Nur für kurze Zeit. BahnCard Business 25 Klima. Lohnt ab der 2. Fahrt. Jetzt kaufen!

Ukraine-Krieg – Ängste als Herausforderungen für die Demokratie

Der aktuelle Kommentar von Roman Huber, Mehr Demokratie e.V.

Was machen die grausamen Bilder aus der Ukraine mit uns? Können wir sie überhaupt noch ertragen? Können wir noch Mitgefühl spüren oder ist alles zu viel und wir schalten ab?
 
Viele von uns kennen Menschen aus der Ukraine oder aus Russland. Bei den Älteren, bei unseren Eltern oder Großeltern steigen düstere Erinnerungen auf. Vom zweiten Weltkrieg und seinen Folgen, von Flucht, Vertreibung und Besatzung. Angst und diffuse, oft schlimme Bilder.
 
Ängste und Traumata dürfen uns nicht dazu verleiten, demokratische Prozesse auszusparen, so Roman Huber. © mahamed_hassan, pixabay.comAndere spüren nichts und schämen sich vielleicht sogar dafür, so taub zu sein und „herzlos". Andere ärgern sich über das "Ungleichgewicht": Wieso erfährt jetzt dieser Krieg so viel mehr Aufmerksamkeit und Mitgefühl als andere Kriege auf der Welt? Und wieviel anderes Leid auf der Welt geschieht ständig und fast unbemerkt? Jeden Tag stirbt alle paar Sekunden ein Kind an Unterernährung.
 
Herausforderung für die Demokratie
Die Erfahrungen der letzten Wochen legen sich wie Mehltau auf die Unsicherheit, Sorgen und Anspannung der letzten Jahre. Die Klimakrise wurde erst durch die Corona-Krise und nun auch noch durch den Krieg in der Ukraine überlagert.
 
Das stellt unsere Demokratien vor ganz neue Herausforderungen. Wir wissen instinktiv, in diesen Krisen werden auch unbearbeitete Wunden und Erfahrungen der Vergangenheit aktiviert. Wenn das geschieht, halten wir die Spannungen oder die Ohnmacht kaum noch aus. Dann wollen wir uns scheinbar schnelle Erleichterung verschaffen. Und so werden dann innerhalb weniger Tage 100 Milliarden für die Bundeswehr freigegeben. Ein adäquater demokratischer Prozess fehlt! Ganz anders in Dänemark: Hier wird diese Frage im Juni in einer Volksabstimmung entschieden. Nach monatelanger Diskussion mit allen.
 
Mit der Klimakrise, Corona und nun dem von Menschen in Deutschland als sehr nah erlebten Krieg in der Ukraine überlagern sich gleich mehrere Situationen, die vom Menschen als traumatisch erlebt werden können.
 
Die Aktivierung kollektiver Traumata
Eine Hypothese, die wir überprüfen wollen, ist, dass in Krisen oft schon bestehende individuelle und kollektive Traumata aktiviert werden und den demokratischen Handlungsspielraum und die Fähigkeit zu verantwortlicher Lösungssuche einschränkt. Durch die Abtrennung von der eigenen Erfahrung, nicht durch die verschiedenen Ansichten über eine Situation, entsteht Polarisierung und die Unmöglichkeit der Verständigung.
 
Wir alle, nicht nur Menschen mit Kriegs-, Gewalt- oder Katastrophenerfahrungen, sind von Traumata betroffen. Sie entstehen in Extremsituationen (Schocktrauma) sowie durch gestörte Interaktionen zwischen Kindern und ihren Bezugspersonen (Entwicklungstrauma). Hinzu kommt, dass jeder Mensch und die gesamtgesellschaftlichen Strukturen und Institutionen von den Erlebnissen und Traumata der vorhergehenden Generationen beeinflusst werden. Dass Traumata sogar Spuren im Erbgut hinterlassen, konnte inzwischen in der Epigenetik-Forschung nachgewiesen werden. So können Krisenmomente unbewusst traumatische Erfahrungen aktivieren und Reaktionsweisen hervorrufen, die heute nicht mehr zur Situation passen.
 
Da solche Reaktionen demokratische Verständigung verhindern können, ist es wichtig, individuelle und kollektive Trauma-Dynamiken zu untersuchen und für eine besser funktionierende Demokratie sichtbar und besprechbar zu machen.
 
Echte Resilienz
Echte Resilienz bedeutet, auch unter Druck seine Werte aufrecht halten zu können. Wie kann Demokratie in immer krasseren Krisen funktionieren? Was haben Demokratie und Traumata miteinander zu tun? Warum polarisiert sich die Gesellschaft und was können wir dagegen tun? Wie können wir zusammen mit anderen Menschen an Traumata arbeiten, die uns alle betreffen?
 
Diese Fragen stehen im Zentrum eines Online-Prozesses zu Traumaintegration und Demokratieforschung, den Mehr Demokratie zusammen mit dem internationalen Pocket Project und weiteren wissenschaftlichen Partnern organisiert.
 Roman Huber. © Mehr Demokratie, Lizenz: CC BY-SA 2.0
Für die wissenschaftliche Begleitung kooperieren Forscherinnen und Forscher der Universität Witten-Herdecke, des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) mit Elke Fein und Anne Caspari vom IFIS-Institut.
 
Es gibt sicher leichtere Themen als die Beschäftigung mit kollektiven Traumata. Das Mindeste, was wir durch die Aufdeckung und Arbeit an unseren Traumata gewinnen ist: Mehr Bewusstsein über die eigenen Denk-, Gefühls- und Reaktionsmuster und damit ein ganzheitlicheres Verständnis von uns selbst und der Gesellschaft.
 
Mehr zum Projekt: Gespräch am 11. April 2022 von 20:00 Uhr bis 21:30 Uhr und bei Interesse Workshop vom 28. April bis 1. Mai 2022: https://pocketproject.org
 
Roman Huber ist geschäftsführender Vorstand von Mehr Demokratie e.V. – einer bundesweit tätigen Organisation, die sich für direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung, mehr Transparenz sowie die Verbesserung des Wahlrechts auf allen politischen Ebenen und die Demokratisierung der Europäischen Union einsetzt.

Unter "Der aktuelle Kommentar" stellen wir die Meinung engagierter Zeitgenossen vor und möchten damit unserer Rolle als forum zur gewaltfreien Begegnung unterschiedlicher Meinungen gerecht werden. Die Kommentare spiegeln deshalb nicht zwingend die Meinung der Redaktion wider, sondern laden ein zur Diskussion, Meinungsbildung und persönlichem Engagement. Wenn auch Sie einen Kommentar einbringen oder erwidern wollen, schreiben Sie an Alrun Vogt: a.vogt@forum-csr.net

Gesellschaft | Politik, 02.04.2022

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Der Wert der Böden

forum 03/2025

  • Zukunftsfähig essen
  • Klima-Transitionsplan
  • Wasser in der Krise
  • Omnibus
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
13
JUL
2025
Klima.Dult im Luitpoldpark München
Markt der guten Ideen. Zum Anschauen, Ausprobieren und Mitgestalten.
80796 München
10
SEP
2025
AckerFestival 2025
FairPlay: Jetzt Zukunft mitgestalten!
12103 Berlin
23
SEP
2025
Nachhaltigkeitscongress 2025
The sustainable economy transformation festival
45309 Essen (Oktogon, UNESCO-Welterbe Zollverein)
Alle Veranstaltungen...

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Geld & Investment

Investitionen ermöglichen Zukunft
Christoph Quarch analysiert die aktuellen Debatten im Bundestag aus philosophischer Sicht
B.A.U.M. Insights
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht.

Jetzt auf forum:

Pirelli: Erster Serienreifen mit mehr als 70 % bio-basierten und recycelten Materialien

Revolutionäre Refurbishment-Initiative im Projektgeschäft

Spartipp: So günstig düngen Sie mit Kompostwürmern

Gewerbewechselrichter von KOSTAL

Wirtschaftsfaktor KRIEG – sind wir noch zu retten?

Investitionen ermöglichen Zukunft

Die Matratze als Blaupause

Ziele, die bewegen

  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Engagement Global gGmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • circulee GmbH
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • NOW Partners Foundation
  • Kärnten Standortmarketing
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • toom Baumarkt GmbH