesserung ihrer Terms of Trade. Zum anderen profitieren sie direkt durch Schaffung von Arbeitsplätzen im Ressourcenabbau sowie in nachgelagerten Aktivitäten und durch die Steigerung der Staatseinkünfte. Offen bleibt jedoch die Frage, inwieweit deren Erhöhung der Bekämpfung der Armut zu gute kommt oder nicht doch in dunklen Kanälen versickert.
Oft wird China vorgeworfen, es würde insbesondere durch seine Politik der Nicht-Einmischung westliche Bemühungen um Good Governance und den Kampf gegen Korruption unterminieren. Dem kann jedoch entgegen gehalten werden, dass sich chinesische Unternehmen genau wie ihre westlichen Gegenspieler als rational agierende Marktteilnehmer an den realen Gegebenheiten vor Ort orientieren. Es liegt im Verantwortungsbereich der afrikanischen Regierungen und nicht bei Peking, die notwendigen rechtlichen Regularien, Überprüfungsmechanismen und Kapazitäten zu schaffen.
Gemeinsames Umdenken bei Arbeitsbedingungen
Gleiches gilt für häufig geäußerte Klagen über miserable Arbeitsbedingungen in chinesischen Unternehmen des Ressourcensektors. Wenngleich größtenteils zutreffend wurden diese Missstände doch meist von den afrikanischen Regierungen ignoriert. Allerdings scheint sich langsam auf beiden Seiten ein Umdenken abzuzeichnen. Sambias Präsident Levy Mwanawasa, lange Zeit ein bedingungsloser Verteidiger chinesischer Investoren, forderte diese in der Times of Zambia vom 28. Februar 2008 auf, ihre Kommunikation zu verbessern, um Missverständnissen vorzubeugen. Im gleichen Artikel appellierte Li Qiangmin, Chinas Botschafter in Sambia, an seine Landsleute, sich an lokale Gesetze und Gebräuche zu halten. Dazu ist anzumerken, dass der öffentliche Druck in Sambia auf beide Seiten in den letzten Monaten stetig gestiegen ist - nicht zuletzt dank der relativ unabhängigen Medien, die mit den Realitäten im Sudan oder in Angola nicht zu vergleichen sind.
Grauzone Nachhaltigkeit
Wenngleich das chinesische Engagement im afrikanischen Ressourcensektor trotz der Schwachstellen Arbeitsbedingungen, Resource Curse und Dutch Disease mittelfristig positiv zu bewerten ist, kann man die langfristigen Folgen vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit nur als unklar einstufen. Chinas Investitionen in afrikanische Ressourcen, die ohnehin direkt von den jeweiligen Ökosystemen abhängig sind, konzentrieren sich meist auf noch unerschlossene und zum Teil geschützte Regionen. Die meisten afrikanischen Regierungen unterstützen dieses Bestreben, da sie Nachhaltigkeit nach wie vor dem wirtschaftlichen Wachstum unterordnen. Ein besonders gravierendes Beispiel für diese Praxis stellt die Forstwirtschaft dar. Holzexporte nach China, das selbst den Holzeinschlag seit 1998 sukzessive verboten hat, haben in zunehmendem Maß Exporte in andere Regionen verdrängt (s. Abb. 2). Die britische NGO Global Timber geht jedoch davon aus, dass für die vier Hauptexportländer Gabun, Äquatorial Guinea, Kongo (Brazzaville) und Kamerun bis zu 90 Prozent der Holzexporte auf illegalem Weg erfolgen. Das bedeutet nicht nur, dass diese Staaten von den Exporterlösen kaum profitieren, sondern gibt auch ein Bild ab, wie wenig Kontrolle die Regierungen über den Holzeinschlag haben, der alle Charakteristika einer ausbeuterischen Industrie, nicht jedoch einer nachhaltigen Forstwirtschaft hat.
Abb. 2: Afrikas Holzexporte
Quelle: Asche/Schüller (2008) Chinas Engagement in Afrika: Chancen und Risiken für Entwicklung; Übernommen von Global Timber 2007 (www.globaltimber.org.uk)
Neue Prinzipien aus Peking
Anlass zur Hoffnung kommt jedoch aus China selbst. In der Erkenntnis, dass sich die Umweltzerstörung zunehmend zum Wachstumshemmnis des Landes entwickelt, hat Peking auch seine Richtlinien für außenwirtschaftliche Tätigkeiten überarbeitet. Im Oktober 2006 beschloss der Staatsrat neun Prinzipien zur Regulierung chinesischer Investitionen im Ausland, die unter anderem auch den Schutz ökologischer Ressourcen beinhalten. Zeitgleich hat Chinas Exim Bank seine eher allgemein gehaltenen umweltpolitischen Richtlinien gestärkt und spezifische Regeln zur Bewertung ökologischer und sozialer Folgen der geförderten Projekte veröffentlicht. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit Peking in der Lage ist, diese neuen Bestimmungen auch umzusetzen. Der grundsätzliche Wille scheint vorhanden zu sein. Zugleich sind die afrikanischen Partner gefordert, dem Thema "soziale und ökologische Nachhaltigkeit" mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sich von bloßen Lippenbekenntnissen zu lösen. Eine Zusammenarbeit beider Parteien kann dazu beitragen, das chinesische Engagement auch langfristig positiv zu gestalten.
Prof. Dr. Helmut Asche
Friedemann Jaeger
Profil Prof. Dr. Helmut Asche ist Diplom-Volkswirt und Diplom-Soziologe. Nach Tätigkeit an der Freien Universität Berlin mit Forschungsaufenthalt u.a. in Ostasien sowie bei der Carl-Duisberg-Gesellschaft arbeitete er seit 1985 für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Von 1986 bis 1998 war er als volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Regierungsberater in Burkina Faso, Ruanda und Kenia tätig. Seit 2000 war er in der GTZ-Zentrale in Eschborn Bereichsvolkswirt für Afrika südlich der Sahara und leitete eine Gruppe mit fachlichen und entwicklungspolitischen Querschnittsaufgaben für Afrika. Am Institut für Afrikanistik an der Universität Leipzig lehrt er seit April 2006. Friedemann Jaeger ist Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Seit 2007 promoviert er am Institut für Afrikanistik der Universität Leipzig zum Thema "Aggregierter Wohlfahrtseffekt des chinesischen Engagements im subsaharischen Afrika" und führte einen Forschungsaufenthalt in Sambia durch. |
Quelle:
Gesellschaft | Globalisierung, 23.07.2008
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